Trump verrät geheime Informationen: Nicht nur Russland profitiert

Alexey Iorsh
Am Montag kritisierten viele US-amerikanischen Medien den US-Präsidenten Donald Trump harsch. Man wirft ihm die Weitergabe von geheimen Informationen im Kampf gegen den IS an den russischen Außenminister Sergej Lawrow vor. Seine Kritiker geben jedoch zu, dass der US-Präsident damit keine Gesetze der USA verletzt habe.

Die „Washington Post“ berichtete als erste Zeitung von der Weitergabe geheimer Informationen durch den US-Präsidenten Donald Trump an Russland. Unter Berufung auf ungenannte Quellen aus Kreisen ehemaliger und aktueller Beamter ließ man verlauten, dass der Präsident im Rahmen eines Treffens mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow Informationen über den Kampf gegen den IS enthüllt habe. Diese sollen Angaben zum Vorgehen von US-Geheimdiensten und ihren Verbündeten beinhaltet haben.

Selbst Verbündete Trumps verurteilen das Vorgehen und deuten auf die damit verbundenen Risiken hin. Doch auch seine größten Kritiker können nicht behaupten, dass sein Verhalten rechtswidrig gewesen sei. Der US-amerikanische Präsident besitze die Macht, jegliche Informationen freizugeben und über deren weitere Nutzung zu entscheiden.

Das Treffen zwischen Lawrow und Trump fand bereits am Mittwoch vergangener Woche statt, einen Tag nach der Entlassung des FBI-Direktors James Comey, dessen Behörde unter anderem für die Wahrung von Staatsgeheimnissen verantwortlich ist. Informationen über geplante Angriffe von IS-Terroristen auf zivile Flugzeuge wurden Trump aber wohl eher von der NSA oder der CIA zugetragen. Darüber hätten Trump und Lawrow im Rahmen des Treffens gesprochen, bestätigte der nationale Sicherheitsberater Herbert McMaster. Laut McMaster habe man aber weder spezifische Strategien noch konkrete Quellen behandelt.

Für wen werden Geheimdienstinformationen gesammelt?

Russlands Außenminister Sergej Lawrow, der amerikanische Präsident Donald Trump und Russlands Botschafter in den USA Sergej Kisljak (v.l.n.r.) während ihres Treffens im Oval Office des Weißen Hauses. Quelle:Alexander Shcherbak/TASSRusslands Außenminister Sergej Lawrow, der amerikanische Präsident Donald Trump und Russlands Botschafter in den USA Sergej Kisljak (v.l.n.r.) während ihres Treffens im Oval Office des Weißen Hauses. Quelle:Alexander Shcherbak/TASS

Wem werden Geheimdiensterkenntnisse mitgeteilt? Natürlich zunächst den führenden Personen eines Staates. Jeden Morgen landen Briefings mit geheimen Information auf den Tischen von Staatsoberhäuptern auf der ganzen Welt. Sie lesen diese wie gewöhnliche Nachrichten. Bei Anschlägen, sich verschärfenden Konflikten oder der Gefahr eines militärischen Angriffs bekommen sie separate Memoranden. In den meisten Ländern berichten die Chefs der Geheimdienste persönlich. Was die Methoden zur Gewinnung der Informationen und deren Quellen betrifft, so werden Staatsoberhäupter eher selten informiert. Sie benötigen Wissen über die Strategien der Informationsbeschaffung meist nicht.

Zudem werden Staatsoberhäupter über die wichtigsten militärischen Einsätze des eigenen Landes informiert. Im Zweiten Weltkrieg knackten die Briten die deutsche Chiffriermaschine Enigma und erlangten so Zugriff auf eine Vielzahl von Informationen über die Pläne Nazi-Deutschlands. Der britische Premierminister Winston Churchill übernahm daraufhin die Verantwortung für die Nutzung solcher Informationen. Er weigerte sich, die deutschen Luftangriffe auf britische Städte abzufangen, da er nicht riskieren wollte, dass der Feind von der Entschlüsselung seines Systems erfahren könnte.

Im Vergleich zu Churchill ging das sowjetische Staatsoberhaupt Nikita Chrustschow äußerst leichtsinnig mit geheimen Informationen um. In einem Bericht über seine Entlassung vom Oktober 1964 wurde erwähnt, dass er mehrmals geheime Informationen über die sowjetischen Rüstungspläne und das Raumfahrtprogramm an Ausländer verraten hatte. Ein solches Verhalten ist für die politische Führung von Großmächten eine Seltenheit.

Gutes Zeichen für Russland

Die russische Führung soll bislang keine geheimen Informationen veröffentlicht haben. Russische Medien ziehen es vor, Informationen über Gipfeltreffen aus offiziellen Quellen zu erhalten. Lawrow ist für Trump deshalb ein zuverlässiger Partner für den Informationsaustausch im Kampf gegen den Terrorismus.

Seit dem Angriff auf den Luftwaffenstützpunkt Hmeimim fand kein weiterer Austausch der Geheimdienste über Handlungen des IS statt. Es ist jedoch offensichtlich, dass Trump Russlands Unterstützung benötigt, um im Nahen Osten erfolgreich zu sein. In seiner Rolle als Präsident ist er der einzige Mensch, der in der Lage ist, Moskau auf legalem Wege geheime Informationen über den IS zukommen zu lassen. Das macht er persönlich. Es ist gut möglich, dass Lawrow selbst Informationen mitbrachte, die für den Kampf gegen radikale Islamisten in Syrien genutzt werden könnten. Trump erhielt für seine offenen Worte sicherlich etwas im Gegenzug.

Nach der Entlassung des FBI-Direktors James Comey stieg die Zahl der Gegner Trumps. Die Kampagne gegen ihn, die am Montag begann, könnte sich nun für kurze Zeit negativ auf seine Beliebtheitswerte auswirken. In diesem Fall ist es jedoch wichtiger, dass der US-Präsident seine Bereitschaft demonstrierte, Informationen mit Russland auszutauschen. Dies kann zu großen Fortschritten im Kampf gegen den IS führen und somit letztendlich zu einer steigenden Beliebtheit des 45. US-Präsidenten.

Artjom Kurejew ist Experte am Moskauer Thinktank Helsinki+, das sich dem Schutz der Interessen von Russen in den baltischen Ländern verschrieben hat. Kurejew ist Absolvent des Instituts für Internationale Beziehungen der Staatlichen Universität Sankt Petersburg.

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