Vorsicht, Steuergeld! Die größten Fettnäpfchen russischer Beamter

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In Europa kann es schon mal passieren, dass ein Flughafen noch vor der Eröffnung das Dreifache der ursprünglichen Investitionssumme kostet. Mit solchen Größenordnungen kann Russland zwar in der Regel nicht mithalten, einige Kuriositäten leistet sich die öffentliche Hand zwischen Sankt Petersburg und Wladiwostok aber schon. Wir stellen einige davon vor.

Mehr als 75 000 Euro wollte der russische Ölkonzern Rosneft ausgeben, um einen seiner Hubschrauber aufzumöbeln: Wodkagläser für 170 Euro das Stück und Wolldecken für 1 900 Euro waren da gerade gut genug. Das Ambiente muss schließlich stimmen, wenn der Konzernchef mit seinen Partnern zum nächsten Milliardendeal fliegt.

Eine solche Ausschreibung hatte die russische Ölfirma, die sich mehrheitlich in staatlichem Besitz befindet, für sein Tochterunternehmen RN Aerocraft vor wenigen Tagen veröffentlicht. Für den russischen Oppositionspolitiker Alexej Nawalny, Chef einer privaten Stiftung, die sich gegen Korruption engagiert, war die Ausschreibung ein gefundenes Fressen: „Sie haben sie nicht mehr alle mit ihrem Luxus“, wetterte er gegen die Unternehmensspitze. Das Existenzminimum in Russland betrage derzeit gerade mal 150 Euro im Monat, betonte er.

„Essen auf Papptellern zu servieren, wenn man gerade einen milliardenschweren Deal abschließt, ist nicht wirklich angebracht“, entgegnete der Rosneft-Sprecher Michail Leontjew im Interview mit dem Radiosender „KommersantFM“. Bei der Ausschreibung gehe es um das Unternehmensimage. Herr Nawalny esse sicher auch nicht mit den Händen und wische sich den Mund nicht mit dem Ärmel ab, bemerkte Leontjew scharfzüngig.

Am nächsten Tag zog das Unternehmen die Ausschreibung dennoch zurück. Der Lieferant habe keinen Preisnachlass für die Luxusartikel geben wollen, so die offizielle Begründung. Unternehmenssprecher Leontjew lud den Oppositionellen Nawalny zudem ein, ein günstigeres Angebot abzugeben.

Ein Feuerwerk an Kuriositäten

Wie dem auch sei: Die Ausschreibung Rosnefts ist sicherlich eine Kleinigkeit im Vergleich zu dem, was man auf jener Website findet, auf der der russische Staat seine Ausschreibungen veröffentlicht. Manche der Staatsaufträge sorgen für Empörung, andere sind schlicht originell.

Ein neues Klo für 23 000 Euro

„Der Besucher einer amtlichen Toilette muss jederzeit ein Gefühl von Stil empfinden.“ So kommentierte ein Nachrichtenportal aus dem sibirischen Krasnojarsk eine Ausschreibung der Stadtverwaltung. Eine Toilette im neoklassischen Stil wollte der Bürgermeister dieser Stadt, Edcham Akbulatow, in seinem Büro einbauen lassen. Kostenpunkt: 23 000 Euro – eine Zumutung für die Steuerzahler der Stadt. Nach Protesten verzichtete Akbulatow auf die Anschaffung des edlen Klosetts schließlich.

Trommelspieler aus Burundi

Was tut man nicht alles für die Kinder? Die Regierung der Insel Sachalin wollte den begabten Nachwuchs der Region jedenfalls mit einem außergewöhnlichen Neujahrsfest erfreuen. Dafür sollten fünf Trommelspieler aus dem afrikanischen Land Burundi zu den Feierlichkeiten eingeflogen werden. Dies hätte inklusive Übernachtung mehr als 5 000 Euro gekostet. Der damalige Gouverneur der Insel, Alexander Choroschawin, konnte dem exotischen Vorschlag nichts abgewinnen und beschloss, die öffentlichen Gelder für andere Zwecke zu verwenden. Die Ausschreibung wurde zurückgenommen. Diese Geste des schonenden Umgangs mit Steuergeldern bewahrte den Regierungsbeamten jedoch nicht vor Schlimmerem: 2015 wurde er wegen Bestechlichkeit, eine Summe von fünf Millionen Euro steht im Raum, verhaftet.

USB-Sticks aus Schmuckstein

Datensicherheit ist für Behörden eine wichtige Sache und mitunter auch ein Budgetfresser. Die Regierung der Oblast Swerdlowsk beschloss im März 2015, beim Schutz ihrer Daten keine Kosten zu scheuen: 40 USB-Sticks mit mindesten acht Gigabyte Speicherkapazität und einem Gehäuse aus Malachit sollten her. Der grüne Schmuckstein ist eine Besonderheit des Urals. 40 Schreibsets aus Jaspis sollten die Bestellung für rund 3 800 Euro abrunden.

Edle Dinner in Sibirien

 „Wer sich schon den weiten Weg nach Nowosibirsk macht, soll auch etwas dafür bekommen“, dachten sich wohl die Stadtväter der sibirischen Metropole, als sie im Frühjahr 2015 eine Ausschreibung für das Catering bei offiziellen Empfängen der Stadtverwaltung im Wert von mehr 50 000 Euro veröffentlichten. Auf dem Menü: Lammmedaillons, Vol-au-vents mit Lachskaviar, mindestens 18-jähriger Whisky und Orangenbaiser. Die Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ aus Moskau scherzte, die meisten Menschen in Nowosibirsk hätten wohl erstmals in der Ausschreibung von diesen Gerichten gehört. Der Vorgang fiel dem russischen Antikorruptionsnetzwerk „Za tschestnye zakupki“ (zu Deutsch: „Pro fairem Einkauf“) ins Auge. Eine Woche später zog der Gouverneur, Wladimir Gorodezkij, die Ausschreibung zurück und kürzte sich selbst und seinen Mitarbeitern die Bezüge.

Schaf, Affe und ein Hahn

Auch im buddhistischen Burjatien ist das Neujahrsfest etwas ganz Besonderes. Im Jahr 2015 wollte die Stadtregierung von Ulan-Ude, der Hauptstadt der Region, ein blaues Schaf auf einer Hausfassade abbilden lassen. Das Tier war im chinesischen Kalender das Symbol des Jahres 2016. Knapp 10 000 Euro hätte die Geste gekostet. Bei den Bürgern der Stadt kam die Idee nicht besonders gut an: Das Geld hätte gereicht, um eine ganze Straße mit adäquater Beleuchtung auszustatten. Die Stadtverwaltung beherzigte die Kritik. Der rote Affe für 2016 kostete nur die Hälfte. Aber auch das war für die Medien immer noch eine „Vergeudung öffentlicher Gelder“, wie lokale Zeitungen schrieben. Diesmal jedoch prallte die Kritik an den Beamten ab: Pünktlich zu Beginn des Jahres 2017 schmückte ein Feuerhahn die Hauptstadt Burjatiens für das gleiche Geld. Neujahr feiert man schließlich nur einmal im Jahr.

Nach Anti-Korruptions-Protesten: Wie reagiert Russlands Elite?

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