Zusammen mit Königin Beatrix eröffnete Wladimir Putin das Jahr Russlands in den Niederlanden und das Jahr der Niederlande in Russland. Foto: Reuters
Der Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putins in den Niederlanden in dieser Woche wurde von mehreren großen Demonstrationen begleitet. Es schien, als sei Amsterdam in zwei Lager gespalten. Auf der einen Seite demonstrierten Putin-Gegner und Verfechter gleichgeschlechtlicher Ehen. Sie vertreten die Ansicht, dass die Rechte sexueller Minderheiten in Russland missachtet werden. Auf der anderen Seite dankten Sympathisanten des russischen Präsidenten, unter ihnen auch Syrer, Moskau für dessen Unterstützung der militärischen Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten des Landes.
Kulturelle und wirtschaftliche Beziehungen im Fokus
Die Massenkundgebungen hielten Putin nicht davon ab, eine seiner wichtigsten Aufgaben des Besuchs zu erfüllen: Zusammen mit Königin Beatrix eröffnete er das Jahr Russlands in den Niederlanden und das Jahr der Niederlande in Russland. Der Auftakt der Veranstaltungsreihe zu diesem Anlass erfolgte in der Dependance der Staatlichen Eremitage, dem Museum Eremitage an der Amstel.
Das Programm dieses bilateralen Jahres umfasst mehr als 350 Projekte auf dem Gebiet der Kultur und Wirtschaft: Ausstellungen von Ikonen sowie Gemälden des 19. und 20. Jahrhunderts, Gastspiele des Marijnski-Theaters und des Moskauer Kammerorchesters „Virtuosen Moskaus".
„Das Hauptziel dieser Veranstaltungen ist es, den Austausch zwischen unseren beiden Ländern und Völkern in dessen ganzer Vielfalt zu zeigen", sagte der russische Vize-Premierminister und Co-Präsident der zwischenstaatlichen Kommission der Russischen Föderation und der Niederlande, Arkadij Dworkowitsch, bei der Festveranstaltung. Unterdessen
Die Niederlande haben während der letzten zehn Jahre ihre Investitionen in die russische Wirtschaft mehr als verzehnfacht. Allein 2012 stieg der Warenumsatz um 20 Prozent auf 63,2 Milliarden Euro.
Unter den Außenhandelspartnern Russlands nehmen die Niederlande in Europa den ersten und weltweit den zweiten Platz ein.
äußerte der Leiter des Moskauer Instituts für nationale Strategie, Walerij Chomjakow, dass diese bilateralen Veranstaltungsreihen mit den Mitgliedsländern der Europäischen Union zu einer Erleichterung der Visumspflicht führen könnten.
Putin traf sich während seines Besuchs auch mit dem niederländischen Premierminister Mark Rutte. Hauptthema bei dem Zusammentreffen war die Energiewirtschaft. Russland liefert pro Jahr mehr als vier Milliarden Kubikmeter Erdgas in die Niederlande. Der Export von Erdöl- und Erdgasprodukten hatte im vergangenen Jahr ein Volumen von 27,7 Millionen Tonnen. Gegenwärtig realisiert Russland unter Beteiligung niederländischer Partner Großprojekte wie Sachalin-2 und Nordstream.
Im Anschluss an die Gespräche zwischen Putin und Rutte unterzeichneten einer der größten Erdölkonzerne, Gazprom Neft, und der britisch-niederländische Konzern Royal Dutch Shell eine Absichtserklärung zur gemeinsamen Erschließung fossiler Lagerstätten im arktischen Schelf Russlands und im Tiefseeschelf von Südafrika.
Zudem unterzeichneten die Minister, die Putin begleiteten, mit ihren niederländischen Kollegen Erklärungen über die Zusammenarbeit in der Bildung, dem Gesundheitswesen und der Ausbildung von Fachleuten.
Putin bessert sein Image auf
Auf der abschließenden Pressekonferenz wurden die Menschenrechte in Russland thematisiert. So wollten niederländische Journalisten zum Beispiel wissen, warum in der Russischen Föderation die Rechte sexueller Minderheiten eingeschränkt werden. Putin entgegnete: „Ich als Präsident fühle mich verpflichtet, deren Rechte zu verteidigen. Sie zeichnen sich nicht selten durch eine beeindruckende Karriere aus und werden bei entsprechenden Leistung ausgezeichnet oder mit Orden geehrt."
Putin zufolge gehe die Initiative für das Verbot homosexueller Propaganda von den Regionen aus und nicht von der föderalen Ebene. Der Präsident glaubt, dass eine Genehmigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in Russland zu einem Sturm der Empörung bis hin zu gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Provinz führen könne. „Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften in Tschetschenien akzeptiert werden würden. Das würde zu Mord und Totschlag führen", sagte Putin.
Ebenfalls angesprochen wurde von den niederländischen Journalisten die „Nackt-Attacke" von Aktivistinnen der Gruppe Femen während der Hannover Messe, die der russische Präsident am Vortag besucht hatte. Dort hatten sich bis zur Taille entblößte, junge Frauen fast bis zu Putin vorgedrängt, der sich zusammen mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem Messerundgang befand.
Putin kommentierte den Vorfall mit einem Scherz: Er habe an diesem Morgen nicht gefrühstückt und hätte sich mehr über ein Stück Wurst als über die „Köstlichkeiten" der jungen Frauen gefreut. „Ich möchte niemanden verletzen, aber Gott sei Dank haben sich keine Schwulen entblößt", ergänzte er.
Der Leiter des Moskauer Instituts für nationale Strategie, Walerij Chomjakow, glaubt, dass der Besuch Putins in den Niederlanden der Imagepflege dienen sollte. „Es ist kein Geheimnis, dass sich das Verhältnis zwischen Russland und Europa nach Verabschiedung des NGO-Gesetzes abgekühlt hat. Die russischen Behörden haben damit begonnen, deutsche Nichtregierungsorganisationen und andere entsprechende ausländische Einrichtungen aktiv zu überprüfen. Das hat den Unmut Europas hervorgerufen. Deshalb wollte Putin zeigen, dass er in Europa kein Fremder ist, und sich an der dortigen Meinung in diversen Fragen orientieren", meint der Politologe.
Dem Direktor des Instituts für politische Forschung Sergej Markow zufolge habe Putin jedoch offen zu verstehen gegeben, dass in Russland eine andere Einstellung zur Homosexualität als in Europa vorherrsche. „In Amsterdam machte Putin deutlich, dass ein solcher Ansatz in Russland keine Akzeptanz findet und auch nie finden wird. Russland wird nicht so tun, als ob Homosexualität die Norm sei, mit welchen Plakaten und Aktionen unsere Delegation auch immer konfrontiert wird", sagte der Politologe.
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