Licht in der Wirtschaft, Schatten in der Politik

 Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin und Präsident des Europäischen Rates Herman van Rompuy  während des Russland-EU Gipfeltreffens in Brüssel. Foto: RIA Novosti

Präsident der Europäischen Kommission José Manuel Barroso, Präsident der Russischen Föderation Wladimir Putin und Präsident des Europäischen Rates Herman van Rompuy während des Russland-EU Gipfeltreffens in Brüssel. Foto: RIA Novosti

Von Russland HEUTE befragte Experten prognostizieren für 2013 für die politischen Beziehungen zwischen der EU und Russland eher eine Stagnation. Die wirtschaftlichen Beziehungen werden sich, trotz einiger Probleme, weiter entwickeln.

„Für die europäische Wirtschaft ist Russland nach wie vor ein attraktiver Markt. Wenn man die stagnierende Wirtschaft in der EU und den schwindenden Glauben an das unaufhaltsame Wachstum Chinas berücksichtigt, so ist Russland, trotz mancher Schwierigkeiten, äußerst

interessant für Investoren", so Fjodor Lukjanow, Vorsitzender des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik der Russischen Föderation, gegenüber Russland HEUTE. Russland ist ein stark wachsender Markt mit einer im Vergleich zu Europa sehr hohen Profitrate. Wuchs das Bruttoinlandsprodukt Deutschlands im Jahr 2012 um nur 0,7%, so verzeichnete das russische ein Wachstum von 3,5%. Gründe genug für europäische Unternehmen in Russland nicht nur Vertriebsniederlassungen aufzubauen, sondern die gesamte Produktion hierher zu verlegen.

Die deutsche Wirtschaft ist die stärkste in der EU, weshalb Deutschland auch nach wie vor der wichtigste Wirtschaftspartner Russlands ist. Der Warenumsatz zwischen den beiden Ländern stieg im Jahr 2012 auf das historische Rekordhoch von 78 Milliarden Euro. Für das Jahr 2013 erwartet das Handels- und Wirtschaftsbüro der Botschaft der Russischen Föderation in Berlin einen neuen Rekordumsatz.

Besonders eng sind die Beziehungen Russlands und Europas jedoch im Energiebereich. „Allein die Nordstream-Pipeline sorgt dafür, dass Russland ein wichtiger Partner in der Energieversorgung bleibt. Denn die hohen Kosten für den Bau der Leitung müssen nun erst einmal wieder eingespielt werden", meint Felix Hett, Referent für Russland bei der Friedrich Ebert Stiftung.

Dennoch ist auch in wirtschaftlicher Hinsicht zwischen Russland und der EU nicht alles so rosig, wie es scheint. So erwartet Fjodor Lukjanow, dass die russischen Energieexporte im Jahr 2013 auf einen immer größer werdenden Widerstand auf dem europäischen Markt stoßen werden.

„Die Veränderungen, die derzeit im Energiesektor stattfinden, sind nicht positiv für Russland. Die Förderung von Schiefergas, die Gazprom lange Zeit abgelehnt hatte, als auch die Umsetzung des Dritten Energiepaktes lösen eine immer größer werdende Sorge in Russland aus. Ausgerechnet in diesem Bereich demonstrieren die EU-Länder zudem auch noch eine ungewöhnlich harmonische und effektive Zusammenarbeit. „Im Kartellrecht und in Energiefragen arbeiten die EU-Kommission und die Mitgliedsländer hervorragend zusammen", beobachtet Lukjanow.

Der Export von Energieträgern hat einen Anteil von etwa 70% am gesamten russischen Export. Eine Schwächung der Position russischer Lieferanten in diesem Bereich in Europa könnte daher unangenehme Folgen für Russland haben.

In politischer Hinsicht sind, so die Experten, abgesehen von den für dieses Jahr bereits geplanten traditionellen EU-Russland-Gipfeln und dem G20-Gipfel in Sankt Petersburg, keine ernstzunehmenden Fortschritte zu erwarten. „Wir beobachten eine Formierung neuer russischer Werte. Und diese neuen russischen Werte stehen im Widerspruch zu den westlichen Werten. Früher deklarierte Russland immer: Mischt euch nicht in unsere Angelegenheiten ein. Wir wissen selbst, wie wir das europäische Modell bei uns umsetzen. Jetzt hat sich die Position Russlands verändert: Wir haben nicht das Ziel, so zu werden wie ihr. Euer Modell gefällt uns nicht", erläutert Lukjanow die veränderte Situation.

Das zunehmende Auseinanderdriften zwischen Russland und Europa beobachtet auch Professor Hans-Henning Schröder von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP). „In Europa ist man der Meinung, dass die Entwicklung, die man in Russland beobachten kann, nicht den Vorstellungen der Europäischen Union und des Europarates von Demokratie und Menschenrechten entspricht, sondern in die andere Richtung geht. Von EU-Seite gibt es erhebliche Bedenken und einen gewissen Druck, und das nimmt der russischen Seite das Interesse, ihrerseits die Verhandlungen voranzutreiben", analysiert Schröder.

Auch bezüglich der Abschaffung der Visapflicht zwischen Russland und der EU sei im Jahr 2013 kein Durchbruch zu erwarten. „Die Erfahrungen, die die EU mit einzelnen Ländern des Westbalkans gerade macht, dienen konservativen Innenpolitikern als abschreckendes Beispiel", so Felix Hett von der Friedrich Ebert Stiftung.

Für die deutsch-russischen Beziehungen wird eher eine Stagnation erwartet. Einer der Gründe hierfür wird in den Bundestagswahlen in Deutschland im September gesehen. „In den nächsten Monaten wird nichts passieren, in Deutschland wird sich alles um die Wahlen drehen. Danach wird die neue Regierung gebildet. Die ersten großen Signale erwarte ich für das Jahr 2014, wenn die neue Außenpolitik Gestalt angenommen hat", prognostiziert Hans-Henning Schröder von der SWP.

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