Chodorkowski-Unterstützer Gurijew bleibt im Sberbank-Vorstand

Der geflüchttete Ökonom Sergej Gurijew wurde am 31. Mai in den Vorstand der Sberbank, Russlands größter Bank, wiedergewählt.  Foto: ITAR-TASS

Der geflüchttete Ökonom Sergej Gurijew wurde am 31. Mai in den Vorstand der Sberbank, Russlands größter Bank, wiedergewählt. Foto: ITAR-TASS

Sergej Gurijew, der im zweiten Chodorkowski-Prozess den Hauptangeklagten entlastet und daraufhin von Beamten befragt worden war, hat vor einigen Tagen Russland verlassen. Dennoch wurde er nun als Vorstandsmitglied der Sberbank bestätigt.

Sergej Gurijew, ein renommierter Wirtschaftswissenschaftler, ist in den Vorstand der Sberbank, Russlands größter Bank, wiedergewählt worden. Die Wahl fand in seiner Abwesenheit statt, da der Forscher zurzeit in Paris lebt. Er war aus Russland geflohen, nachdem er durch Ermittlungsbeamte befragt worden war. Anlass war ein von ihm mitverfasster kritischer Bericht zu dem Gerichtsverfahren gegen den in Haft sitzenden Michail Chodorkowski.

Gurijew wurde am Freitag auf der Jahreshauptversammlung der Bank wiedergewählt, obwohl er einige Tage zuvor seine Kandidatur zurückgezogen hatte. Sberbank-Geschäftsführer German Gref sagte, man hätte den Namen Gurijews nicht mehr von der Kandidatenliste streichen können. Als Zeichen der Unterstützung durch führende Geschäftsleute und Wirtschaftsbeamte erhielt Gurijew die meisten Stimmen unter allen Kandidaten – einschließlich Gref selbst.

Gref beschreibt Gurijew als „sehr effizienten, großartigen Profi, sehr ehrlich und kompromisslos" und hofft, dass Gurijew „bald nach Moskau zurückkehren" werde.

„Ich mag einfach nur meine persönliche Freiheit. Meine Familie hat es verdient, sich um mich keine Sorgen machen zu müssen", erklärte Gurijew, der auch seinen Posten als Rektor der Moskauer Neuen Wirtschaftsschule vergangene Woche aufgab, in einer E-Mail aus Paris, wohin er vor einigen Wochen seiner Frau und seinen Kindern nachgereist war. Gurijew nimmt

eine Tätigkeit als Gastprofessor am Pariser Institut d'Etudes Politiques auf. Gurijews Familie lebt bereits seit mehreren Jahren in Frankreich.

Gurijew teilte mit, dass er Russland verlassen habe, nachdem er durch Ermittlungsbeamte über einen Bericht befragt worden war, den er und andere Experten zum zweiten Gerichtsprozess gegen den ehemaligen Yukos-Chef Chodorkowski verfasst hatten. Sie kritisierten die Auffassung des Gerichts, Chodorkowski und dessen Geschäftspartner Platon Lebedew habe Millionen Tonnen Erdöl von Yukos veruntreut. Gurijew sagte, er hätte den Entschluss das Land zu verlassen gefasst, nachdem Ermittlungsbeamte von ihm verlangt hätten, seine persönlichen und beruflichen E-Mails der vergangenen fünf Jahren vorzulegen. Er befürchtete auch, dass eine Anklage gegen ihn vorbereitet werde.

2005 wurden Chodorkowski und Lebedew in einem ersten Gerichtsverfahren wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu acht Jahren Gefängnishaft verurteilt. Ende 2010 kam in dem zweiten Gerichtsverfahren

noch einmal eine Haftstrafe von 14 Jahren hinzu. Das Urteil wurde später auf elf Jahre reduziert.

Gurijew erklärte 2011 als Gutachter gegenüber der Menschenrechtskommission des Kremls, dass Chodorkowski im zweiten Gerichtsverfahren unschuldig gewesen sei. Er stellte auch fest, dass er keinen Interessenkonflikt mit Yukos oder Chodorkowskij gehabt habe.

Der Sprecher des Untersuchungsausschusses, Wladimir Markin, äußerte, dass Ermittlungsbeamte 2003 auf eine Spende in Höhe von 50 000 US-Dollar von Chodorkowskis Open Russia Foundation an die Neue Wirtschaftsschule gestoßen seien, meldet RIA Novosti. Gurijew bemerkte dazu, dass er damals aufgrund seiner Tätigkeit an der Universität von seinen Verpflichtungen vorübergehend entbunden war und jeden Interessenskonflikt bestreite.

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