Alexey Nawalny hatte zuletzt in seinem Schlusswort die Vorwürfe als konstruiert und Teil einer gegen ihn gerichteten politischen Intrige bezeichnet. Foto: RIA Novosti
Ein Gericht in Kirow, 900 Kilometer östlich von Moskau, befand Alexej Nawalny am Donnerstag für schuldig, 2009 als Berater des dortigen liberalen Gouverneurs einem staatlichen Holzbetrieb einen Verlust von umgerechnet 400.000 Euro beigebracht zu haben. Er soll dafür gesorgt haben, dass 10.000 Kubikmeter Holz unterschlagen wurden.
Das Urteil beruht hauptsächlich auf den Aussagen des schon vorab als Kronzeugen zu einer Bewährungsstrafe verurteilten ehemaligen Direktors des Forstbetriebs KirowLes - der seinerzeit auf Betreiben Nawalnys wegen Misswirtschaft entlassen worden war.
Erst Bürgermeisterkandidat, nun Häftling
Der als Blogger, Enthüller von Korruptionsfällen und wortgewaltiger Redner bekannt gewordene Nawalny ist eine der Hauptfiguren der Kreml-kritischen Protestbewegung in Russland. Erst diese Woche war er von den Moskauer Behörden - ohne die sonst üblichen Probleme streng oppositioneller Kandidaten - für die am 8. September anstehenden Bürgermeisterwahlen zugelassen worden. Amtsinhaber Sergej Sobjanin hatte ihm sogar Schützenhilfe geleistet, um die nötigen Unterstützerunterschriften unter kommunalen Abgeordneten zusammen zu bekommen.
Doch nun wird Nawalnys Kandidatur für ungültig erklärt werden, sobald das Urteil nach Ausschöpfung des Rechtswegs endgültig rechtskräftig wird. Dies wird voraussichtlich noch vor dem Wahltermin geschehen.
Nawalny hatte zuletzt in seinem Schlusswort die Vorwürfe als konstruiert und Teil einer gegen ihn gerichteten politischen Intrige bezeichnet. Der Richter wies diese Anschuldigung in seiner Urteilsbegründung als absolut unbegründet zurück - und folgte fast ohne Abweichung der Argumentationslinie der Anklage.
Mitangeklagter Geschäftsmann erhält vier Jahre
Der Unternehmer Pjotr Ofizerow, dessen Firma von Nawalnys Einflussnahme profitiert haben soll, erhielt als Mittäter vier Jahr Haft. Das Gericht blieb für
beide Angeklagte jeweils ein Jahr unter den Strafanträgen der Staatsanwaltschaft, erklärte aber, es gebe keine Grundlage, die Strafe auf Bewährung auszusprechen. Beiden Verurteilten wurde zudem eine Geldstrafe von je 500.000 Rubel (ca. 11.750 Euro) auferlegt, die Anklage hatte das Doppelte gefordert. „Seis drum. Langweilt euch nicht ohne mich. Und bleibt nicht tatenlos", schrieb Nawalny nach dem Urteilsspruch noch über Twitter, bevor ihm Polizisten Handschellen anlegten und ihn abführten. Seine Verteidigung kündigte an, das Urteil anzufechten, da es "gesetzeswidrig" sei.
Aufruf zu nicht genehmigter Protest-Demo
Nawalny-Anhänger riefen über Facebook für Donnerstag Abend um 19 Uhr zu einer „Volksversammlung" in Moskau auf, um gegen das Urteil zu protestieren. Die Moskauer Polizei riegelte den als Versammlungsort genannten Manegeplatz ab – angeblich wegen dort begonnener Bauarbeiten.
Die Stadtverwaltung warnte davor, eine nicht genehmigte Demonstration abzuhalten oder daran teilzunehmen.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Russland Aktuell.
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