Holpriger Start für die Eurasische Wirtschaftsunion

Der Präsident von Belarus Alexander Lukaschenko (links), der Präsident von Kasachstan Nursultan Nasarbajew (in der Mitte) und der russische Präsident Wladimir Putin (rechts) während des Treffens in Astana.

Der Präsident von Belarus Alexander Lukaschenko (links), der Präsident von Kasachstan Nursultan Nasarbajew (in der Mitte) und der russische Präsident Wladimir Putin (rechts) während des Treffens in Astana.

Konstantin Zawrajin
Die Gründung der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) erschien uns als Vereinigung europäischer Firmen von Anfang an als vorteilhafte Idee. Die Erfahrungen der Europäischen Uni-on zeigen, wie sinnvoll ein solcher Schritt für die Stimulierung der Wirtschaft der Länder ist.

Die EAWU hilft ihren Mitgliedsländern, Zertifizierung, Zollregeln, Hygiene- und Phytosanitärnormen zu vereinheitlichen, und vereinfacht den Zugang zu den Arbeitsmärkten. Die Einführung einheitlicher Zollgesetze und technischer Regulierungsvorschriften macht die Arbeit europäischer Firmen grundsätzlich leichter. Bei der Markterschließung von Belarus oder Kasachstan wissen die Firmen, dass auch dort die für die gesamte EAWU gültige Gesetzgebung verbindlich ist. 

Dennoch gibt es für europäische Firmen bestimmte Risiken. Entstehen seitens der europäischen Länder aus irgendeinem Grund Handelsprobleme mit einem der EAWU-Staaten, wirken sich diese Probleme automatisch auf die anderen Unionsmitglieder aus. 

Seit der Unterzeichnung des Gründungsvertrags ist erst ein Jahr vergangen, sodass es verfrüht wäre, die Auswirkungen dieses wirtschaftlichen Zusammenschlusses auf die Arbeit der europäischen Firmen in Russland zu beurteilen. Die Hauptvorteile der EAWU sind die Bildung der Freihandelszone und die Schaffung einer gemeinsamen Kommunikationsplattform. Doch es hat sich klar gezeigt, dass die Erwartungen einer sehr dynamischen Entwicklung der EAWU sich nicht bewahrheitet haben. Die Union muss die Interessen verschiedener Länder und Branchen berücksichtigen, weshalb eine schnelle Einigung oft praktisch unmöglich ist. So musste wegen der unterschiedlichenRegistrierungsverfahren medizinischer Produkte die Verabschiedung entsprechender technischer Regelungen bis zur Harmonisierung dieser Verfahren durch die Mitgliedsländer der Zollunion aufgeschoben werden. Und auch das einheitliche Zollgesetzbuch, das ab dem 1. Januar 2016 in Kraft treten sollte, wurde verschoben. 

Jüngst wies selbst Wladimir Goschin, Minister für die Zollkoope-
ration der Eurasischen Wirtschaftskommission (EAWK), darauf hin, dass die Zusammenarbeit nach Gründung der EAWU keine grundsätzlichen Veränderungen hervorgebracht habe. Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Länder nicht bereit sind, alle ihre Märkte sofort zu öffnen, und die Verhandlungen über die Öffnung bestimmter Sektoren sich als sehr zähflüssig erweisen. So ist beim Lkw-Güterverkehr noch im-mer keine freie Warenbewegung möglich, wie Goschin bemerkte. Ein Spediteur aus Belarus oder einem anderen Unionsland braucht eine Genehmigung des russischen Verkehrsministeriums, wenn er etwa Waren aus Deutschland in Moskau abladen will. Da die Erarbeitung und Verabschiedung der technischen Regelungen beschleunigt erfolgen, wirkt sich dies manchmal auch auf ihre Qualität aus. Experten des AEB-Zollkomitees sind als Mitglieder der Arbeitsgruppe an der Erarbeitung des EAWU-Zollgesetzbuchs beteiligt. Uns kommt es darauf an, dass die von unseren Mitgliedsfirmen gesammelten Erfahrungen in der EU berücksichtigt werden und ihre Meinung von der Eurasischen Kommission einbezogen wird. 

Unser Verband beteiligt sich auch bei den Diskussionen über Regelungen für die Pharmaindustrie sowie zur Verbesserung der technischen Bestimmungen für Kraftfahrzeuge und Reifen. 

Gegenwärtig wird in der EAWU die Idee der Legalisierung von 
Parallelimporten geprüft, wobei die Waren einer bestimmten Firma nicht nur von den Vertragshändlern, sondern auch von beliebigen Interessenten importiert werden dürfen. Unser Verband tritt gegen eine solche Legalisierung sowohl in Russland als auch im gesam-ten EAWU-Gebiet ein – das Verbot der Parallelimporte hat die Ansiedlung ausländischer Fir-
men im Bereich der Produktion 
begünstigt.

Die Schaffung der Freihandelszone hat selbstverständlich dazu beigetragen, die Investitionsaussichten der EAWU zu verbessern, und hat dem Geschäft europäischer Firmen zusätzliche Vorteile gebracht. Im EAWU-Vertrag sind rechtliche Garantien für Investoren anderer Staaten festgelegt. 
Wir hoffen, dass die Zusammenarbeit von AEB und EAWK dazu beiträgt, die von mir genannten Probleme zu lösen. Einer erfolgreichen Zusammenarbeit von EAWU und EU, einem einheitlichen Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok, gehört jedenfalls die Zukunft. 
(Übersetzt aus dem Russischen.)

Der Autor ist Generaldirektor der Association of European Businesses (AEB) in der Russischen Föderation.

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