Chef von Adenauer-Stiftung in Russland: „Mehr Offenheit statt Zuschnürung”

Foto: AFP / East News

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Die Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) war Ende März von den massenhaften Kontrollen der NGOs in Russland betroffen. Die russische Staatsanwaltschaft zog beim St. Petersburger Büro der Stiftung sogar die Computer für einige Tage ein. „Es ist nicht schön, was da passiert ist, und aus meiner Sicht auch gar nicht nötig”, äußerte Lars Peter Schmidt, KAS-Landesbeauftragter für Russland, in einem Gespräch mit RIA Novosti.

„Wenn man ein Land als Partner bezeichnet, müssen die Kontakte tiefer sein“, führte Dr. Schmidt weiter aus. „Und das ist eine unserer Aufgaben – politische Netzwerke zwischen den Entscheidungsträgern in Russland und Deutschland zu schaffen und die dann auch zu intensivieren. Das ist einer der allerwichtigsten Schwerpunkte.  Dafür bekommen wir auch Geld aus Deutschland.“

„Wir als Stiftung sind keine Institution, die Russland schaden möchte“, betonte er. „Das Gegenteil ist der Fall. Deswegen wundert man sich schon, warum solche Sachen geschehen können wie die in der letzten Woche. Meine Erklärung: Wir sind in die große Überprüfung  von russischen NGOs reingerutscht, die sich laut dem neuen Gesetz als ‚ausländische Agenten’ registrieren müssen. Uns aber trifft dieses Gesetz nicht. Und ich glaube, dies wird sicherlich auch ein Thema sein, wenn sich Putin und Merkel jetzt in Hannover unterhalten.“

Schmidt verwies auf langjährige Kontakte der Stiftung zu namhaften Vertretern der Partei Geeintes Russland. „Der zweite Schwerpunkt ist ein Dialog mit den obersten Richtern Russlands. Diese Kontakte sind sehr intensiv und auch zu beiderseitigem Vorteil. Der dritte Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit mit verschiedenen Universitäten. Wir geben Stipendien für Absolventen der Moskauer Verwaltungsuniversität, die in einer deutschen Stadtverwaltung Praktika machen können. Außerdem sind wir eine der wichtigsten Gruppen im Petersburger Dialog, in dem die KAS die Arbeitsgruppe Politik unterstützt.“

Da die neuesten behördlichen „Prüfungen“ der russischen NGOs in erster Linie ermitteln sollten, ob diese ausländische Finanzierung bekommen und sich insofern laut dem neuen Gesetz als „ausländische Agenten“ registrieren lassen müssen, wurde der Leiter der Moskauer KAS-Filiale auch danach gefragt.

„Wir geben als Stiftung kein Geld zu irgendwelchen NGOs“, war seine Antwort. „Wir geben kein Geld zu Gruppen, die dann politisch agieren, was vielleicht so manche andere machen. Das ist nicht unsere Zielsetzung, nicht unsere Art – und das tun wir auch gar nicht. Aber wir kooperieren. Und diese Kooperation gestaltet sich in der Form von Tagungen.“

Nach Ansicht des Moskauer KAS-Leiters ist das neue russische Gesetz über die „ausländischen Agenten“ „keine glückliche Lösung, ehrlich gesagt“, denn der Begriff „ausländischer Agent“ sei „belastet“. „Es ist ein bisschen Diffamierung.  Auch wenn es vielleicht ein paar schwarze Schafe dazwischen gibt – 95 Prozent aller NGOs verfolgen einen sehr guten Zweck.“

„Wirtschaftlich sind Russland und Deutschland inzwischen sehr eng verflochten. Das ist auch gewollt von beiden Seiten. Russland ist nicht bloß ein Nachbar, es ist ein Partner. Man kann aber nicht nur Wirtschaft machen – in zivilgesellschaftlichen Bereichen brauchen wir keine Zuschnürung, sondern ein bisschen mehr Offenheit“, so Schmidt.

Ein wichtiger Faktor dabei sei die Visa-Freiheit. Deshalb hält er „nichts“ von Vorschlägen einiger Bundestagsabgeordneter, die jetzigen Verhandlungen über die Visa-Erleichterungen im Zusammenhang mit den jüngsten Vorgängen zu bremsen. „Dieses Visa-Regime, das wir hier noch aufrechterhalten, ist antiquiert. Ich bin ein absoluter Verfechter  davon, dass wir diese Regeln erleichtern, und zwar für alle und nicht für irgendwelche Privilegierte, um dann in einer absehbaren Zeit zu einer Visafreiheit zu kommen. Ich halte die Visa inzwischen für völlig überflüssig.“

„Jedem von uns ist klar – wir wollen gute Beziehungen zu Russland“, betonte Schmidt. „Und man guckt sehr deutlich auf Russland, was hier passiert. Die Entwicklung der letzten acht-neun Monate in Russland – mit den ‚ausländischen Agenten’, dem Demonstrationsrecht usw. -  widerspricht schon dem, wie man sich eine Entwicklung wünscht. Wenn der bürgerlich-zivile Sektor nicht mehr genug Luft zum Atmen kriegt, macht man sich schon Sorgen. Das kann natürlich im Vorfeld der Bundestagswahlen ein Thema werden, wenn auch kein entscheidendes Thema. Außenpolitisch ist Russland aber außerordentlich wichtig, das darf man nicht unterschätzen.“

 

Dieser Beitrag erschien zuerst bei RIA Novosti.

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