Schutzwall um Sotschi

Nach den Anschlägen in Wolgograd gilt für Sotschi Sichterheitsstufe eins. Foto: RIA Novosti

Nach den Anschlägen in Wolgograd gilt für Sotschi Sichterheitsstufe eins. Foto: RIA Novosti

Wahrscheinlich ist in diesen Tagen Sotschi eine der sichersten Städte der Welt. Die Behörden haben einiges für einen entspannten 
Besuch der Spiele getan.

Nach den drei Selbstmordattentaten in Wolgograd vom Oktober und Dezember vergangenen Jahres, bei denen 41 Menschen ums Leben kamen, ist die internationale Aufmerksamkeit in der Folge auf Sotschi gerichtet. Es wurde vermutet, dass das eigentliche Ziel der Anschläge, die islamistische Extremisten aus dem Nordkaukasus verübt hatten, die Olympischen Winterspiele waren.

In ihrer brutalen Art sind die Selbstmordanschläge ein Signal an die russischen Behörden, die Sicherheitsvorkehrungen im ganzen Land und nicht nur in und um Sotschi zu verstärken. Stichtag für Sotschi war der 7. Januar, genau ein Monat vor den Spielen, und mit den eingeleiteten Maßnahmen scheint es sehr unwahrscheinlich, dass sich Wolgograd wiederholen wird.

Laut Steven Eke, Senioranalyst für Russland bei Control Risks, einer weltweit tätigen Sicherheits-, Politik- und Risikoberatungs-
gesellschaft mit Sitz in London, „ist der Sicherheitsplan für Sotschi der umfassendste, der

jemals für ein öffentliches Ereignis in Russland ins Leben gerufen wurde, und schließt einen noch nie dagewesenen Einsatz menschicher Ressourcen sowie technischen Know-howsein." Die Skala der Sicherheitsmaßnahmen vor Ort verringert nach Ansicht von Eke die Wahrscheinlichkeit eines Zugriffs auf die Sportstätten ganz erheblich.

„Seit dem 7. Januar greift in Sotschi ein mehrfacher Sicherheitsgürtel. Es wurden zwei Zonen eingerichtet: eine Sperr- beziehungsweise kontrollierte Zone und eine für den normalen Besucher verbotene Zone. Um die kontrollierte Zone betreten zu können, muss der Besucher die Eintrittskarte und seinen Ausweis vorzeigen. Schon die Tickets können nur unter Angabe der Identität gekauft werden. In dieverbotene Zone kommen nur autorisierte Personen, die beruflich mit den Spielen zu tun haben."

Auch der Verkehr ist neu geregelt. Eine betreffende Sonderzone erstreckt sich über eine Länge von 100 Kilometern vom einen Ende Groß-Sotschis zum anderen und lässt nur Verkehrsmittel mit Sondergenehmigung zu – in erster Linie ist das der Öffentliche Nahverkehr. Autos, deren Halter in Sotschi nicht gemeldet sind, können an Park-and-ride-Plätzen vor der Stadt abgestellt werden. Außerdem richtete man eine spezielle Olympiatrasse ein, um die pünktliche An- und Abfahrt der Athleten und des olympischen Personals zu gewährleisten. Selbst Einheimische dürfen die Trasse nicht benutzen.

Die Zonen werden durch Einheiten der Polizei, des Innenministeriums und des Ministeriums für Katastrophenschutz abgesichert. „Jede Einrichtung wurde unter Schutz gestellt und mit weltraumgestützten Überwachungssystemen ausgestattet", sagte der Minister für Katastrophenschutz, Wladimir Puchkow.

Blogger aus Sotschi berichten, dass bereits während der Neujahrsfeiertage vom 1. bis 8. Januar die Polizeipatrouillen im Zentrum so zahlreich waren, dass sie praktisch an jeder Ecke ihre Präsenz zeigten. Fußgänger wurden angehalten und mussten ihre Personalien vorzeigen. Die Polizei ging von Haus zu Haus und überprüfte, ob die Bewohner gültige Ausweise haben

und ordnungsgemäß unter dieser Anschrift 
gemeldet sind. Ausländische Besucher, die während der Spiele in Hotels absteigen, werden automatisch von ihren Gastgebern registriert, Besucher – ausländische oder russische – mit privater Unterkunft müssen sich innerhalb von drei Tagen anmelden. Seit dem 7. Januar, so die Blogger, habe es weniger Polizei auf den Straßen gegeben, dafür verstärkte Kontrollen an Verkehrsknotenpunkten und belebten Plätzen.

