200. Wagner-Jubiläum: Zahlreiche Aufführungen in Russland

Anlässlich des 200. Geburtstags von Richard Wagner werden diverse Opern, Konzerte und Ausstellungen das kulturelle Leben Russlands bereichern. Foto: Wikipedia.org

Anlässlich des 200. Geburtstags von Richard Wagner werden diverse Opern, Konzerte und Ausstellungen das kulturelle Leben Russlands bereichern. Foto: Wikipedia.org

Richard Wagner gilt in der Musikgeschichte als Reformer der Opernkunst, als Begründer des Musikdramas. In diesem Jahr wäre er 200 Jahre alt geworden. Veranstaltungen zu diesem großen Jubiläum gibt es nicht nur in Deutschland, sondern auch in Russland.

In Russland feierte die Musikszene dieses bedeutsame Ereignis mit einer Reihe von neuen Operninszenierungen Wagners. Im Oktober wurde auf der neuen Bühne des Bolschoi-Theaters eine der besten Inszenierungen des letzten Jahrzehnts wieder aufgeführt: die Oper „Der fliegende Holländer", inszeniert durch den bekannten deutschen Regisseur Peter Konwitschny.

Das Mariinski-Theater gibt zum Wagner-Jahr eine Einspielung zweier Opern der Tetralogie „Der Ring des Nibelungen" heraus – „Das Rheingold" und „Die Walküre" – unter Mitwirkung führender Wagner-Solisten des Opernensembles der Mariinka und der Gaststars Nina Stemme, Jonas Kaufmann und René Pape.

Im Vorfeld des Jubiläums entschieden sich viele Regisseure für Werke, die schon lange nicht mehr auf russischen Bühnen aufgeführt wurden. So bekam etwa Moskau nach eineinhalb Jahrhunderten zum ersten Mal seine „Tristan und Isolde"-Aufführung. Sie ist während des Festivals zum 200-jährigen Geburtstag von Wagner und Verdi in der „Neuen Oper" zu sehen. Außerdem wurde in Moskau zum ersten Mal seit fast 100 Jahren die Oper „Der Tannhäuser" im Stanislawski-und-Nemirow-Dantschenko-Musiktheater aufgeführt. Auch kam man nicht um neue Sichtweisen auf Wagners Opern herum. Die Moskauer „Helikon-Oper" würdigte den 200. Geburtstag Wagners mit einer Premiere unter dem Namen „www.nibelungopera.ru", bei der Teile aus allen Opern des Komponisten zu hören waren.

Die deutsche Botschaft in Moskau, die Gesellschaft „Russland-Deutschland" und das Zentrale Haus des Schauspielers richteten anlässlich des Jubiläums ein Festival aus: Am 24. Oktober wurde im Festsaal der Botschaft eine musikalische Aufführung gezeigt, bei der Lieder nach Gedichten von Mathilde Wesendonck und andere Teile aus Richard Wagners Werken zu hören waren. Im Rahmen des Festivals wurde auch eine Ausstellung von Künstlern der Gegenwart aus Russland und Deutschland mit dem Titel „Das Genie Wagners zur Jahrtausendwende" gezeigt, die nach der Präsentation in der Botschaft in andere russische und deutsche Städte geht.

 

Wagners Russlandreise 1863

Viele Feierlichkeiten stehen in Zusammenhang mit dem besonderen Verhältnis zu Wagner in Russland. 1841 hörte man zum ersten Mal von Wagner, als in Sankt Petersburg seine Arbeit „Über die Ouvertüre" publiziert wurde. Anfänglich interessierte sich die russische Intelligenz für ihn als Kunsttheoretiker und Philosophen, erst später wurde er als Musiker wahrgenommen.

Der russische Komponist und Kritiker Alexander Nikolajewitsch Serow hörte seine erste Wagner-Oper, den „Tannhäuser", 1858 in Dresden. Die Musik

Richard Wagners hinterließ einen nachhaltigen Eindruck bei Serow und er wurde zu Wagners Bewunderer, zum Verfechter seiner Werke und schließlich zum Freund.

