Mögliche Sanktionen: Russland reagiert gelassen

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„Russland nimmt die Sprache der Sanktionen und Drohungen nicht an, aber im Falle ihrer Realisierung werden sie nicht unbeantwortet bleiben“, so die öffentliche Stellungnahme des Außenministeriums der Russischen Föderation auf die jüngsten Beschlüsse des Europäischen Rates zur Ukraine.

Im russischen Außenministerium habe man die Beschlüsse des Europäischen Rates zur Ukraine vom 6. März mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, heißt es in der auf der Homepage des Ministeriums veröffentlichten Stellungnahme weiter. Es dränge sich der Eindruck auf, dass die „konjunkturelle Herangehensweise über die Logik triumphiert habe". Es wäre notwendig gewesen, sich zumindest mit der prinzipiellen Position Russlands als strategischen Partners der EU auseinanderzusetzen.

Die EU-Regierungschefs hatten in der vergangenen Woche beschlossen, die Verhandlungen über ein Visaabkommen mit Russland auf Eis zu legen. Außerdem drohte die EU mit Sanktionen im Falle einer Verschärfung der Krise in der Ukraine. Bereits zuvor hatten die USA Sanktionen gegenüber Russland angekündigt. Washington beabsichtigt, Konten von Beamten einzufrieren, die an der Situation um die Ukraine beteiligt waren. Auch soll ihnen die Einreise in die USA verweigert werden. Aus Sicht von Experten würde die Umsetzung der in Aussicht gestellten Maßnahmen im Endeffekt allen Seiten schaden. Zu wirtschaftlichen Sanktionen des Weißen Hauses und der EU ist es bislang auch noch nicht gekommen.

Bereits zwei Tage vor den verkündigten Maßnahmen der EU hatte Russlands Präsident Wladimir Putin erklärt, dass im Falle von Sanktionen im Zusammenhang mit der Situation um die Ukraine beide Seiten Schaden nähmen, da in der modernen Welt alles ineinandergreife und alle voneinander abhängig seien.

Der Experte des USA- und Kanada-Instituts Wladimir Batjuk ist der Auffassung, dass die Positionen der USA und Europas in Bezug auf Russland auseinandergehen. Die USA hätten ein recht breites Spektrum möglicher Sanktionen gegen die Russische Föderation vorgelegt. Deren Wirksamkeit allerdings dürfe bezweifelt werden. Zwar wolle man eine Liste mit russischen Beamten erstellen, denen die Einreise in die USA verweigert werden soll. Tatsächlich liege diese aber bislang nicht vor. Formell bestünden die Sanktionen, faktisch allerdings seien sie nicht umgesetzt.

Die EU werde es nicht wagen, mithilfe der Einführung von Wirtschaftssanktionen auf Russland einzuwirken, analysiert der Direktor des Instituts für strategische Planung und Prognosen Alexandr Gusew. Seiner Einschätzung nach würde eine Beschränkung des Güterverkehrs mit Russland die EU selbst treffen.

„Ich denke, dass es Sanktionen geben wird, weil sich im Moment alles im angespannten Warten befindet. Die Führer der Europäischen Union und die Führung der Vereinigten Staaten denken gerade darüber nach, welchen Druck sie auf die russische Führung und auf Beamte ausüben können", vermutet Gusew. Es sei klar, dass diese Sanktionen zu nichts Gutem führten. Wenn man über Wirtschaftssanktionen spreche, müsse man bedenken, dass es da Unterschiede gebe in den Beziehungen Russlands zu den USA und Russlands zur EU, wo der Umfang des Warenverkehrs sich auf etwa 360 Mrd. Euro belaufe. „Von welchen Sanktionen kann hier die Rede sein? Sie werden alles verlieren", warnt Gusew.

Der Politikwissenschaftler Sergej Karaganow sagte der Zeitung „Wsgljad" zu den Drohungen gegenüber Moskau, dass die westlichen Länder keine Möglichkeit hätten, auch nur für eine kurze Zeit auf russische Energieträger zu verzichten oder die Preise für Öl und Gas zum Einstürzen zu bringen, wie das in den 80er Jahren nach der Invasion der sowjetischen Truppen in Afghanistan passiert sei.

„Ein Verzicht auf Konsum von Energieträgern ist unmöglich, und alle verstehen das ganz genau. Die USA haben diesmal nicht die Möglichkeit, die Preise für Erdöl zu Fall zu bringen, weil die Situation eine prinzipiell andere ist. Dafür ist, wie damals, eine Abmachung mit Saudi-Arabien notwendig. Jedoch bezweifle ich, dass das Königreich zu dieser künstlichen Preissenkung bereit sein wird. In den 1980ern hatten die Saudis wirklich

Angst, dass die UdSSR versuchen wird, gen Indischen Ozean zu stürmen, aber jetzt ist es offensichtlich, dass nichts derartiges passieren wird", erläutert Karaganow.

Allerdings schließt Karaganow nicht aus, dass es Versuche geben könne, die Preise fürs Öl ein wenig zu drücken, doch dies würde letztendlich die Initiatoren solcher Maßnahmen nur selbst treffen. Von einer Preissenkung würden in erster Linie China und andere direkte Konkurrenten des Westens profitieren.

„Man sollte sich auf Drohversuche und Bluffs vorbereiten. Ich denke, dass es zu keinen ernsthaften wirtschaftlichen Sanktionen kommen wird, aber es ist nicht auszuschließen, dass es irgendwelche symbolischen Schritte geben wird. Gleichzeitig wird versucht, auf bestimmte Einzelpersonen Druck auszuüben", prognostiziert der Politikwissenschaftler Karaganow.

 

Nach Materialen von RIA Novosti, Wsgljad und Kommersant.

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