Vier Mythen über Sotschi

An den wichtigsten Sportstätten, die sich in Sotschi-Region befinden, liegt gegenwärtig Schnee. Foto: Reuters

An den wichtigsten Sportstätten, die sich in Sotschi-Region befinden, liegt gegenwärtig Schnee. Foto: Reuters

In den westlichen Medien werden abstruse Behauptungen über die Olympischen Winterspiele in Sotschi 2014 verbreitet. Russland HEUTE ist einigen davon nachgegangen und erklärt, was wirklich dahintersteckt.

Mythos Nr. 1: "Es gibt immense Probleme mit der Sicherheit."

Westliche Medien verweisen darauf, dass Sotschi sich in der Nähe einer „Kampfzone“ – den unruhigen nordkaukasischen Republiken – befindet und zum Ziel von Terroristen werden könnte. Die jüngsten terroristischen Anschläge in Wolgograd haben diese Ängste verstärkt. Offizielle Stellen in Großbritannien haben vor einer erhöhten Terrorgefahr gewarnt, und der olympische Verband des Landes ruft die Touristen dazu auf, ihre Staatsbürgerschaft nicht zu erkennen zu geben und „keine Kleidung zu tragen, die darauf hinweist, dass der Träger aus Großbritannien stammt“.

Es gibt jedoch Fakten, die darauf hinweisen, dass die Gefahr überschätzt wird. Vor allem, weil Sotschi sich in Wirklichkeit nicht in unmittelbarer Nähe der „Kampfzone“ befindet. Von Sotschi bis nach Machatschkala, dem unruhigsten Gebiet im Nordkaukasus, sind es 972 Kilometer, und bis nach Naltschik, dem zum Austragungsort der Olympischen Spiele nächstgelegenen Unruheherd, sind es 653 Kilometer. Im ersten Fall entspricht dies der Entfernung zwischen Paris und Leipzig, im zweiten der zwischen London und Edinburgh.

Außerdem wird es für die Spiele außerordentliche Sicherheitsmaßnahmen geben. Die Unterkünfte der Sportler und Touristen werden von einer ganzen Armee überwacht – über 30 000 Angehörige der Strafverfolgungsbehörden, die von ansässigen Kosaken unterstützt werden. Für Kraftfahrzeuge aus anderen Regionen Russlands ist Sotschi für die Dauer der Spiele gesperrt, Postsendungen, die an Bewohner oder Einrichtungen in der Stadt adressiert sind, werden kontrolliert.

Die Gesamtaufwendungen zur Gewährleistung der Sicherheit werden auf mehrere Milliarden Euro geschätzt. Mittlerweile verfügen die nordkaukasischen Terroristen nicht mehr über die notwendigen Ressourcen, um eine Bresche in solch einen Sicherheitskordon zu schlagen.

 

Mythos Nr. 2: "In Sotschi gibt es keinen Schnee, da die Stadt ein Badeferienort ist und dort Plusgrade herrschen."

Tatsächlich gibt es in Sotschi nicht so häufig Schnee – die Sportwettkämpfe finden allerdings nicht in der Stadt selbst statt, sondern in dem in der Nähe gelegenen Gebirge. An den wichtigsten Sportstätten, die sich in dieser Region befinden, liegt gegenwärtig Schnee. Und selbst wenn dieser zur Eröffnung der Olympischen Spiele schmilzt, wird das keine dramatischen Folgen haben – Moskau hat Lehren aus den „schneefreien“ Olympischen Spielen in Vancouver gezogen und sich abgesichert. Seit März des vergangenen Jahres wurde in der Umgebung Sotschis eine Schneereserve angelegt. Er wurde an den Berghängen abgetragen, auf Halten transportiert, festgestampft und mit einer speziellen wärmedämmenden Schicht abgedeckt, die das Sonnenlicht reflektiert und so den Schnee vor dem Schmelzen bewahrt. Diese Abdeckung hat eine Fläche von 120 000 Quadratmetern. Die Gesamtkosten des Projekts betrugen 4,5 Millionen Euro.

 

Mythos Nr. 3: "Die Olympischen Spiele sind ein 'Potemkinsches Dorf'."