Nach der ersten persönlichen Begegnung mit Wagner im Jahr 1859 bemüht sich Serow um einen Besuch des Komponisten in Russland. 1863 nimmt Wagner die Einladung an, Sankt Petersburg zu besuchen und dort für ein Honorar von 2 000 Silberrubeln drei Konzerte für die Philharmonische Gesellschaft zu dirigieren.

Wagners Eindrücke von der Reise nach Russland waren vielfältig. Er schreibt über seine Empfindungen: „Sehr erschreckte es mich, bei immer weiterer Annäherung an Petersburg, den Zug plötzlich angehalten und von Gendarmerie untersucht zu sehen. Es galt, wie man mir sagte, einigen der Teilnahme an dem in Ausbruch begriffenen neuesten polnischen Aufstande Verdächtigen. Nicht weit von der Hauptstadt selbst füllten sich aber die leeren Sitze des Waggons mit mehreren Leuten, deren hohe russische Pelzmützen mir umso mehr Verdacht erregten, als ich auf das Aufmerksamste von den Trägern derselben fixiert wurde. Plötzlich aber verklärte sich das Gesicht des einen, welcher sich ganz begeistert mir zuwandte und mich als denjenigen begrüßte, dem er mit mehreren andern Musikern des kaiserlichen Orchesters zur Einholung entgegengefahren sei."

Insgesamt verbrachte Wagner zwei Monate in Russland und gab neun Konzerte. In Russland erklangen zum ersten Mal Auszüge aus der „Walküre": „Siegmunds Frühlingslied", „Ritt der Walküren" und „Wotans Abschied und Feuerzauber".

„Und nie glaube ich von einem Publikum so enthusiastisch aufgenommen worden zu sein, als es hier der Fall war, da sogleich der erste Empfang durch seine stürmische Andauer mich, was sonst so leicht nicht der Fall war, außer Fassung brachte", bekannte Wagner.

 

Wagners berühmte Zeitgenossen

Pjotr Iljitsch Tschaikowski, Zeitgenosse Wagners, hatte keine eindeutige Haltung gegenüber seinen Werken. Er respektierte ihn als großen Komponisten, aber manche seiner innovativen Einfälle waren ihm fremd. Im Jahr 1876 fanden die ersten Bayreuther Festspiele statt, bei denen Tschaikowski in seiner Eigenschaft als Korrespondent der Moskauer Zeitung „Russkie Wedomosti" vor Ort war. Tschaikowski hielt die Festspiele für ein bedeutsames Ereignis. Über die weitere Entwicklung und das Interesse an der Musik Wagners in Russland schrieb Pjotr Iljitsch: „Wagners Musik ist nicht gerade unbekannt in Russland. 1863 gab Wagner in den beiden Hauptstädten Russlands eine Reihe von Konzerten, die eine neue Ära begründeten. Seine Opern aber haben die kaiserlichen und privaten Theater schon lange in ihrem Repertoire."

Zu Wagners Freunden zählten viele herausragende Persönlichkeiten. Paul

von Joukowsky war die Nummer eins unter den russischen Künstlern, die zu verschiedenen Zeiten Wagneropern inszenierten. Außerdem war er Bühnenbildner bei der ersten Inszenierung von „Parsifal" (1882). Obwohl der Komponist ziemlich reizbaren Charakters war und sich über einige Arbeiten von Joukowsky sehr unzufrieden zeigte, konnten Wagner und er ihre freundschaftliche Beziehung nach Abschluss der Arbeiten an der Opernaufführung aufrechterhalten. „Freund, jetzt sind wir mit Ihnen durch Feuer und Wasser gegangen, jetzt kann uns nur der Tod noch trennen", sagte Wagner einmal zu Joukowsky.

Wagner ist eine herausragende Figur im musikalischen Leben Russlands. Und so wollen wir zu seinem 200-jährigen Jubiläum an die einprägsamen Worte Tschaikowskis über das deutsche Genie erinnern: „Wie wir auch immer zu Wagners Musik stehen – wir können ihre Kraft nicht leugnen, ihre kolossale Bedeutung und ihren Einfluss auf die ganze moderne musikalische Kunst."

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