Wirbel um Vkontakte-Chef

Nach Entlassungsmeldungen hat sich Pawel Durow in die USA abgesetzt. Foto: ITAR-TASS

Nach Entlassungsmeldungen hat sich Pawel Durow in die USA abgesetzt. Foto: ITAR-TASS

Der Geschäftsführer von Vkontakte hat Pawel Durow, Gründer und Generaldirektor des russischen sozialen Netzwerks, gekündigt – offenbar ohne die Zustimmung der Aktionäre. Zuvor hatte Durow selbst seinen Rücktritt verkündet, später jedoch widerrufen. Er befindet sich jetzt in den USA.

Das größte soziale Netzwerk in Russland Vkontakte hat seinen Generaldirektor Pawel Durow, dem Gründer von Vkontakte, verloren. Das zumindest berichteten russische Medien unter Berufung auf den Geschäftsführer des sozialen Netzwerks Dmitrii Sergejew. Auch der Pressesprecher des Unternehmens Georgii Lobuschkin hat diese Information bestätigt. Doch ob Durow tatsächlich gekündigt ist oder nicht, ist unklar. Denn die Entscheidung Sergejews stützen Aktionäre des zweitgrößten Mitinhabers des Netzwerks nicht.

 

War der Rücktritt ein Aprilscherz?

Am 1. April hatte Durow seinen Rücktritt bekannt gegeben, doch zwei Tage später teilte er mit, dass es sich um einen Aprilscherz gehandelt habe. Man nahm das Entlassungsgesuch allerdings ernst: Die Aktionäre erklärten, dass Durow seinen Rücktrittsgesuch nicht mehr zurücknehmen könne und entlassen werden müsse.

Wie der Geschäftsführer von Vkontakte Dmitri Sergejew sagte, habe Durow seinen Rücktritt bereits am 21. März eingereicht. Nach der russischen Gesetzgebung hätte Durow seine Kündigung im Lauf von einem Monat zurücknehmen können. Das habe er aber nicht getan und gestern Abend nun hätte man Durow gekündigt, erklärte Sergejew. Eine Quelle, die dem sozialen Netzwerk nahesteht, teilte der Zeitung „Wedomosti" hingegen mit, Durow habe den Aktionären eine E-Mail geschickt mit der Erklärung, dass er im Unternehmen bleibe. Eine E-Mail habe in dieser Situation aber nicht genügt, um das Rücktrittsgesuch zurückzunehmen, erklärten die Vertreter des sozialen Netzwerks. Das Arbeitsgesetzbuch der Russischen Föderation schreibt jedoch nicht vor, wie das Zurückziehen einer Kündigung auszusehen hat.

Sergejew hofft nun auf eine Einigung zwischen Durow und den Aktionären, was Durows Mitwirkung an der weiteren Entwicklung von Vkontakte angeht. „Pawel ist der Gründer von Vkontakte, er ist ein Visionär, ein äußerst talentierter Mann. Seine Mitarbeit ist von großer Bedeutung", zitierte „Wedomosti" den Vkontakte-Geschäftsführer. Man habe den Posten als Entwickler des Netzwerks eigens für Durow geschaffen, heißt es weiter.

Doch nicht alle Aktionäre sprechen sich für eine Entlassung Durows aus. Am Dienstag haben Vertreter des Fonds United Capital Partners (UCP), der 48 Prozent des Netzwerks hält, den Rücktritt von Durow für ungültig erklärt. „Herr Sergejew hat wohl seine Vollmacht überschritten, indem er eine solche

Entscheidung getroffen hat, ohne sie mit dem Vorstand zu besprechen", sagte der Aktionär Jurij Katschuro und fügte hinzu: „Wir empfinden auch keine besondere Sympathie für Pawel Durow, aber wir legen großen Wert darauf, diese für das Unternehmen enorm wichtige Entscheidung im korrekten rechtlichen Verfahren zu verhandeln. Die Frage um den Generaldirektor von VKontakte wird daher auf der nächsten Vorstandssitzung behandelt werden." Sergejew wies indes darauf hin, dass eine Zustimmung von UCP zur Kündigung von Durow nicht notwendig sei. „Rechtlich gesehen ist Durow kein Generaldirektor mehr, das sind schon geschehene Dinge", sagte Sergejew dazu.

 

Druck vonseiten des Geheimdienstes

Gerüchte über eine mögliche Entlassung von Durow kamen erstmals in Umlauf, als United Capital Partners (UCP) Mitinhaber des sozialen Netzwerks wurde. Unter anderem warfen die Aktionäre Durow vor, Vkontakte für die Arbeit an seinem im Sommer 2013 gegründeten Instantmessenger Telegram genutzt zu haben. Laut UCP konkurriert dieses mit dem sozialen Netzwerk.

Von seiner angeblichen Entlassung habe Durow selbst nur aus den Medien erfahren, wie er auf seiner Vkontakte-Seite schrieb. Das von ihm geschaffene soziale Netzwerk gehe nun in die absolute Kontrolle von Igor Setschin, dem Chef des staatlichen Ölunternehmens Rosneft, und Alischer Usmanow, dem Milliardären und Hauptaktionären der Internetholding Mail.ru Group, über, erklärte der Mitgründer von Vkontakte.

Unter Druck des russischen Inlandgeheimdienstes habe Durow zwölf Prozent seiner Aktien an Iwan Tawrin, dem Generaldirektor des Netzbetreibers Megafon, verkaufen müssen, wie Durow vergangene Woche

mitgeteilt hatte. Im Dezember 2013 hätte der Föderale Dienst für Sicherheit (FSB) Daten über prowestliche Aktivisten in der Ukraine verlangt, erklärte Durow. Die Scans der Briefe mit den offiziellen Anfragen des Geheimdienstes habe er seinem Rücktrittsgesuch beigefügt. „Um diese Anfragen abzulehnen, musste ich vieles opfern, darunter auch meine Aktien von Vkontakte. Aber der Schutz der persönlichen Information ist wichtiger", schrieb Durow auf seiner Vkontakte-Seite. Im März verkaufte Tawrin sein Aktienpaket an das Unternehmen Mail.ru Group, das jetzt über fast 52 Prozent der Aktien verfügt.

In einem Kommentar auf seiner Vkontakte-Seite zu seiner Entlassung schrieb Durow: „In der russischen Realität scheint das unvermeidlich zu sein, aber ich freue mich, dass wir siebeneinhalb Jahre durchgehalten haben. Wir haben viel erreicht. Und das kann man uns nicht nehmen." Inzwischen befindet sich Durow in den USA und „hat nicht vor, nach Russland zurückzukehren", wie Durow gegenüber dem Blog „TechCrunch" erklärte.

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