east forum: Rufe nach Dialog im Ukraine-Konflikt

Die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen stand im Fokus von Diskussionsrunden. Foto: Marc Darchinger

Die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen stand im Fokus von Diskussionsrunden. Foto: Marc Darchinger

Die gegenwärtige Ukraine-Krise schade dem Ost-West-Verhältnis, betonte der deutsche Außenminister Steinmeier. Auch die Wirtschaft fordert Dialog und Verhandlungen, Ziel bleibe ein gemeinsamer Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok.

Vor fast 25 Jahren fiel die Berliner Mauer, ein Jahr später wurde Deutschland vereinigt; der Kalte Krieg war zu Ende. Diese Ereignisse sollte man gerade heute in den Zeiten der Krise um die Ukraine vor Augen haben; es dürfe keine neue Konfrontation geben. Das war gleichsam das Motto des 2. east forum Berlin am 9. und 10. April, an dem etwa 300 Unternehmensvertreter und Politiker aus 20 Ländern teilnahmen.

 

Steinmeier: „Deutschland will keine Isolation Russlands"

Es sei durchaus keine Selbstverständlichkeit, dass angesichts der derzeitigen Krise so viele hochrangige Vertreter von Politik und Wirtschaft zusammenkommen, bemerkte Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier. Man könne aber nicht einfach zur Tagesordnung übergehen; schließlich bestehe die Gefahr der Spaltung Europas. Beide Seiten hätten Fehler gemacht, worüber diskutiert werden müsse. Der Außenminister betonte aber, dass auf die völkerrechtswidrige Annexion der Krim der Westen mit „angemessenen Maßnahmen" reagieren müsse. Die Ukraine dürfe nicht weiter gespalten werden, andernfalls könne es zu Wirtschaftssanktionen kommen. Deutschland ist Steinmeier zufolge aber an einer Deeskalation interessiert. Ein erster Schritt in die richtige Richtung sei die OSZE-Beobachtermission. Russland und die Ukraine müssten jetzt schnell in einer Kontaktgruppe ins Gespräch kommen. Auch die Ukraine sei gefordert. Wie der Außenminister erklärte, müsste das Land stabilisiert werden durch Reformen, den Kampf gegen Korruption, eine neue Verfassung, eine klare Distanzierung von extremistischen Gruppen und die Aufklärung der Verbrechen auf dem Maidan. Deutschland sei nicht an einer Isolation Russlands interessiert. „Wir haben die Gesprächsfäden nicht abreißen lassen", erklärte Steinmeier und unterstrich: „Wir brauchen Brückenbauer in Ost und West."

Die Vertreter der Wirtschaft appellierten an die Politik, alles für eine friedliche Lösung des Konflikts zu tun. Wirtschaftssanktionen würden beiden Seiten schaden. „Die Krise, mit der wir derzeit konfrontiert sind, hätte zu keinem kritischeren Zeitpunkt für die europäischen Nationen kommen können", erklärte Giuseppe Vita, Vorsitzender des Verwaltungsrats der Bank UniCredit. „Wenn diese Spannungen nicht

abgebaut werden können, wenn wir unsere Differenzen nicht beseitigen können, werden die Wirtschaftssysteme der europäischen Länder, egal ob im Osten oder im Westen, beträchtlichen Schaden nehmen."

Auf Unverständnis stieß die Videobotschaft des EU-Kommissars für Energie, Günther Oettinger, der von einer Gefahr für die Energiesicherheit der Europäischen Union sprach. Der an der Berliner Konferenz teilnehmende Vorsitzende der Eurasischen Wirtschaftskommission, Viktor Christenko, kommentierte: „Als ich Herrn Oettinger hörte, dachte ich, ich sei im vergangenen Jahrhundert." Ziel sei der Ausbau der Zusammenarbeit, um einen gemeinsamen Energiemarkt zu schaffen

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Ziel: Gemeinsamer Wirtschaftsraum von Lissabon bis Wladiwostok

Das east forum wurde im vergangenen Jahr auf Initiative des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft und der Bank UniCredit sowie mit Unterstützung der Stadt Berlin gegründet. „Unser Ziel ist, Berlin zu einer Drehscheibe der wirtschaftlichen Ost-West-Zusammenarbeit zu machen", erläuterte der Berliner Bundestagsabgeordnete Karl-Georg Wellmann, einer der Initiatoren des Treffens, gegenüber RBTH. Berlin ist heute schon ein wichtiger Ausgangspunkt für unternehmerische Aktivitäten in Mittel- und Osteuropa. Im Ranking der wichtigsten Handelspartner Berlins lag Russland 2013 auf Platz vier.

Die Rede von Igor Schuwalow, Erster Vize-Ministerpräsident der Russischen Föderation, fand großen Anklang. Foto: Marc Darchinger

Hauptidee des Forums ist die Schaffung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes von Lissabon bis Wladiwostok. „Von einem Freihandelsabkommen zwischen der EU und der Zollunion würden beide Seiten stark profitieren", betonte Eckhard Cordes, Vorsitzender des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft. „Die EU könnte ihre Exporte in die

Länder der Zollunion erhöhen, und die Länder der Zollunion könnten ihre Abhängigkeit vom Energiesektor reduzieren und ihre Wirtschaft modernisieren." Nach Meinung von Viktor Christenko ist die EU nicht nur der wichtigste Partner für die Zollunion, die 2015 in eine Eurasische Wirtschaftsunion übergehen soll. „Wir verfolgen die Entwicklung der EU sehr genau. Sie ist für uns nicht nur ein Modell, wir wollen auch aus ihren Fehlern lernen."

In Plenartagungen und informellen Diskussionsrunden ging es um die Verbesserung der Wirtschaftsbeziehungen. Großen Anklang fanden die offenen Ausführungen des ersten Stellvertretenden Ministerpräsidenten Russlands, Igor Schuwalow, und des ukrainischen Wirtschaftsministers Pawlo Scheremeta. „Russland ist am meisten an einer stabilen Ukraine interessiert. Wir sind beide durch Geschichte und Wirtschaft verbunden", sagte Schuwalow.

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