Alexej Nawalny ist vorläufig wieder frei. Foto: RIA Novosti
Einen Tag nach seiner Verurteilung ist Alexej Nawalny wieder frei. Das Gericht in Kirow, das ihn am Donnerstag noch in Handschellen aus dem Gerichtssaal abführen ließ, hat nun auf Antrag der Staatsanwaltschaft seiner Freilassung zugestimmt.
Kein Freispruch
Mit Nawalny kommt auch dessen Mitangeklagter Pjotr Ofizerow aus dem Gefängnis. Allerdings bedeutet die Entlassung keineswegs einen Freispruch, denn die Forderung kommt von der Staatsanwaltschaft.
Bis zum Urteil im Berufungsprozess sei es ausreichend, die Bewegungsfreiheit der Angeklagten per Meldepflicht einzuschränken, argumentierten deren Vertreter. „Nawalny und Ofizerow haben bisher ihre Meldepflicht nicht verletzt, zudem ist Nawalny als Kandidat für den Posten des Moskauer Bürgermeisters. Darum verletzt die Inhaftierung seine Rechte auf den Zugang zu seinen Wählern", heißt es zur Begründung.
Urteil ruft Proteste hervor
Das Urteil im Nawalny-Prozess am Donnerstag hatte für Wirbel gesorgt. Der Oppositionelle war von einem Gericht in Kirow wegen Unterschlagung von rund 10.000 Kubikmetern Holz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden.
Politische Experten kritisierten das Urteil mehrheitlich. Mehrere Tausende
Menschen sind nach dem Urteil auf die Straße gegangen. In Moskau sollen sich unterschiedlichen Schätzungen nach zwischen 2.500 bis 8.000 Personen auf dem Manege-Platz zu einer ungenehmigten Demo versammelt haben. Die Polizei riegelte das Gelände weiträumig ab.
Der über soziale Netze organisierte Protest blieb weitgehend friedlich. Die Teilnehmer der Kundgebung klatschten lediglich. Die Polizei griff ein, als einige Demonstranten versuchten, die Twerskaja für den Autoverkehr abzusperren. Insgesamt wurden nach Polizeiangaben 209 Personen in Moskau festgenommen.
Etwa die Hälfte wurde nach einer mündlichen Verwarnung auf dem Polizeirevier wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen 110 Personen wurde ein Bußgeldverfahren eingeleitet.
Festnahmen auch in St. Petersburg
In St. Petersburg, wo offiziellen Angaben nach etwa 500 Personen zu einer ungenehmigten Kundgebung an der Malaja Sadowaja zusammenkamen,
wurden rund 40 Menschen festgenommen. Laut der Internetzeitung Fontanka.ru wurde dabei auch eine Schwangere in Handschellen abgeführt.
Auch in Kirow, Kaliningrad, Jekaterinburg, Krasnojarsk und Saratow kam es zu kleineren Protestaktionen.
Kandidatur weiterhin möglich
Der Sprecher von Nawalnys Wahlkampfstab Leonid Wolkow hatte unmittelbar nach dem Urteil angekündigt, dass der Oppositionelle seine Kandidatur bei der Wahl zurückziehe. Jetzt könne es nur noch um den Boykott der Wahl gehen, sagte er.
Nach dem überraschenden Manöver der Staatsanwaltschaft, schließt Wolkow aber auch eine Rückkehr in den Wahlkampf nicht mehr aus. „Wir haben eine absolut klare und eindeutige Position: In Freiheit nimmt er an den Wahlen teil – im Gefängnis nicht", so Wolkow.
Dieser Beitrag erschien zuerst bei Russland Aktuell.
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