Das, was in Moskau in der Nacht auf Dienstag passierte, nennt man im Volksmund „Die Nacht der langen Schaufel“. Rund 97 Pavillons nahe vieler Metrostationen ließ die Stadt abbauen – mit der Begründung, sie seien zuvor illegal errichtet worden.
Diese Entscheidung traf die Moskauer Regierung bereits im Dezember 2015. Laut ihrer Anordnung sollten Objekte, die auf öffentlichem Boden stehen oder auf Grundlage fehlerhafter oder falscher Genehmigungen erbaut wurden, bis zum 9. Januar freiwillig abgebaut werden.
Viele Kleinunternehmer waren sich der Probleme mit ihren Läden allerdings nicht bewusst. Da viele zudem glaubten, sich an damals geltenden Vorschriften gehalten zu haben, kam es zu Protesten.
Einige glaubten bis zum letzten Moment nicht daran, dass das Gerichtsurteil in Kraft treten und umgesetzt würde. Insbesondere eine Nacht-und-Nebel-Aktion wie jetzt durchgeführt erwarteten viele nicht. Einige verbarrikadierten sich in ihren Geschäften, wie zum Beispiel an der Station Kropotkinskaja nahe der Christ-Erlöser-Kathedrale. Aber die Einkaufspassagen wurden trotzdem geräumt und abgebaut.
Во время сноса, кстати, все вещи аккуратно выносят, которые остались внутри павильонов. pic.twitter.com/I61vpQ4KvD
— Тот самый Мартин (@martin_camera) 8 февраля 2016
Café-Besitzer hofften darauf, ihre Möbel in letzter Sekunde retten zu können. Döner- und Spirituosenläden verkauften bis zum letzten Moment Wein, Bier und Essen – mit einem Rabatt. Die Einkaufspassagen an einer Station der Roten Linie – Tschistye Prydy – wurden, so die Moskauer Regierung, mit Verstoß gegen die Stadtplanungsnormen gebaut und schadeten dem Stadtbild. So sieht der leere Boulevard nun von oben aus. Erkennen wird ihn so wohl kaum jemand!
Wegen der Abbauarbeiten stürzte das Dach und Gebälk einer Unterführung nahe der Metrostation Nowoslobodskaja ein. Sie befindet sich auf der Ringlinie der Moskauer U-Bahn.
Zeitgleich schlug die russische Kirche vor, anstelle der Pavillons und kleinen Läden Kirchen zu bauen, weil es ihnen an Platz fehle. Dies sagte Dimitri Smirnow, Vorsitzender der Kommission der russischen Orthodoxen Kirche für Familie, Mutterschaft und Kindheit, gegenüber Snob.ru. „Patriarch Alexej sagte einst: Je mehr Kirchen, desto weniger Haftanstalten. Ich halte das für einen sehr nüchternen Gedanken.“ Und Sie?
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
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