Die Welt trägt Mode à la russe

Die großen Modedesigner entwerfen ihre Kollektionen derzeit nach russischem Vorbild. Der prächtig-elegante Modestil aus Russland liegt voll im Trend – und das nicht zum ersten Mal.

Julia Roberts im roten Kleid von Dolce & Gabbana. Foto: AP

Auf dem Internationalen Filmfestival in Toronto, das im September stattfand, erwartete alle Kritiker und Modeexperten eine Überraschung. Die Schauspielerin Julia Roberts, über die bekannt ist, dass sie Hosenanzüge und die Farbe Schwarz liebt, erschien auf der Premiere des Films „Im August in Osage County" in einem roten Kleid von Dolce & Gabbana. Der Schnitt des Kleides, die Rüschen und die Frisur der Schauspielerin mit einem durchgehenden Scheitel machten aus der Hollywood-Diva eine echte russische Schönheit.

Es ist bemerkenswert, dass die Weltstars in den vergangenen Jahren ein großes Interesse am Stil „à la russe" zeigen. „À la russe", das sind Frauensilhouetten mit weiten Röcken – häufig bodenlang –, Mützen im Kosakenstil wie in „Doktor Schiwago" und Kopftücher, Blumenmuster, Rüschen und Stickereien. Aber auch russische Volksmotive werden verwendet: Schultertücher aus Pawlow-Possad, große Tücher, meist aus Wolle, mit einem grellen Blumenmuster und einem gesäumten Rand, und Kunstbemalung aus Chochloma, eine Art von Bemalung in Form von Pflanzen in strengen schwarz-rot-goldenen Farbtönen.

Gaga „à la russe"

Im letzten Jahr versetzte Lady Gaga alle ins Staunen, als sie in der Öffentlichkeit in Kleidern aus der Kollektion der russischen Modedesignerin Uljana Sergeenko erschien. Sergeenko gilt im Westen bereits als Guru des russischen Stils.

Lady Gaga in einem Anzug aus der Kollektion „Ulyana Sergeenko Fall-Winter 12/13". Foto: Getty Images / Fotobank

Uljana Sergeenko ist mit ihrer Modemarke seit einiger Zeit ständig bei den Modewochen in New York, Paris, Mailand und Moskau sowie bei anderen wichtigen Events der Modewelt zu sehen. Vielleicht hat sich dank dieser in Erinnerung bleibenden Frau in üppigen Röcken, Tüchern und High Heels ein konkreter und wirklich tragbarer russischer Stil herausgebildet.

Die Haute Couture Show von Uljana Sergeenko in Paris am 3. Juli 2012. Foto: Getty Images / Fotobank

Interesse in Wellen

Das Interesse an der russischen Kultur und dem russischen Kleidungsstil unterliegt im Westen zyklischen Schwankungen. Aber es verschwindet niemals für längere Zeit. Jeder neue Anstieg des Interesses an Russland war mit großen Umwälzungen im Land verbunden, ob das nun der Erbfolgewechsel, ein Krieg, die Revolution oder die Perestroika sein mochten.

Im 18. Jahrhundert beschäftigte der russische Reformzar Peter I. die Gedanken der Europäer. Nach der Eroberung von Paris im Jahr 1814 waren es die Kosaken und Husaren der russischen Armee. Später, Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts, schaute man auf die Maskenbälle der russischen Adligen, an denen sogar die Zarenfamilie teilnahm.

Die Kollektion Herbst-Winter 2013-2014 von Uljana Sergeenko. Paris, 2013. Foto: Photoshot / Vostock-Photo

Erneut erstarkte das europäische Interesse an Russland 1909, direkt nach der Djagilew-Saison in Frankreich. „Boris Godunow", „Die Frühlingsweihe", „Der Feuervogel" und andere Vorstellungen wurden von den besten Künstlern des Avantgarde-Kunstverbands „Mir Iskusstwa" dekoriert: Bakst, Biblin, Benoix und Roerich. Und sie hatten grandiosen Erfolg.

Zwei Jahre später, 1911, führte der berühmte französische Modemacher Paul Poiret nach seiner Russlandreise ukrainische Stickereien und Kosakenstiefel für Frauen in die französische Modewelt ein. Und nach der Revolution begann mit der Flut an Auswanderern aus dem ehemaligen Russischen Kaiserreich nach Frankreich, Deutschland, Großbritannien, in die USA und in andere Ländern ein allumfassendes Interesse an allem, was russisch war.

Im Gewand der modebewussten Frau in Europa haben sich der „Bojarenkragen", ein slawisches Ornament, der „nördliche Kranz", Schals mit Quasten und viele andere Elemente des traditionellen russischen Stils fest eingebürgert.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts belebte Yves Saint Laurent das Interesse am russischen Stil. Er schuf die prächtige und ungewöhnliche „Russian Collection", in der Fellmützen, Stiefel, mehrschichtige Röcke und bestickte Blusen zu finden waren.

Doch ein echter Boom des russischen Stils begann Mitte der 2000er, als die Kollektionen von Roberto Cavalli, „Paris-Moskau" von Lagerfeld für Chanel, die „Russische Linie" von Marras für Kenzo und die Kollektionen von John Galliano, Valentino und Dolce & Gabanna herausgebracht wurden.

Die Dolce & Gabbana Fashion Show in Mailand am 26. Februar 2012. Foto:  Photoshot / Vostock-Photo

Die Fülle von Pflanzenornamenten und verschiedensten „Großmuttertüchern", Handstickereien und Spitze, Fellkrägen und Kosakenmützen, üppigen Röcken und hohen Krägen, massiven und verschlungenen Colliers und Ohrgehängen – sie alle wurden zur Visitenkarte des russischen Stils.

Die Dolce & Gabbana Modenschau der Kollektion Herbst-Winter 2013-2014.  Foto: Getty Images / Fotobank

Der Stil „à la russe" ist unglaublich feminin und attraktiv in seiner erhabenen Eleganz. Das ist besonders vor dem Hintergrund des Minimalismus und der Männlichkeit zu spüren, die in den letzten Jahren die Modewelt beherrschten. Doch eine Frau will zu allen Zeiten Frau sein – und das bedeutet, dass die Russen immer modisch sein werden.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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