Ein altes russisches Lied geht auf TikTok viral und ist bei Spotify in den Top-Charts

Russia Beyond (Photo: Artjom Geodakjan/TASS, Westend61/Getty Images, Mateusz Slodkowski/SOPA Images/LightRocket via Getty Images)
Der Song „Moj Marmeladnyj“ von Katja Lelj, der 20 Jahre alt ist, hat unerwartet Taylor Swift und Kanye West in den Charts überholt. Wir sagen Ihnen, worum es in diesem Lied mit den seltsamen Klängen und Worten geht und wer Katja Lelj ist.

In Russland ist Katja Lelj eine fast vergessene Sängerin eines One-Hit-Wonders. Und dieses Lied ist Moj Marmeladnyj. Es wurde vor fast 20 Jahren veröffentlicht und zum Hit seiner Zeit, die Sängerin selbst war einer der Popstars der Nullerjahre. Doch danach war von Popularität der Sängerin nichts mehr übrig und ihr einziger Hit nur noch auf Retro-Partys zu hören.

Doch plötzlich geschah das Unerwartete. Anfang November ging Moj Marmeladnyj im ausländischen Segment von TikTok viral und schuf einen neuen Trend: Zu diesem Track versuchen die Nutzer, ein Bild des so genannten Slavic Girl (das größtenteils aus einer Pelzmütze, einem Pelzmantel und rotem Lippenstift besteht) anzulegen und mitzusingen, ohne die Bedeutung der Worte wirklich zu verstehen.

Zu dem Lied wurden bereits mehrere hunderttausend Videos gedreht, von denen einige Millionen Aufrufe verzeichneten. Deshalb war der Song im Dezember unter den Top 3 der meistgespielten viralen Hits auf Spotify und übertraf damit Taylor Swifts Is It Over Now? und Mitskis My Love Mine All Mine.

Die neu gewonnene Popularität kam für die Sängerin sehr überraschend, und sie betrachtete dies als einen Sieg für „unser ganzes Land“. Sie bemerkte dazu: „Ich gratuliere meinem Liebling und Genie Max Fadejew, dem Autor dieses coolen Songs, und unserem ganzen Land zu diesem Sieg!“

Und worum geht es in diesem Lied?

Versuche mua-mua, versuche dschaga-dschaga, versuche uh-uh – ich brauche das, ich brauche das. Mir scheint, mir ist schon wieder schwindlig. Mein Marmaladen-Junge, ich liege wohl falsch, heißt es im Ohrwurm-Refrain.

Die Bedeutung dieser Zeilen und des gesamten Liedes war selbst für das russischsprachige Publikum immer sehr nebulös. Und wenn man bei mua-mua denken könnte, dass es ums Küssen geht, was ist dann dschaga-dschaga?

Viele nahmen an, dass es sich um einen Euphemismus für Geschlechtsverkehr handelt, aber die Sängerin hat einmal alles richtig gestellt: „Jeder denkt, was er will: Sex oder ein Kick. Für mich bedeutet es nur: He, was geht ab? Alles ist cool!. Das ist Liebe, das ist Zärtlichkeit, das ist Lebensfreude. Was auch immer du willst, das Beste – das ist dschaga-dschaga.“

Um den Sinn des ganzen Liedes kurz zu beschreiben: Die Heldin, eine selbstbewusste Frau, die von sich und ihrer Schönheit überzeugt ist, hat sich noch nicht entschieden, ob sie die Annäherungsversuche ihres Verehrers annehmen und auf die nächste Stufe gehen soll, oder ob sie weiterhin auf Distanz bleiben und sich zwischendurch recht toxisch verhalten soll.

Der wichtigste Song ihrer Karriere

Der Titel Moj Marmeladnyj wurde 2003 veröffentlicht und wurde zum wichtigsten Song nicht nur des Albums Dschaga-Dschaga (2004), sondern der gesamten Karriere der Sängerin.

Katja Lelj (Geburtsname Jekaterina Tschuprinina) trat Mitte der 1990er Jahre auf die Bühne, nachdem sie eine musikalische Hochschulausbildung erhalten und von Naltschik nach Moskau gezogen. Sie war Backround-Sängerin bei Lew Leschtschenko, einem ausgesprochenem Volkskünstler, bis der Geschäftsmann Alexander Wolkow auf sie aufmerksam wurde. Sie begannen sich zu verabreden und Katja startete eine Solokarriere.

Zunächst sang sie, wie der Musikjournalist Oleg Karmunin es beschreibt, „reinherzige, aber sehr einfache, unmodische und altbackene Songs für die nicht sehr anspruchsvollen Massen – über die Liebe und die Schwere des Abschieds“. Doch als sie erkannte, dass ihre Karriere einen Neustart benötigte, engagierte sie einen der besten Produzenten und Songschreiber der damaligen Zeit, Max Fadejew. Seine Aufgabe im Rahmen des Krisenmanagements war es, ein Hit-Album zu veröffentlichen und das Image von Katja Lelj zu verändern, sie „zu verjüngen“.

So entstanden der Titel Moj Marmeladnyj und das Video zum Lied, für das Lelj ihr Gewicht von 53 auf 46 Kilogramm reduzieren musste. Die an ein Make-up mit Smokey-Eyes und hellen Lippenstift gewöhnte Sängerin wurde vor dem Dreh des Videos „gewaschen“ und als Haar-Styling lediglich Schnee verwendet.

Und es hat funktioniert. Diese Katja Lel, die in dem Lied einen leichten ausländischen Akzent parodierte und in dem Video einfach auf dem Sofa saß und sang, stürmte die nationalen Charts. Im Jahr 2003 wurde das Lied auf jedem Radiokanal gespielt und Katja Lelj wurde für eine Weile zum Sexsymbol.

Bald gab es auch eine englische Version des Songs: Die Sängerin sang ihn in der Humorshow Ostoroschno, modern.

Der Produzent hoffte auf einen internationalen Erfolg, ähnlich wie bei der damals boomenden Gruppe t.A.T.u., aber es kam nicht dazu. Der englischsprachige Titel blieb unbemerkt.

Katja Lelj 2022.

Mehr greifbare Erfolge in der Karriere des Sängers gab es nicht. Nach dem „Re-launching“ der Sängerin beschäftigte Max Fadejew sich mit anderen Projekten und Lelj setzte ihre Solo-Karriere ohne seine aktive Beteiligung fort. Insgesamt veröffentlichte sie zehn Alben mit einem vielfältigen Repertoire – von Pop-Chansons zu Tracks für die Rave-Disco. Der Durchbruch in die oberste Riege der Popstars gelang ihr jedoch nicht. In der zweiten Hälfte der 2000er Jahre begann ihre kreative Tätigkeit nachzulassen und bis zu diesem Jahr erinnerte Katja Lelj nur noch durch Geschichten über Außerirdische an sich selbst (sie glaubt, dass Aliens die Erde mehrmals vor einem Atomkrieg gerettet und ihre Zähne gestohlen haben).

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