Russenversteher feiern 20. Jubiläum

Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender des Vorstandes des Deutsch-Russischen Forums. Foto: ITAR TASS

Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender des Vorstandes des Deutsch-Russischen Forums. Foto: ITAR TASS

Die öffentliche Schlagzeile suche man nicht. Es gehe vielmehr darum, ohne Sensationslust Gespräche zu führen und Denkanstöße zu geben. Als Lehrmeister Russlands habe es sich nie verstanden. Das Deutsch-Russische Forum feiert 20. Geburtstag.

„Wir wollten Kräfte zusammenführen, die Russlandkenntnisse haben, um diese all jenen Interessenten aus Kultur, Politik oder auch Wirtschaft zur Verfügung zu stellen, die den Weg nach Russland suchten“, beschreibt Dr. Ernst-Jörg von Studnitz, Vorsitzender des Vorstandes des Deutsch-Russischen Forums, anlässlich der Pressekonferenz zum 20. Gründungstag des Vereins dessen Ziele. Damals, am 5. Februar 1993, hätte sich ein kleiner Kreis von 63 Enthusiasten zusammengefunden, heute habe man immerhin 343 Mitglieder. Allerdings, um Größe sei es nie gegangen. Man sei eine Plattform für Leute, die etwas zu Russland zu sagen hätten, etwas vermitteln könnten.   

Vorbild für das Deutsch-Russische Forum sei, so der Vorsitzende, die Atlantikbrücke gewesen, ein Verein der seit 1952 zwischen den USA und der Bundesrepublik Deutschland Kontakte knüpft. Eines aber unterscheide den deutsch-amerikanischen Dialog vom deutsch-russischen. Zwischen den USA und Deutschland könne man von so etwas wie einem Grundvertrauen sprechen, dieses gäbe es gegenüber Russland in Deutschland nicht. Und so verstehe man sich als eine „Brigade von Bauarbeitern, die dieses wacklige Fundament mit kleinen Steinen auffüllt“.

„Mit unserem vielfältigen Ansatz von Wirtschaftskontakten über Städtepartnerschaften bis hin zu Vortragsveranstaltungen haben wir eine Formel gefunden, die bis heute überlebensfähig ist“, erklärt von Studnitz stolz. Seit seiner Gründung habe das Forum 1.300 junge Nachwuchskräfte aus Russland und Deutschland zusammengebracht, 10.000 deutsche Schüler an die russische Sprache herangeführt, 300 russischen Journalisten eine Hospitation in deutschen Redaktionen ermöglicht und zehn neue Städtepartnerschaften zwischen Deutschland und Russland initiiert. Das Kulturportal Russland.de würde regelmäßig Veranstaltungs- und Buchtipps veröffentlichen oder auch Hinweise zur Jobsuche geben. In seinem Jubiläumsjahr plane der Verein Veranstaltungen zu denen u.a. die Außenminister beider Länder Westerwelle und Lawrow erwartet würden.

„Auch wir Russen verstehen oft kaum, was bei uns passiert“, lobt Michail Schwydkoi, Sondervertreter des russischen Präsidenten für internationale und kulturelle Zusammenarbeit, die „Brückenbauerfunktion“ des Forums. Für diese Organisation arbeiteten sowohl von deutscher als auch von russischer Seite Menschen verschiedener Generationen, die davon überzeugt seien, dass eine friedliche Zukunft in vielerlei Hinsicht von den menschlichen Verbindungen zwischen den Bürgern beider Länder abhänge.

Nach den Worten des russischen Botschafters in Deutschland, Wladimir Grinin, ist das Deutsch-Russische Forum ein „wichtiger Impulsgeber, der sich auf hohem Niveau, mit Weitblick und Augenmaß für den bilateralen Austausch engagiert“. Es sei sehr wichtig, die Denkweise, die Beweggründe und die Seele des jeweils anderen zu verstehen und dazu leiste Verein einen wichtigen Beitrag.   

„Wir sprechen nicht nur davon, dass wir nicht als Oberlehrer auftreten wollen, wir setzen es auch praktisch um. Keine Gesellschaft wird sich ändern, weil jemand mit dem erhobenen Zeigefinger kommt und Änderungen anmahnt“, betont von Studnitz das Selbstverständnis seiner Organisation. Das Konzept des Vereins sei es, Änderungen indirekt durch Kommunikation zu beeinflussen. „Wir sagen nicht, wie die Russen etwas machen sollen, wir lassen sie sich selbst erläutern, und zwar auch Positionen, die uns nicht gefallen“. Durch die ständigen Kanäle des Dialogs werde eine Umgebung geschaffen, in der gesellschaftliche Prozesse angeschoben würden.

Und so nehme das Deutsch-Russische Forum durchaus in Anspruch, beim „zarten Erwachen“ der russischen Zivilgesellschaft im vergangenen Jahr eine gewichtige Rolle gespielt zu haben. Die junge Moskauer Mittelschicht, die auf die Straße ging und demonstrierte, sei schließlich genau jene Klientel, die das Deutsch-Russische Forum in den knapp 20 Jahren zuvor immer wieder mit Themen wie Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in Kontakt gebracht hätte. Gegenseitiges Befragen und Zuhören, so simpel sei das Geheimnis, erläutert von Studnitz.

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