Syrien: Russland gegen Machtwechsel auf Druck von außen

Bild: Niyaz Karim

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Die blutigen Auseinandersetzungen zwischen dem Assad-Regime und seinen Gegnern dauern nun schon zwei Jahre an. Es wird immer offensichtlicher, dass der Westen und Russland gemeinsam an einer Lösung dieses Konflikts arbeiten müssen.

Nachdem es kurze Zeit etwas stiller um das Thema Syrien geworden war, füllt es nun erneut die Titelseiten. Anlass ist nicht etwa eine Veränderung der Lage, denn es herrscht nach wie vor ein militärpolitisches Patt. Es ist wohl eher der bevorstehende zweite Jahrestag der Auseinandersetzungen der das Interesse wieder anhebt. Mit Spannung werden die Stellungnahmen der am Konflikt Beteiligten aus diesem Anlass erwartet. Schon längst ist es nicht mehr möglich die gesamte Verantwortung für das andauernde Blutvergießen alleine auf Baschar al-Assad abzuwälzen.

„Manchmal ist es legitim, dass wir nicht einfach aus der Hüfte schießen“, erklärte US-Präsident Barack Obama vor kurzem und nahm damit eine vorsichtige Position ein. In einem Interview mit der US-amerikanischen Zeitung New Republic stellte er die rhetorische Frage, ob eine militärische Intervention nicht nur zu noch mehr Gewalt im Land oder sogar zum Einsatz chemischer Waffen führen würde.

In einem anderen Interview mit dem Fernsehsender CBS äußerte er sinngemäß, dass die USA mit ihrem Handeln sicher gehen wollten, dass ein Eingreifen nicht nur die Sicherheit in den USA fördere, sondern auch richtig sei aus der Sicht des syrischen Volkes und seiner Nachbarländer wie Israel, das davon stark betroffen sein würden. Aus den Worten Obamas lässt sich schließen, dass eine direkte Intervention der USA in den Konflikt nicht auf der Tagesordnung steht.

Aus Sicht der USA ist die Lage in Syrien nicht deswegen kritisch, weil sich die USA nicht von einer direkten Unterstützung der bewaffneten Opposition, die immer öfter mit Al-Quaida assoziiert wird, lossagen. Vielmehr ist die amerikanische Administration der Auffassung, dass der Hauptgrund für die angespannte Lage Russlands offene Unterstützung von Damaskus, genauer gesagt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad persönlich, sei.

An Russland stellen die USA konkrete Forderungen. So erklärte die Sprecherin des US-Außenministeriums Victoria Nuland Ende Januar, dass es eine Reihe von Schritten gäbe, die Russland unternehmen könnte. So könnte es die Versorgung des Assad-Regimes mit Waffen, vor allem Kampfhubschraubern,  einstellen. Außerdem könnte es Assads Konten in russischen Banken sperren lassen. Darüber hinaus, so die Sprecherin, könnte Russland den politischen Übergang in Syrien aktiv unterstützen und gemeinsam mit den USA an der Frage arbeiten, „wer der nächste Präsident Syriens sein werde, wer die Einheit des Landes wahren und das Land auf den Weg zur Demokratie bringen könne.“

Boris Dolgow, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Orientalistik der Russischen Akademie der Wissenschaften, hält die Forderungen der USA an Russland für höchstens teilweise gerechtfertigt. Er ist der Meinung, dass es nicht legitim sei, von einem Bürgerkrieg in Syrien zu sprechen. Die Regierungstruppen richteten sich nämlich nicht gegen die bewaffnete Bevölkerung, sondern gegen schlecht ausgebildete Rebellen, die vom Ausland aus finanziert und ausgerüstet würden. Wie sonst, so Dolgow, hätten sie es schaffen können, zwei Jahre gegen die reguläre syrische Armee zu kämpfen?

In diesem Kontext ist es schwierig, Baschar al-Assad zu widersprechen, der gegenüber der libanesischen Zeitung Al-Akhbar erklärte, dass eine Schließung der syrischen Grenzen für Waffen und Schmuggelware das Problem in nur zwei Wochen lösen könne, da dann die Geld- und Waffenquellen versiegen würden.

Moskau hat mehrmals betont, dass Assad im Grunde genommen keiner seiner Lieblinge sei. „Wir haben dieses Regime nie befürwortet und haben es auch nie gestützt“, so erklärte der russische Außenminister Lawrow erst kürzlich wieder. Alle russischen Aktivitäten seien vielmehr darauf gerichtet, das Genfer Abkommen für einen politischen Übergang in Syrien zu unterstützen. Dies zeuge davon, dass Russland die Lage stabilisieren und Bedingungen in Syrien schaffen wolle, die es dem Volk ermöglichten, selbst über das Schicksal seines Präsidenten und über sein eigenes  zu bestimmen. Das sei die russische Position und nicht die „Unterstützung der einen oder anderen Figur in dieser Tragödie“.

Der Kern der Meinungsverschiedenheiten zwischen Moskau und Washington liegt darin, dass Russland, wie auch China, gegen einen Machtwechsel ist, der durch Druck von außen, egal ob militärischen, politischen oder wirtschaftlichen, herbeigeführt wird. Im Gegensatz dazu wollen sich die USA allem Anschein nach mit Moskau einigen, wer der nächste syrische Präsident sein solle und Assad gemeinsam aus dem Weg räumen.

In einem Interview mit dem Fernsehsender CNN am 27. Januar in Davos bekräftigte der russische Premierminister Dmitri Medwedew, dass die Zukunft Syriens im Dialog besprochen werden müsse und dass es keine unüberwindbaren Widersprüche gäbe. Gleichzeitig wiederholte Medwedew jedoch, dass über Assads Schicksal das syrische Volk entscheiden müsse und nicht Russland, nicht die Vereinten Staaten, und auch nicht irgendein drittes Land.

Henry Kissinger, der Urvater der US-Außenpolitik, widerspricht Medwedew nicht. Er unterstreicht, dass die USA und Russland gemeinsam an einer Lösung des Konflikts arbeiten müssten. Denn sollte der Rest der Welt in dieser Sache miteinander konkurrieren, dann werde die Lage nur noch schlimmer.

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