Die furchterregende Symmetrie der Stalin-Architektur

"Die sowjetische Architektur ist großartig und beeindruckend, dennoch sehen wir heute, dass dieser Ruhm ein Märchen war, dass die architektonischen Schöpfungen der Epoche nicht mehr als eine Dekoration waren für eine Glücksvision, welche nie Wirklichkeit werden sollte. Dies ist beinahe eine Sage von der Unerreichbarkeit des Glücks”, schließt der Fotograf.

"Die sowjetische Architektur ist großartig und beeindruckend, dennoch sehen wir heute, dass dieser Ruhm ein Märchen war, dass die architektonischen Schöpfungen der Epoche nicht mehr als eine Dekoration waren für eine Glücksvision, welche nie Wirklichkeit werden sollte. Dies ist beinahe eine Sage von der Unerreichbarkeit des Glücks”, schließt der Fotograf.

Mikhail Rozanov, Courtesy of the Museum of Moscow
Der russische Fotograf Michail Rosanow zeigt in seinen Bildern die geradezu schrecklich genau Perfektion der Architektur der Stalin-Epoche.
Mithilfe seiner Arbeiten gibt der zeitgenössische russische Fotograf Michail Rosanow das Gesamtbild der sowjetischen Architektur Stück für Stück wieder. Sein Auge fixiert sich vor allem auf den symmetrischen Kompositionen der Musterbauten der Stalin-Architektur: dem Gebäude des Außenministeriums, dem Gebäudekomplex der Militärakademie Michail Frunse, vor allem aber dem Architekturensemble des Altrussischen Ausstellungszentrum (WDNCh).
Die Sowjetarchitektur ist nicht nur ein Denkmal der vergangenen Epoche, sondern auch die Formverkörperung der Gesellschaftsvisionen der einstigen Kremlherrscher.
Das Stalin-Empire hat sich in den Jahren der Herrschaft des Kremlchefs (1933-1953) als Stil entwickelt. Manche Kunstwissenschaftler betrachten es heute als eine Gattung von Art déco.
Der Neue Architekturstil fand seinen Ursprung in Napoleons Empire, dem bestimmenden Baustils Frankreichs zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Das bonapartistische Frankreich wiederum ließ sich von der römischen Bautradition beeinflussen – so entstanden große und kleine Städte im ganzen Land.
Türme, Spitzen, Fontänen, Arabesken, griechische Säulen und Statuen bilden die architektonische Umrahmung der Hauptstraße Moskaus.
Der “Generalplan zur Stadterneuerung Moskaus” aus dem Jahr 1935 galt als eine der vielen Maßnahmen zum Umbau des Landes im Rahmen der ersten Fünfjahrpläne. Allerdings überschattete der Moskauer Generalplan von seiner Großartigkeit her alle anderen Vorhaben der Regierung. Laut diesem Plan sollte Moskau zur Musterstadt des ersten Arbeiter- und Bauernstaates der Welt werden.
1936 wurde die Erste Allunions-Ausstellung für Errungenschaften in der Bauernwirtschaft auf einem leeren Terrain nordöstlich von Moskau eröffnet. 1939 wurden bereits mehr als 250 Pavillons eröffnet und die Gesamtfläche vergrößerte sich auf 1,36 Quadratkilometer. Die unterschiedlichen Ausstellungspavillons verkörperten die unterschiedlichen Nationalrepubliken der UdSSR sowie die Regionen der RSFSR. Somit war ein Spaziergang über das Ausstellungsgelände eine Art kleine Tour durch die Vielfalt des riesigen Landes.
Die WDNCh-Ausstellung verkörpert die Idee der politisierten Kunst oder umgekehrt, die Idee der ästhetisierten Politik, welche stets ein wichtiger Bestandteil der sowjetischen Mythologie war.
Die verbleibenden Relikte des architektonischen Ensembles der Dreißigerjahre erinnern uns heute an den festen Glauben der damaligen Generation an eine ideale Zukunft. Heute steht dieses utopische Bild im krassen Gegensatz zu den Massenverhaftungen und zu den Säuberungen, welche unter Stalin vorgenommen wurden.
Das Museum von Moskau präsentiert seine neue Ausstellung „Die Reinheit der Seele“, welche der Architektur der Mitte des 20. Jahrhunderts gewidmet ist. Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf die gesamte Epoche: „Die Seele ist rein“ – jedoch unnahbar.
Die ideale Symmetrie der Bauten der damaligen Zeit wirkt umso erschreckender heutzutage, da bekannt ist, um den Preis von wie vielen Menschenleben diese Perfektion errungen wurde..
"Die sowjetische Architektur ist großartig und beeindruckend, dennoch sehen wir heute, dass dieser Ruhm ein Märchen war, dass die architektonischen Schöpfungen der Epoche nicht mehr als eine Dekoration waren für eine Glücksvision, welche nie Wirklichkeit werden sollte. Dies ist beinahe eine Sage von der Unerreichbarkeit des Glücks”, schließt der Fotograf.

Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland

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