Ein Bär in Polizeiuniform passt rund um die Uhr auf ihr Zuhause auf. Das Plüschtier hat Gabriele Kötschau von einem ihrer Kollegen in Deutschland geschenkt bekommen, als sie nach 17 Jahren im Landtag von Schleswig-Holstein den Beruf wechseln wollte. Kötschau, die über das Wahlsystem der Sowjetunion promovierte, erwog damals Russland als möglichen Arbeitsort. Der Kollege war Polizist und scherzte: „Du gehst in den wilden Osten und brauchst jemanden, der dich beschützt.“
Zunächst ging Kötschau aber zum Ostseerat nach Stockholm. Erst fünf Jahre später, im September 2011, zog sie nach Sankt Petersburg, wo sie die Leitung der Vertretung der Handelskammer Hamburg übernahm. Der Bär kam mit. Heute vertritt sie dort die Interessen der deutschen Unternehmen in der nördlichen Region Russlands und hilft ihnen, die Zusammenarbeit mit russischen Partnern aufzubauen. Kötschau sagt, es gebe schon Unterschiede zwischen Deutschen und Russen, wie sie Geschäfte machen. „Die Russen sind Weltmeister im Improvisieren“, meint sie schmunzelnd. Die Deutschen hingegen planten alles bereits drei Monate im Voraus. Die Russen warteten lieber ab.
Nicht nur dieser kulturelle Unterschied stehe ausländischen Unternehmen im Weg, es gebe auch politische Hürden. „Russland zu verstehen ist nicht immer einfach“, gibt Kötschau zu. Als West-Berlinerin kennt sie die komplizierte Geschichte der deutsch-russischen Beziehungen sehr gut. „Die Mauer mag zwar gefallen sein, aber in den Köpfen der Menschen sind die Probleme noch immer nicht gelöst“, sagt sie. Das treffe auf heute genauso zu wie damals vor fast zehn Jahren, als sie nach Russland fahren wollte.
„Selbst wenn die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland gut waren, stand immer die Frage im Raum: Kann man den Russen wirklich trauen?“, erklärt Kötschau. Doch sie differenziert zwischen Menschen und politischer Konjunktur und zeigt sich auch mitten in der Krise in Sankt Petersburg verliebt.
Ihre Freizeit verbringt Kötschau am liebsten mit Kanalfahrten. „Die Stadt sieht vom Wasser immer anders aus“, sagt sie. Selbst der Schnee, der Regen und der Wind, über die sich andere Ausländer in Sankt Petersburg häufig beklagen, machen ihr nichts aus. Denn für sie bedeute Russland eben auch echter russischer Winter. „Und wenn es draußen grau ist, macht man Kerzen an“, sagt sie.
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