Zentralasien: Russlands Einfluss schwindet

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein Amtskollege aus Kasachstan Nursultan Nasarbajew. Foto: ITAR-TASS

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein Amtskollege aus Kasachstan Nursultan Nasarbajew. Foto: ITAR-TASS

Für Russland spielen in der Zusammenarbeit mit den Staaten Zentralasiens oft militärische Interessen die Hauptrolle. Die jeweiligen Partnerländer schätzen vor allem die wirtschaftlichen Vorteile einer Zusammenarbeit mit Russland.

Kasachstan

Russland und Kasachstan verbindet nicht nur eine gemeinsame Grenze über 7 600 Kilometer. Die Russen stellen immerhin noch einen Bevölkerungsanteil von 22 Prozent in Kasachstan. Beide Staaten pflegen gemeinschaftliche Wirtschaftsinteressen und verfolgen eine gemeinsame Sicherheitspolitik. Eine Reihe bilateraler Vereinbarungen regeln die Beziehungen zwischen Moskau und Astana, die in der Vergangenheit stets von einem konstruktiven Dialog geprägt waren. Dennoch wird eine zu enge Anbindung an Russland in Kasachstan kritisch gesehen. Das zeigt sich vor allem in der Diskussion um die Gründung der Eurasischen Union. In Kasachstan befürchtet man eine zu aktive Rolle des Kremls. Kasachstan betrachtet das Projekt rein wirtschaftlich. „Wir gründen eine Wirtschaftsgemeinschaft", stellt Präsident Nursultan Nasarbajew klar. Er rief den Kreml wiederholt auf, eine übermäßige Politisierung zu vermeiden. „Die Kommission sollte keine Regelungen in den Vertrag aufnehmen, die die Grenzen einer rein wirtschaftlichen Integration überschreiten", sagte Nasarbajew.

 

Kirgistan

Der Einfluss Russlands auf Kirgistan ist weitaus größer. Nach der Wahl des als pro-russisch geltenden Präsidenten Almasbek Atambajew im Jahr 2011 verstärkte Russland seine militärische und wirtschaftliche Präsenz. Moskau vereinbarte mit Bischkek eine Nutzung des Militärflughafens in der Stadt

Kant, wo der Militärstützpunkt 999 der russischen Luftwaffe stationiert ist. Die Zusammenarbeit ist langfristig angelegt. Der Vertrag läuft über einen Zeitraum von 49 Jahren mit einer nachfolgenden Option auf Verlängerung über weitere 25 Jahre. Im Gegenzug verpflichtete sich Russland, die kirgisische Armee umzurüsten und stellte für diesen Zweck etwa 870 Millionen Euro bereit.

Für Kirgistan selbst zählt vor allem die finanzielle Unterstützung durch den starken Partner, beginnend mit der Vergabe von Krediten bis zur Zusammenarbeit in den Integrationsprojekten Zollunion und Eurasische Union. Im vergangenen Jahr erließ Russland Kirgistan Schulden in Höhe von etwa 360 Millionen Euro. Russland tätigte große Investitionen im Energiebereich. Der russische Energiekonzern Gazprom übernahm erst Anfang April das staatliche kirgisische Energieunternehmen Kyrgysgas. Die Gas- und Stromversorgung wird nun durch Moskau sichergestellt. Zusätzlich wird Russland das Wasserkraftwerk Kambaratin bauen.

Dennoch sind die Beziehungen zwischen Moskau und Bischkek nicht unbelastet. Kirgistan gilt als innenpolitisch instabil. Neue Unruhen in Kirgistan könnten einen Machtwechsel und eine neue Außenpolitik zur Folge haben. In Russland wird eine Intensivierung der bilateralen Kontakte zwischen Kirgistan und den USA, die ihren Anfang mit dem Beginn der Krise in der Ukraine nahmen, aufmerksam beobachtet.

 

Tadschikistan

Тadschikistan gilt als schwieriger Partner der Russischen Föderation in Zentralasien. Duschanbe bemüht sich seit einigen Jahren, eine Balance in

der Außenpolitik zwischen Moskau und Washington zu finden. Moskaus wichtigster Machthebel gegenüber Duschanbe sind die tadschikischen Arbeitsmigranten, von denen über eine Million in Russland leben. Im vergangenen Jahr brachten diese etwa 2,5 Milliarden Euro in ihre Heimat, das sind fast 50 Prozent des tadschikischen Bruttoinlandsprodukts.

Bei den letzten Präsidentschaftswahlen im November vergangenen Jahres unterstützte Moskau den seit 1994 im Amt befindlichen Präsidenten Emomali Rahmon. Unter Rahmon wurde die militärische Zusammenarbeit verstärkt. Die russische Militärbasis 201 wird nun 49 Jahre lang in der zentralasiatischen Republik stationiert sein. Ein weiteres wichtiges Militärobjekt der Russischen Föderation ist die Weltraumüberwachungsstation Okno in Norak.

Die wirtschaftliche Zusammenarbeit hingegen entwickelt sich äußerst schleppend. Insbesondere, seitdem Tadschikistan seinen vertraglichen Pflichten im Zusammenhang mit dem von Russland gebauten und in Betrieb genommenen Wasserkraftwerk Sangtuda-1 nicht nachkommt und die Zahlungen für die dort erzeugte Energie eingestellt hat. Ende 2013 betrugen die Schulden Tadschikistans gegenüber Russland etwa 65 Millionen Euro.

 

Usbekistan

Im Unterschied zu Kirgistan und Tadschikistan ist Russland in Usbekistan weder militärisch noch wirtschaftlich präsent. Usbekistan ist aus den Integrationsprojekten GUS, Eurasische Wirtschaftsgemeinschaft und OVKS - Organisation des Vertrags über kollektive Sicherheit, ausgetreten. Taschkent setzt auf bilaterale Beziehungen mit Moskau. Präsident Islam Karimow erklärte wiederholt, die Beziehungen zwischen Usbekistan und Russland hätten den Charakter einer strategischen Partnerschaft, die beiden Länder seien Bündnispartner. Statistiken zufolge sinkt auch der Anteil der russischsprachigen Bevölkerung in diesem Land: Während 1989 noch etwa 1,8 Millionen Menschen hauptsächlich russisch sprachen, sank der Anteil nach heutiger Einschätzung auf etwa 500 000. Taschkent hat sich in gewissem Maße von Russland distanziert, nicht aber um der Annäherung an einen dritten Staat willen.

 

Turkmenistan

Nach dem Zerfall der UdSSR verfolgte Aschgabat eine Politik der Isolation. Turkmenistan ist lediglich assoziiertes Mitglied der GUS und beteiligt sich

sehr selten an Maßnahmen der Gemeinschaft. Im Jahr 2012 richtete Aschgabat den Gipfel der Staatsoberhäupter der GUS aus. An multilateralen Allianzen zeigt Turkmenistan kein Interesse.

Die Zusammenarbeit zwischen Russland und Turkmenistan beschränkt sich auf die Energiewirtschaft. Doch der Gasankauf durch Russland ist rückläufig. Gazprom kaufte bis 2009 ungefähr 65 Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr. Seitdem ging das Volumen auf zehn Milliarden Kubikmeter jährlich zurück. Ungeachtet einer gewissen Liberalisierung und der Reformen in den vergangenen Jahren ist es immer noch das am meisten verschlossene Land des postsowjetischen Raums.

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