Foto: Reuters
Die Aussagen der offiziellen ukrainischen Stellen selbst und der Aufständischen widersprechen sich. Anton Geraschtschenko, Berater des Innenministers der Ukraine, erklärte auf seiner Facebook-Seite, dass das Flugzeug vom Raketen-Abwehrsystem „Buk" abgeschossen worden sei. Witalii Jarema, ukrainischer Generalstaatsanwalt, hingegen sagte im Interview mit der Zeitung „Ukrainskaja Prawda", dass es keine Raketen-Abwehrsysteme „Buk" und C-300 in den Händen der Aufständischen in den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk gebe.
„Der ukrainische Präsident Poroschenko geht davon aus, dass es sich weder um einen Unfall oder um eine Katastrophe, sondern um einen Terrorakt handelt", schrieb Swjatoslaw Zegolko, Pressesprecher des Präsidenten, auf Twitter. Die ukrainische Präsidialverwaltung teilte mit, dass das Flugzeug auch vom Territorium Russlands aus abgeschossen worden sein könnte und betonte, dass „die ukrainische Armee keine Handlungen gegen Ziele im Luftraum ausgeübt hat".
Die „Regierung" in Donezk wies jede Schuld am Absturz des Flugzeugs zurück. Die „Volkswehr" verfüge über keine Waffen, um ein Flugzeug aus einer Höhe von 10 000 Metern abzuschießen. Man verfüge lediglich über Lenkwaffensysteme, die ein Flugzeug bis zu einer Höhe von 3 000 bis 4 000 Metern Höhe abschießen können, sagte Sergei Kawtaradze, Vertreter des Ministerpräsidenten der Volksrepublik Donezk und beschuldigte die ukrainische Armee des Abschusses der malaysischen Passagiermaschine.
Die Version Russlands
Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, es habe mithilfe des mobilen Radarsystems vom Typ „Kupol" 30 Kilometer südlich von Donezk, in der Nähe des Dorfes Stila, das Raketen-Abwehrsystem „Buk-M1" ausgemacht. Dieses ermögliche den Austausch von Informationen zwischen den einzelnen Abwehrbatterien eines Bataillons. Dem Verteidigungsministerium zufolge könnte der Abschuss von allen Abwehrbatterien durchgeführt worden sein, die sich in der Nähe befanden, das heißt entweder von dem acht Kilometer nördlich von Donezk liegenden Dorf Awdeewka oder dem 25 Kilometer östlich von Donezk liegenden Dorf Gruzsko-Sapjanskoje aus.
Die russische Armee besitze keine Raketen-Abwehrsysteme des Typs „Buk-M1", sagte Wiktor Litowkin, Oberst der russischen Armee und unabhängiger Militärexperte. Man verfüge lediglich über die Raketen-Abwehrsysteme „Buk-M2", die für einen Laien dem Raketen-Abwehrsystem „Buk-M1" ähnlich sehen. Das Raketen-Abwehrsystem „Buk-M1" sei allerdings im Dienstgebrauch der ukrainischen Armee. Obwohl es Raketen-Abwehrsysteme vom Typ „Buk-M2" an der russisch-ukrainischen Grenze geben könnte, so Litowkin weiter, hätten sie sich zu weit entfernt vom Abschussgebiet befunden. Die Reichweite dieser Raketen-Abwehrsysteme sei mit 30 Kilometern begrenzt. Die Boeing 777 sei in einer Entfernung von 50 Kilometern von der Grenze abgestürzt. Außerdem sei das Flugzeug nicht sofort in der Luft zerstört worden, sondern noch etwa 100 Kilometer gefallen, bevor es mit der Erde kollidiert sei. Augenzeugen hätten diese These unterstützt.
Kollision in der Luft
Nach Angaben des russischen Nachrichtenportals „Dni.ru", das sich auf den Pressedienst der sogenannten Volksrepublik Lugansk beruft, hätte die Boeing 777 mit dem ukrainischen Flugzeug SU-25 in der Luft kollidieren
können. Augenzeugen, die die Boeing 777 in der Luft beobachtet hätten, berichteten von einer Attacke eines ukrainischen Kampfjets. Nach diesem Angriff sei das Flugzeug in der Luft zerstört worden. Gleich danach seien zwei Teile des Flugzeugs auf das Territorium der „Volksrepublik Donezk" gestürzt. „Jetzt sucht man nach dem abgefeuerten Flugzeug", schreibt das Portal.
Ein Spanier, der behauptet, er sei Flugbetriebsleiter im Kiewer Flughafen Borispol, schrieb auf Twitter, dass man einige Minuten vor dem Absturz der Boeing zwei ukrainische Kampfjets auf dem Radar gesehen hätte. „Kampfjets flogen nicht weit von der Boeing 777 und nach drei Minuten war die malaysische Maschine vom Radar verschwunden, nach nur drei Minuten", schrieb er. „Das Flugzeug war von dem Radar verschwunden und die Regierung in Kiew teilte mit, es sei abgestürzt. Wie kann man von so was so schnell erfahren?", fragte er weiter. Später wurde sein Account gelöscht. Es ist nicht klar, ob der User wirklich ein ausländischer Flugbetriebsleiter des Flughafens war oder ob es sich um einen Fake handelt.
Der europäische Dienst für die Luftraumkontrolle Eurocontrol geht davon aus, dass der Absturz des Flugzeugs Boeing 777 über dem Osten der Ukraine ein Unfall war. Das bestätigte ein Vertreter des Dienstes im Interview mit „Welt Online".
Die Boeing 777, die auf dem Weg von Amsterdam nach Kuala Lumpur war, stürzte am Donnerstagabend in der Ost-Ukraine ab. An Bord befanden sich 298 Personen. Nach Angaben der Fluggesellschaft waren darunter 154 Niederländer, 27 Australier, 23 Malaysier, 11 Indonesier, 6 Briten, 4 Deutsche, 4 Belgier, 3 Philippiner und 1 Kanadier.
Die Nationalitäten der anderen 41 Opfer konnten noch nicht festgestellt werden. Anderen Angaben zufolge waren unter den Opfern 23 Amerikaner. Alle 15 Besatzungsmitglieder waren Malaysier.
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