Aber das alltägliche Leben geht weiter. Die Besucher können sich in Sotschi erholen, ohne das Gefühl haben zu müssen, unter ständiger Überwachung zu stehen. Tatsächlich haben diese Sicherheitsmaßnahmen einen großen Vorteil: Die Stadt kann als eine der sichersten der Welt gelten. Völlig ungestört lässt es sich durchs 
Zentrum schlendern oder in einer der vielen Bars und in einem Restaurant pausieren.

„Natürlich", sagt Steven Eke von Control Risks, „ist es unmöglich, eventuelle Anschläge vorauszusehen und genau einzuschätzen. Sotschi ist normalerweise eine friedliche und vollkommen sichere Stadt, in der es früher nie irgendwelche terroristischen Aktivitäten gab. Die Sorge ist

berechtigt in Anbetracht seiner Nähe zum Nordkaukasus und des besonderen internationalen Status, den die Olympischen Spiele innehaben. Außerdem bedeutet das politische Privileg, das einem solchen Ereignis anhaftet, dass die Behörden alles in ihrer Macht 
stehende tun werden, um den friedlichen Verlauf der Spiele zu gewährleisten. Die Sicherheitsmaßnahmen sind beispiellos für Russland." Die Behörden ihrerseits scheinen von den Sicherheitsmaß
nahmen überzeugt zu sein. Der Vorsitzende des Russischen Olympischen Komitees, Alexander Schukow, betonte nach den Selbstmordanschlägen von Wolgograd, dass keine Notwendigkeit bestünde, irgendwelche zusätzlichen Maßnahmen zu ergreifen, um Sotschi sicherer zu machen. „Alles Notwendige" sei bereits getan.

Entgegen mancher Erwartungen, dass der Sicherheitsgürtel nach den Bombenanschlägen noch einmal erweitert werde, hat Präsident Putin einige Beschränkungen sogar gelockert. So können nun während der Spiele mit der entsprechenden Genehmigung öffentliche Versammlungen in einem bezeichneten Gebiet ungefähr zwölf Kilometer von der nächsten olympischen Wettkampfstätte abgehalten werden. Die Nachfrage hat sich bisher allerdings als gering erwiesen.
Am 17. Januar äußerte Putin 
gegenüber russischen und ausländischen Journalisten, dass Moskau entschlossen sei, alles im Bereich des Möglichen zu tun, um die Sicherheit der Athleten und Zuschauer bei den Spielen zu gewährleisten. „Wir sind bemüht, die Umsetzung der Sicherheitsmaßnahmen ‚in Ihren Augen' nicht aufdringlich erscheinen zu lassen, so dass die Teilnehmer und die Gäste kein bedrückendes Gefühl verspüren", sagte er.

Es wird geschätzt, dass bis 
zu 37 000 Angehörige der Polizei aus dem Innenministerium zum Schutz der Athleten, Besucher und Einheimischen vor Ort sein werden, wenn die Spiele beginnen. Zum Einsatz kommen auch

Luftabwehrraketen, Ultraschallwaffen und Hochleistungsboote. Ein mit Sorm bezeichnetes Computerkontrollsystem wird verwendet, um Internet und Telefonverkehr in und aus Sotschi zu kontrollieren und jede geplante Straftat aufzudecken.

Alexsej Lawrischtschew, Beamter des russischen Geheimdienstes FSB und verantwortlich für die Sicherheit in Sotschi, erklärte, dass Russland mit den Staatssicherheitsbehörden von mehr als achtzig Ländern, einschließlich Großbritannien und den Vereinigten Staaten, zusammengearbeitet habe.

Um das Zusammenspiel zwischen russischen und ausländischen Sicherheitsbeamten sowie mit den Athleten und den Besuchern zu erleichtern, hat das russisches Personal einen Crashkurs in mehreren Fremdsprachen absolviert. In einem eigens dafür eingerichteten Callcenter können sich die russischen Ordnungskräften Hilfe holen, wenn sie an Ort und Stelle einen Dolmetscher benötigen, um denausländischen Gästen zur Seite zu stehen.

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