Ukraine-Konflikt: Ein erster Schritt in Richtung Frieden

Die Konfliktparteien sitzen in Donezk erstmals an einem Tisch. Foto: Reuters

Die Konfliktparteien sitzen in Donezk erstmals an einem Tisch. Foto: Reuters

Gibt es bald Frieden in der Ostukraine? Putin hat sich klar gegen eine russische Militärintervention im Nachbarland ausgesprochen und die Konfliktparteien sitzen in Donezk erstmals gemeinsam an einem Tisch. Ein schnelles Ende sei nicht zu erwarten, doch Gespräche ebneten den Weg, meinen Experten.

Im „Haus der Regierung" in Donezk versammelten sich Vertreter aller Konfliktparteien zum Gespräch. Alexandr Borodaj, Anführer der Aufständischen in Donezk, Wiktor Medwedtschuk von der Bewegung „Ukrainskij wybor" („Ukrainische Wahl"), Leonid Kutschma als Gesandter des ukrainischen Präsidenten, der russische Botschafter in der Ukraine Michail Surabow und OSZE-Sondervertreterin Heidi Tagliavini trafen sich, um Pläne für eine friedliche Regelung des anhaltenden Konflikts in der Ostukraine zu diskutieren.

Nach Angaben der Zeitung „Ukrainskaja prawda" vertritt Leonid Kutschma den ukrainischen Außenminister Pavlo Klimkin. Dieser ist zurzeit in Brüssel, um den wirtschaftlichen Teil des Assoziierungsabkommens zwischen der Ukraine und der EU zu unterzeichnen.

Die ukrainische Regierung hält an ihrem 15-Punkte-Friedensplan fest. Dieser Plan sieht unter anderem Sicherheitsgarantien für alle Teilnehmer der Gespräche vor sowie eine Amnestie für diejenigen, die keine schweren Verbrechen begangen haben und freiwillig ihre Waffen niederlegen. Außerdem ist geplant, eine Art Pufferzone von zehn Kilometern Breite an der ukrainisch-russischen Grenze einzurichten. Zudem sollen „unrechtmäßig besetzte Verwaltungsgebäude in den Regionen Donezk und Lugansk" freigegeben werden. Die Vertreter des Südostens bestehen auf einer „Abstimmung zur Statussicherung der Volksrepubliken". Es ist unklar, ob damit eine Föderalisierung oder die Autonomie der Volksrepubliken gemeint ist.

 

Sind die Gespräche zum Scheitern verurteilt?

Der russische Politikwissenschaftler Sergej Michejew hält die Bedingungen von Poroschenkos Friedensplan für unvereinbar mit den Positionen der Aufständischen. Für ihn ist der Plan eine Farce: Die Ukraine wolle lediglich gegenüber ausländischen Beobachtern den Anschein ernsthafter Friedensbemühungen erwecken. Am 27. Juli, so der Experte, wenn die von Poroschenko ausgerufene Waffenruhe beendet ist, werde der ukrainische Präsident erklären, vonseiten der Ukraine sei alles getan worden, doch die Aufständischen würden sich weigern, die gestellten Bedingungen zu erfüllen. „Dann werden die Kampfhandlungen wieder aufgenommen", meint Michejew. Gleichwohl diese tatsächlich nie unterbrochen worden seien, fügt der Experte hinzu: „Wir sehen regelmäßig Nachrichten von ukrainischen Soldaten über anhaltende Kämpfe mit sogenannten Terroristen."

Andere Experten teilen Michejews Meinung, dass die Gespräche in Donezk nicht mit einem Friedensabkommen enden werden. Sie vertreten jedoch

die Auffassung, dass eine Basis für künftige Gespräche geschaffen werden könne. Der ukrainische Politologe Wadim Karasew beispielsweise hält bereits den Umstand, dass überhaupt miteinander geredet wird, für ein gutes Zeichen. Es zeige sich eine grundlegende Bereitschaft Russlands und der Ukraine, dem Blutvergießen im Land ein Ende zu setzen. „Kiew kann den politischen Flügel der Donezker und Lugansker ‚Volksrepubliken' in sein politisches System integrieren", sagt Karasew. Der Experte kann sich eine neue Regionalmacht nach dem Vorbild der nordirischen Partei „Sinn Fein", die sich vom Terrorismus distanziert hat, vorstellen. „Die politischen Bewegungen im Osten der Ukraine sollten das Recht erhalten, an Parlamentswahlen teilzunehmen, und die Region sollten einen neuen Status im Rahmen der asymmetrischen Dezentralisierung erhalten", so der Experte.

 

Putins symbolische Geste

Als positives Zeichen wird allgemein die an das Parlament der Russischen Föderation gerichtete Bitte Putins, die Erlaubnis für eine militärische Intervention Russlands in der Ukraine zurückzunehmen, gewertet. Wie der Präsidiumschef des Rats für Außen- und Verteidigungspolitik Fjodor

Lukjanow sagte, zeige Russland damit eine „Geste des guten Willens" und auch, dass es keine Notwendigkeit einer militärischen Intervention gebe. „Die Interventionserlaubnis hatte mehr symbolischen Wert", erklärte Lukjanow gegenüber RIA Novosti. Ebenso sei die Rücknahme symbolisch zu verstehen. „Russland will damit zeigen, dass es erstens an einer friedlichen Regelung interessiert ist und zweitens auch glaubt, dass eine solche möglich ist", sagte Lukjanow.

Auch Wadim Karasew begrüßt Putins Vorgehen. „Das beweist, dass die Gespräche in Donezk ein wirklich wichtiger politischer Prozess sind. Es gibt ein Grundverständnis für gegensätzliche Positionen und die Parteien meinen es diesmal ernst", glaubt der ukrainische Experte.

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