Kein neues Geld für Zypern

Präsident Wladimir Putin bezeichnete das Gesetzesprojekt zur Zwangsabgabe auf Sparguthaben als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich". Foto: Reuters

Präsident Wladimir Putin bezeichnete das Gesetzesprojekt zur Zwangsabgabe auf Sparguthaben als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich". Foto: Reuters

Die russische Regierung erwägt, die Laufzeit eines 2,5 Milliarden Euro-Kredites, der Zypern 2011 gewährt wurde, zu verlängern. Die Vergabe neuer Kredite wird zurückhaltend gesehen. Die geplante Zwangsabgabe auf Bankeinlagen war auf heftige Kritik gestoßen.

Die Reaktion der russischen Regierung auf das von Zypern ursprünglich geplante und Anfang der Woche im Parlament gescheiterte Gesetzesprojekt zur Zwangsabgabe auf Sparguthaben war äußerst heftig ausgefallen. Präsident Wladimir Putin bezeichnete es als „ungerecht, unprofessionell und gefährlich". Ministerpräsident Dmitri Medwedjew verglich den Vorgang mit einer Beschlagnahmung fremder Gelder.

Die russische Wirtschaft unterstützte die Position der Regierung. Der ehemalige Präsidentschaftskandidat und Geschäftsmann Michail

Prochorow befürchtete, dass die Einführung einer solchen Zwangsabgabe eine Kettenreaktion auslösen könne. Er sprach bereits von einem möglichen Abzug von Einlagen aus der gesamten Eurozone, dem Zusammenbruch des Bankensystems, einem finanziellen Kollaps, einem Stillstand der Industrie sowie Massenarbeitslosigkeit.

Auch die Banken lehnten die Zwangsabgabe ab. Artjom Konstandja, der Präsident der russischen „Promswjasbank", die über eine Niederlassung auf Zypern verfügt, erklärte, dass durch diese „Abgabe" Geld redlicher Marktteilnehmer beschlagnahmt würde. Die Einführung der Abgabe könne bittere Folgen für das zyprische Bankensystem und die Wirtschaft der Region haben, so Konstandja.

Der Chef der größten russischen Bank mit ausländischer Beteiligung, der „Unicreditbank", Michail Aleksejew, malte ein noch düsteres Bild. Er erklärte, dass er keinen wirtschaftlichen Sinn in der Entscheidung der Euro-Gruppe sehen könne. Auch ließe sich das Vertrauen der Anleger nie mehr zurückgewinnen. Seiner Meinung nach beträfe eine Zwangsabgabe auf Spareinlagen nicht nur die russischen Banken, die dem Inselstaat Kredite gewährt hätten. Auch die anderen Banken seines Landes könnten unter den Folgen durch Wertverluste bei Aktien oder Renditeeinbußen von Wertpapieren negativ betroffen sein.

Zuvor hatten Analytiker der Ratingagentur Moody's die Risiken für das russische Bankensystem durch die Durchführung radikaler Szenarien zur Reduzierung der Schuldenlast Zyperns mit Verlusten von über 50 Milliarden US-Dollar beziffert. Die Agentur schätzte die Höhe der Mittel, die von russischen Banken in das zyprische Bankensystem geflossen sind auf zwölf Milliarden Dollar und die Einlagen russischer Unternehmen auf Zypern auf 19 Milliarden Dollar.

In Reaktion auf Moody's Prognosen erklärte der erste stellvertretende Vorsitzende der russischen Zentralbank, Aleksej Simanowskij, dass die mögliche Einführung einer Zwangsabgabe auf Spareinlagen durch die zyprische Regierung sich nicht negativ auf die Stabilität des russischen Bankensystems auswirke, einzelne Spekulanten allerdings könnten betroffen sein.

Nach Angaben des Direktors des Bankeninstituts der Nationalen Forschungsuniversität und Hochschule für Wirtschaft, Wasilij Solodkow, seien die in Zypern zu erzielenden Zinserträge vergleichsweise hoch. Sie beliefen sich für Einlagen von über 1.000 Euro auf 7 - 8% jährlich, bei größeren Beträgen können sie sogar über 10% liegen. Dabei seien Beträge bis 100.000 Euro durch die zyprische Zentralbank abgesichert, fügte er ergänzend hinzu.

Solodkow hob hervor, dass eine Zwangsabgabe nicht nur russische Anleger betreffen würde. Von den 90 Milliarden Euro stammten nur etwa 20 Milliarden aus Russland, so seine Einschätzung. Das Interesse Geld in Zypern anzulegen, sei deshalb so hoch gewesen, weil Ausländer von höheren Zinsen als die einheimische Bevölkerung profitiert hätten.

Bezüglich der Verhandlungen zwischen Russland und Zypern zu eventuellen neuen Krediten, erklärte der russischen Finanzminister Anton Siluanow, Zypern habe darum gebeten, die Laufzeit eines Kredits in Höhe von 2,5 Milliarden Euro, den Zypern 2011 von Russland erhalten habe, um fünf Jahre zu verlängern.

Wie aus dem Finanzministerium verlautete, sei man eher bereit, die Frist für diesen Kredit zu verlängern als eine neue Anleihe zu gewähren. Russland werde außerdem prüfen, ob eine Senkung der Zinsen für die Tilgung in Betracht komme. Im vergangenen Jahr hatte die zyprische Regierung Russland um einen weiteren Kredit in Höhe von fünf Milliarden Euro, der jedoch nicht gewährt wurde, ersucht. Allerdings, so wird in Moskau spekuliert, ist es durchaus möglich, dass sich die russische Position in dieser Hinsicht wegen der Gefahr einer Abgabe auf Bankeinlagen ändert.

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei Gazeta.ru

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