Russland und USA: Neuer Kalter Krieg dank Snowden?

Die diplomatischen Störungen zwischen den beiden Ländern zeigen, dass der Kalte Krieg noch in den Köpfen der Politiker weiterlebt. Foto: AP

Die diplomatischen Störungen zwischen den beiden Ländern zeigen, dass der Kalte Krieg noch in den Köpfen der Politiker weiterlebt. Foto: AP

Die Entscheidung, dem Asylgesuch Edward Snowdens stattzugeben, belastet die diplomatischen Beziehungen zwischen den USA und Russland stark. Die Absage des Moskauer Gipfels durch US-Präsident Obama zeigt, dass der Kalte Krieg in den Köpfen der Politiker immer noch aktuell ist.

Der Entschluss des US-Präsidenten Barack Obama, den Moskauer Gipfel mit seinem Amtskollegen Wladimir Putin abzusagen, ist ein sehr deutliches Zeichen dafür, dass die amerikanisch-russischen Beziehungen erneut schwer belastet sind.

Russlands Entscheidung, dem früheren CIA-Agenten und technischen Mitarbeiter der NSA Edward Snowden politisches Asyl zu gewähren, scheint der Auslöser für Obamas Schritt gewesen zu sein. Manche politischen Beobachter jedoch vermuten andere Gründe hinter der strittigen Absage des Gipfeltreffens.

Russia Direct sprach mit internationalen Experten über die Frage, wie sich die bilateralen Beziehungen zwischen Moskau und Washington in näherer Zukunft entwickeln werden und ob Obamas Absage eine Rückkehr zur Rhetorik des Kalten Krieges befürchten lässt.

 

Gregory Feifer, früherer Moskau-Korrespondent des National Public Radio (NPR) und Autor des 2009 erschienenen Buches „Das große Spiel: Der sowjetische Krieg in Afghanistan":

„Die Absage des Gipfeltreffens mit Putin ist aus Sicht des Weißen Hauses die richtige Entscheidung. Wir nähern uns einer lange hinausgezögerten formalen Anerkennung, dass die Politik der Annäherung an Russland in Obamas Amtszeit nicht funktioniert hat und die außenpolitischen Strategien neu justiert werden müssen.

Auch wenn Moskau durch Obamas Entscheidung wahrscheinlich brüskiert ist, kann man sie doch im Vergleich zu Putins offen feindseligen Aktionen der vergangenen Jahre als maßvoll bezeichnen.

Es entspricht einer verbreiteten Meinung, dass Putin sein Ansehen in der Weltöffentlichkeit sehr ernst nimmt. Washington indes zeigte sich unnachgiebig in seiner Entscheidung über den Gipfel und nutzte dabei den Fall Snowden als Druckmittel gegenüber dem Kreml. Putin sieht seine Rolle eindeutig als Bollwerk gegen Amerika. Das ist das übergeordnete Ziel seiner Außenpolitik.

Wenngleich Obamas Gipfel-Absage ohne Zweifel die Beziehungen kurzfristig belasten werden, ist sie ein richtiger erster Schritt in Richtung einer realistischeren Russlandpolitik, die den amerikanischen Interessen und Werten besser entspricht. Sie macht deutlich, dass Putins Rückkehr zur Rhetorik des Kalten Krieges ihren Preis haben wird."

 

Pawel Scharikow, Leiter des Zentrums für empirische Forschung am Institut für USA- und Kanadastudien an der Russischen Akademie der Wissenschaften:

„Barack Obamas politische Motivation liegt auf der Hand: Edward Snowden, von der amerikanischen Regierung eines sehr schweren

Bundesverbrechens beschuldigt, ist nun auf russischem Staatsgebiet ein freier Mann. Obama möchte deutlich machen, dass das russische Verhalten im Fall Snowden die amerikanisch-russischen Beziehungen beschädigt hat.

Bemerkenswerterweise sagte Obama das Treffen mit Putin ab und buchte stattdessen eine Reise nach Schweden, das Land, in dem Julian Assange nach dem Willen der USA ausgeliefert werden sollte. Dies scheint eine symbolische Geste zu sein.

Obamas Standpunkt kann als Rückkehr zur Rhetorik des Kalten Krieges aufgefasst werden. Wir leben aber heute in einer anderen Welt und mit anderen Regeln. Daher hat sich auch der Stellenwert solcher Konfrontationen geändert.

Wir sollten uns die politische Situation in den USA bewusst machen: In einem Jahr, kurz vor den Gouverneurswahlen, wird Obama nur noch zwei

Jahre Präsident sein und bereits als ‚lame duck' gesehen werden. Er wird sein Gesicht gegenüber den Republikanern und den Demokraten wahren müssen. Bereits jetzt steht er unter Druck und versucht einen Spagat zwischen den beiden politischen Lagern.

Die Folgen seiner Absage des Moskauer Gipfels mit Putin sind noch nicht abzusehen. Wir dürfen nicht aufhören, über einige Themen im Gespräch zu bleiben, die uns in gleicher Weise betreffen und konsensfähige Lösungen ermöglichen. Wir hoffen, dass die gemeinsamen Erfolge in unseren bilateralen Beziehungen die negativen Ereignisse überwiegen werden und uns aus dieser Sackgasse herausführen."

 

Weitere Kommentare und Meinungen zur Entscheidung Barack Obamas können in der vollständigen englischen Fassung dieses Artikels auf Russia Direct nachgelesen werden.

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