Die Schallplatten von der Firma "Melodija" kannte jeder in Sowjetunion. Foto: ITAR-TASS
Das Urheberrecht geschickt genutzt
Das Urheberrecht wurde im Jahr 1925 in die sowjetische Gesetzgebung aufgenommen und die entsprechenden Normen festgelegt. Fast fünfzig Jahre später, 1973, trat die UdSSR sogar dem Welturheberrechtsabkommen bei, allerdings nur teilweise.
Das ermöglichte damals der Plattenfirma Melodija. Dank ihr konnte man freier mit importierten Musiktiteln verfahren und weltweit einzigartige Sampler von westlichen Rock- und Popstars wie den Beatles zusammenzustellen. Allerdings wurden die Bandnamen entweder überhaupt nicht erwähnt oder verfälscht.
Im Jahr 1987 startete Melodija die Reihe „Archiv der Rockmusik“, die später in „Archiv der Populärmusik“ umbenannt wurde. Das war eine
Sammlung von Liedern anglo-amerikanischer Pop- und Rockinterpreten von 1950 bis 1970. Darunter waren Aufnahmen von Elton John, The Doors, The Rolling Stones, Stevie Wonder, Elvis Presley und anderen Weltstars. Die Lizenzrechte für die Songs hatte Melodija zwar nicht erworben, doch da die UdSSR dem Welturheberrechtsabkommen nicht vollumfänglich beigetreten war, stand der Veröffentlichung in Russland und auch weltweit nichts im Wege. Melodija musste den Copyright-Inhabern nicht einmal ein Honorar für die Verwendung von vor 1973 im Ausland veröffentlichten Aufnahmen zahlen.
Exportschlager Klassische Musik
Melodija war sehr aktiv beim Export von Aufnahmen sowjetischer Musiker, vor allem im Bereich der klassischen Musik. Bis zum Jahr 1970 gab es Geschäftsbeziehungen mit mehr als 60 Ländern. Anfänglich wurden die Interessen der Firma auf dem internationalen Musikmarkt durch den Verband Meschdunarodnaja Kniga (dt. Das internationale Buch) vertreten. In der Bundesrepublik Deutschland wurde der Verkauf von Tonträgern mit klassischer Musik ab 1965 von der deutschen Firma Ariola Eurodisc übernommen. Im Jahr darauf gründete die amerikanische Plattenfirma Capitol zusammen mit Melodija das Label Melodija-Angel. Die Zusammenarbeit war äußerst erfolgreich. Innerhalb von vier Jahren
wurden in den USA 300 Millionen Schallplatten mit Aufnahmen klassischer Musik, gespielt von russischen Künstlern, verkauft. Die Tonträger errangen sogar den Status einer goldenen Schallplatte.
Melodija war wiederholt Preisträger im Bereich der klassischen Musik bei den angesehenen, unabhängigen „International Classical Music Awards“ ICMA. Im vergangenen Jahr gewann das Label den Preis für die beste historische Aufnahme, die CD-Produktion „Les Ballets Russes Igor Stravinsky“. Auch zum diesjährigen 50. Firmenjubiläum gibt es einige Auszeichnungen.
Paul McCartney exklusiv für die UdSSR
Paul McCartney nahm im Jahr 1988 bei Melodija das Album „Back in the USSR“ auf. Die Platte wurde exklusiv in der UdSSR veröffentlicht. Das führte zu einem enorm Hype um das Album bei den Fans.
McCartney selbst behauptete, dass er die in der Sowjetunion herrschenden Regeln der Musikindustrie auf den Kopf stellen wollte. Musikbegeisterte Sowjetbürger hatten keine legale Möglichkeit ausländische Lieblingsmusik zu kaufen und waren gezwungen, Raubkopien zu machen.
Das Album enthält eine Sammlung von Liedern aus den 1950er Jahren, die McCartney in seiner Jugend geliebt hat. Er spielte unter anderem Hits von Duke Ellington, Little Richard oder Eddie Cochran ein. Das Album „Back in the USSR“ brach sofort Rekorde. Es hatte mit mehr als 500 000 Exemplaren die höchste Auflage von allen Neuerscheinungen ausländischer Interpreten in der Sowjetunion. Es wurde zur teuersten Platte weltweit. Sammler waren bereit, dafür bis zu 200 Dollar zu bezahlen, damals eine hohe Summe. Das Album wurde zum größten Exportschlager von Melodija.
Die Fans im Westen mussten sich noch bis zum Ende der UdSSR gedulden. Erst 1991 wurde das Album offiziell weltweit veröffentlicht.
Die Goldene Schallplatte – eine besondere Auszeichnung
Im Jahr 1981 rief Melodija die „Goldene Schallplatte“ ins Leben, eine jährlich verliehene Auszeichnung. Sie entspricht in etwa dem Grammy-Award, der in den USA von der amerikanischen Recording Academy vergeben wird. Der größte Unterschied liegt in den Auswahlprinzipien. Bei
der Goldenen Schallplatte spielt der kommerzielle Erfolg eine kleinere Rolle.
Erstmals wurde die Auszeichnung dem Moskauer Leninmuseum für die Reihe „Leniniana in Tonaufzeichnungen“ verliehen. Die Goldene Schallplatte erhielten unter anderem der Pianist Swjatoslaw Richter, der Dirigent Gennadi Roschdestwenski und die Truppe des Bolschoi-Theaters. Und für „Back in the USSR“ erhielt auch Paul McCartney die Ehrung. Er ist bis heute der einzige ausländische Preisträger.
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