Außenpolitik der USA unter Trump: Russlands neuer bester Freund?

Iorsh
Wie wird die Außenpolitik des 45. US-Präsidenten Donald Trump aussehen? Diese Frage stellt sich die ganze Welt. Russland und seinen Präsidenten Wladimir Putin dürfte aber vor allem die Frage bewegen, wie sich die Russland-Politik der Vereinigten Staaten nun verändern wird.

Wäre Hillary Clinton Präsidentin geworden, wären die Beziehungen zwischen Russland und den USA zur Stagnation verdammt – mindestens. Im schlimmsten Fall wäre es zu einer weiteren Regression, wenn nicht gar zu einer gefährlichen Eskalation gekommen. Nach Donald Trumps Wahl zum Präsidenten besteht die Aussicht, dass es keine Zuspitzung geben wird.

Extrovertierter Trump vs. introvertierter Putin

Eigentlich sieht der extrovertierte Trump aus wie eine Antithese zum introvertierten und verschlossenen Wladimir Putin. Doch der ehemalige KGB-Agent hat es mit einem offenen und aufrichtigen Menschen leichter als mit Hillary Clinton. Nicht nur in den USA sondern auch in Moskau halten sie viele für – vorsichtig formuliert – unehrlich und hinterhältig. Zudem wird die US-Demokratin in Moskau verdächtigt, als US-Außenministerin die Proteste in der russischen Hauptstadt im Jahr 2011 initiiert und finanziert zu haben. Nach den mehr als spitzen Bemerkungen, die sie im Zuge des Wahlkampfs an Russland und an Putin persönlich gerichtet hatte, nach den Behauptungen, der Kreml habe die US-Wahlen „untergraben“ und seine „Marionette Trump“ im Weißen Haus installieren wollen, war ohnehin unklar, ob die beiden Staatschefs ruhig und gelassen miteinander hätten umgehen können. Bei Trump gibt es derartige „Vorbelastungen“ nicht – die Beziehung zum neuen US-Präsidenten kann bei null beginnen.

Und irgendwie erinnert Trump an den einstigen „wichtigsten europäischen Freund Moskaus“: Silvio Berlusconi. Andererseits ist der US-Republikaner ein impulsiver und diplomatisch unerfahrener Mann. Nicht ausgeschlossen, dass er irgendetwas daherquatscht und damit auch Putin vor den Kopf stößt. Nun hängen die russisch-amerikanischen Beziehungen immer noch stark an den persönlichen Beziehungen der Präsidenten beider Länder, was rasch zu einer Verschlechterung der Situation führen könnte. Liebe kann ja bekanntlich schnell in Hass umschlagen.

Zwar hat Putin als einer der ersten Staatschefs Trump zum Wahlsieg gratuliert. Doch war er auch der erste, der George W. Bush nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 anrief, um den Opfern Beileid und den USA Solidarität im Kampf gegen den Terrorismus auszusprechen. Danach aber folgte Putins berühmte Münchner Rede, voller Enttäuschung über die Beziehungen zum Westen und insbesondere den USA. Es bleibt also abzuwarten, wohin Trumps Vision von „Make America great again“ führen wird. Sollte sich seine Neigung zum Neoisolationismus und zur Reduzierung globaler Einmischung verfestigen, könnte dies positive Auswirkungen auf die Beziehungen zu Moskau haben.

Gegenseitige Zugeständnisse bei Nato, Ukraine und Syrien

Bleibt Trump seinen, wenn auch nicht immer eindeutigen, Aussagen treu, Amerika solle sich nicht in der Ukraine einmischen und sich auch nicht für das weitere Schicksal der Halbinsel Krim interessieren, könnte dies einen guten Boden für einen Neustart der Beziehungen bilden. Ebenfalls entscheidend ist, ob die USA den Druck auf Europa zurückschrauben, die Sanktionen gegen Russland nicht abzuschwächen. Die Sanktionen der USA selbst könnte Trump dabei nicht ohne weiteres lockern oder abschaffen, selbst wenn er es wollte. Ihm würde sich eine republikanische Mehrheit in den Weg stellen, die dem Präsidenten trotz dessen Parteizugehörigkeit nicht hörig ist – von den Demokraten in den beiden Kammern des Senats ganz zu schweigen.

Im Gegenzug für die geringere Unterstützung Kiews wäre Moskau zu Zugeständnissen in Syrien bereit, sofern Trump Syrien überhaupt noch als vorrangiges Ziel auf seinem außenpolitischen Radar hat. Auch seine früheren Aussagen über die Übertragung militärischer und finanzieller Verantwortung innerhalb des Nato-Bündnisses auf die europäischen Partner müssen Moskau gefallen. Doch selbst Trump wird auf die Stationierung des für Moskau sehr besorgniserregenden Raketenabwehrschirms nicht verzichten – dies passt durchaus zu seiner neoisolationistischen Rhetorik. Und die Pläne des neugewählten Präsidenten zur Reaktivierung der Ölförderung in Alaska könnten sich nachteilig auf die russische Wirtschaft auswirken: Die Weltpreise für Öl – Russlands wichtigste Exporteinnahmequelle – würden weiter fallen.

So bleibt Trump in vielerlei Hinsicht eine unbekannte Größe und gibt dennoch Anlass zur Hoffnung für einen Neustart der Beziehungen zwischen Russland und den USA. Auf der internationalen Bühne wird Trumps Amerika jedenfalls eine ganz andere Figur machen als die Vereinigten Staaten seiner Vorgänger Obama und Bush.

Der Autor ist Politologe und Mitglied des Rats für Außen- und Verteidigungspolitik.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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