G8-Treffen: Putin und Obama suchen positive Agenda

Bild: Sergej Jolkin

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Am Rande des G8-Treffens in Nordirland trafen sich der russische Präsident Wladimir Putin und der US-Präsident Barack Obama zu einem bilateralen Gespräch. Beide wollen mittels besserer Kommunikation ihre Beziehungen verbessern.

Russland beabsichtigt nicht, seine Haltung in der Syrienfrage zu ändern. Das wurde nach dem Treffen Wladimir Putins mit dem US-Präsidenten Barak Obama „am Rande" des Gipfeltreffens der G8 in Nordirland offensichtlich. Es existieren – unter anderem – unüberwindbare Meinungsverschiedenheiten in der Frage des amerikanischen Antiraketenschilds in Europa. Und trotzdem versuchen die Führer der beiden Länder eine „positive Agenda" für das bilaterale Gipfeltreffen, das vom 3. bis 4. September in Moskau stattfinden soll, zu finden.

Wie der Pressedienst des Kremls mitteilte, war „eines der Hauptthemen der Gespräche in Nordirland die Syrienfrage". Zum Thema Syrien äußerte sich Putin nach dem Gespräch mit dem US-amerikanischen Präsidenten: „In einigen Punkten stimmen unsere Positionen noch nicht überein, aber uns eint das Streben nach einer Beendigung der Gewalt, nach einer Beendigung der Zunahme der Opfer in Syrien, nach einer Lösung des Problems mit friedlichen Mitteln, darunter mithilfe der Gespräche in Genf". Diese Haltung bekräftigte auch Obama: „Was die Syrienfrage betrifft, so gibt es einige Unterschiede in den Ansichten."

Es kann jedoch nicht unbemerkt bleiben, dass bereits am Vorabend des G8-Gipfels Moskau verärgert erklärt hatte, dass es die Beweise für einen Einsatz von chemischen Waffen durch syrische Regierungstruppen für nicht fundiert erachte und die entsprechenden Erklärungen der USA lediglich als Anlass für eine offizielle militärische Unterstützung der Gegner Assads betrachte. Die Waffenlieferungen an die Aufständischen selbst haben laut Putin „schwerlich etwas mit den humanitären Werten zu tun, die bereits seit Jahrhunderten in Europa gepredigt werden".

Es ist klar, dass Putin auch weiterhin bereit ist, gegen die gewaltfördernde Einmischung in den innersyrischen Konflikt vorzugehen, auch angesichts der sich festigenden Haltung der restlichen G8-Mitglieder mit den USA an

der Spitze. Und obwohl der ganze Streit sich eigentlich am Rücktritt des syrischen Präsidenten Bashar Assad festmacht, gründet Moskau sein Handeln unnachgiebig auf die prinzipielle Ablehnung von Regimewechseln mithilfe eines direkten oder indirekten militärischen Einwirkens von außen – so wie es in Jugoslawien, in Libyen und im Irak der Fall waren, wie anrüchig deren Führer auch gewirkt haben mögen.

Urteilt man nach der Erklärung der Staatsführer Russlands und der USA, haben diese sich auch in der Frage der strategischen Stabilität keinen Millimeter weiter bewegt. „Wir müssen wirklich versuchen, die Spannungen abzubauen, um die Arbeit, die wir mit der Unterzeichnung des START-Abkommens begonnen haben, fortzusetzen", erklärte Obama den Journalisten nach dem Treffen und spielte darauf an, dass die Gespräche zur atomaren Abrüstung doch fortgesetzt werden sollten.

Moskau jedoch hatte bereits im Mai darauf hingewiesen, dass weitere Gespräche zu diesem Thema ohne eine Verknüpfung mit dem Problem des

Antiraketenschilds in Europa, der Russland zutiefst beunruhigt, undenkbar seien. Ja, und überhaupt sei der Kreml nur zu Abrüstungsgesprächen bereit, wenn sie im multilateralen Rahmen und im Kontext mit der allgemeinen Kräftebalance bei konventionellen, taktischen und strategischen Waffen erfolgten. Zu so einer Wende seiner Idee einer Welt ohne Atomwaffen ist Obama offenbar noch nicht bereit.

Gleichzeitig aber war das Treffen der beiden Präsidenten zweifelsohne ein Schritt nach vorn, denkt man an ihr letztes Gespräch im mexikanischen Los Cabos am Rande des G20-Gipfels im vergangenen Jahr zurück. Schaut man sich die gemeinsame Erklärung von damals an, hatte Moskau das Konzept der „Peresagruska", des Neustarts der bilateralen Beziehungen, wie ihm seinerzeit Obama vorgeschlagen hatte, anscheinend bereits aufgegeben. Ein System immer wieder neu zu starten sei völlig unnormal und ein Anzeichen einer Störung – so allegorisch erklärte der russische Außenminister Sergej Lawrow die Situation.

Aber da die Hardware – die Präsidenten Russlands und der USA – die gleiche geblieben ist, muss logischerweise eine neue Software, sprich eine neue Agenda, entwickelt werden.

In der im Ergebnis des aktuellen Treffens verfassten „Gemeinsamen Erklärung" heißt es, dass Russland und die USA „ein Einvernehmen zu einer positiven Agenda in den Beziehungen unserer Länder erzielt" haben. Das bedeutet im Einzelnen: regelmäßige Kontakte zwischen dem Regierungschef Russlands und dem Vizepräsidenten der USA im Bereich der Handels- und Investitionserweiterung sowie die Aufnahme des Dialogs in der Form „Zwei plus zwei" zwischen den Außen- und Verteidigungsministern zur Erörterung der strategischen Stabilität. Aber eigentlich existieren diese Formate bereits in den bilateralen Beziehungen. Doch die Zusammenarbeit bei der Gefahr von Cyberangriffen zum Beispiel ist ein Novum.

Die USA und Russland haben die Einrichtung eines Kommunikationskanals zwischen den Arbeitsgruppen zur Koordination und Ergreifung von Maßnahmen im Zusammenhang mit sicherheitsrelevanten Vorfällen in der Informationstechnologie, den Zentren für Verringerung der nuklearen Gefahr und Beamten der höchsten Entscheidungsebene vereinbart. Dies ist

ein längst fälliger Schritt zur Schaffung einer Art Verhaltenskodexes im Computerbereich auf zwischenstaatlicher Ebene. Der Bedarf an einem solchen Kodex wurde deutlich, nachdem die USA offiziell eingeräumt haben, dass sie militärische Computerprogramme entwickelt und im Nahen Osten, unter anderem gegen den Iran, eingesetzt haben. Eine wachsende Übereinstimmung konnte schließlich vor dem Hintergrund der Anschläge in Boston und Machatschkala im Kampf gegen den internationalen Terrorismus erzielt werden.

Aber dies sind alles lediglich Stichpunkte für die neue Agenda. Detailliert können die beiden Staatsführer sich während des offiziellen Besuchs des US-Präsidenten am 3. und 4. September in Moskau über die Tagesordnung unterhalten. Die Gespräche werden am Vorabend des G20-Gipfeltreffens in Sankt Petersburg stattfinden. Dort wird Putin übrigens mit seiner Haltung zur Syrien-Frage nicht so isoliert dastehen wie beim jüngsten Gipfeltreffen der Gruppe der Acht in Nordirland.

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