Einige Medien berichten, dass das Budget der Olympischen Spiele aufgrund ausschweifender Korruption maßlos aufgebläht worden sei, ein Großteil der Gelder seien entwendet worden und die olympischen Objekte seien noch nicht fertiggestellt. Die Realität sieht etwas anders aus.

Das Budget wurde nicht wegen der Korruption aufgebläht, obwohl auch diese sich ausgewirkt hat, sondern wegen ständig neuer Ausgabeposten. Und das ist eine für Olympische Spiele nicht ungewöhnliche Praxis. Der Kostenplan für die Spiele 1976 in Montreal sah ursprünglich Ausgaben in Höhe von 92 Millionen Euro vor, am Ende beliefen die Kosten sich auf 2,1 Milliarden. Bei den Olympischen Spielen in Griechenland stiegen die Kosten auf das Zehnfache – von 1,2 auf 11,9 Milliarden Euro. Bei den Spielen

in Peking explodierten die Ausgaben von den geplanten 1,2 auf 30 Milliarden Euro. In London kalkulierte man etwas realistischer, aber trotzdem wurden aus den ursprünglich angesetzten drei Milliarden Euro am Ende 13 Milliarden Euro.

Was nun die Sportstätten betrifft, so lässt sich feststellen, dass diese längst fertiggestellt sind – das erklären nicht nur die russischen Funktionäre, sondern bestätigen auch die Vertreter des IOC. Es wurden bereits erfolgreich Test-Wettkämpfe durchgeführt. Einige Elemente der Infrastruktur sind tatsächlich noch nicht hundertprozentig fertiggestellt, es wurde aber zugesichert, dass die Arbeiten bis zur Eröffnung der Spiele abgeschlossen sein würden.

 

Mythos Nr. 4: "Angehörige sexueller Minderheiten (LSBT-Gemeinschaft) aus dem Ausland müssen mit Geldbußen und Haftstrafen rechnen."

Tatsächlich sieht das russische Gesetz „Über das Verbot homosexueller Propaganda unter den Jugendlichen“, das im Westen stark kritisiert wird, Strafen für Ausländer vor: Geldbußen in Höhe von etwa 89 bis zu 111 Euro sowie einen Arrest von bis zu 15 Tagen mit anschließender Abschiebung aus Russland.

In der Praxis werden jedoch nur jene belangt, die offen Homosexualität unter Jugendlichen propagieren, die Angehörigkeit zur LSBT-Gemeinschaft selbst wird in Russland nicht strafrechtlich verfolgt. „Die Menschen können ihren persönlichen Neigungen nachgehen und deren Vorzüge und Reize unter Erwachsenen propagieren – das Entscheidende ist, dass davon Kinder und Jugendliche unberührt bleiben“, erklärte der Erste Vize-Ministerpräsident Russlands, Dmitrij Kosak.

Denjenigen, die dennoch Angst vor Verfolgung haben, sprach Wladimir Putin eine persönliche Garantie dafür aus, dass die nach Sotschi

anreisenden Vertreter der LSBT-Gemeinschaft nicht verfolgt werden würden, und ist sogar bereit, seinen Worten sogleich auch Taten folgen zu lassen. Nicht bestätigten Informationen zufolge soll an der Eröffnungsveranstaltung der Olympischen Spiele die Pop-Gruppe T.A.T.U teilnehmen. Das einst äußerst populäre Frauen-Duett hat sich selbst als lesbisch geoutet. Berücksichtigt man die Bedeutung der Spiele sowohl für Russland als auch für Wladimir Putin persönlich, wird der Präsident sich vor Skandalen im Zusammenhang mit Homosexuellen hüten.

Es ist natürlich damit zu rechnen, dass die zu den Olympischen Spielen anreisenden Sportler Protestaktionen zur Unterstützung der russischen LSBT-Gemeinschaft durchführen werden, wie dies zum Beispiel eine schwedische Sportlerin bei den Leichtathletik-Weltmeisterschaften in Moskau getan hat – sie hatte ihre Fingernägel in den Regenbogenfarben der LSBT-Gemeinschaft lackiert. In diesem Fall sollten sie sich allerdings weniger vor Wladimir Putin als vor den IOC-Funktionären fürchten. Wie bekannt ist, drohen Sportlern für alle Arten politischer Demonstration bei den Olympischen Spielen langjährige Sperren.

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