Ukraine-Krise: Kiew und Aufständische beschließen Gefangenenaustausch

Politischen Fortschritt könne man bei der Ukraine-Krise nur durch das Einwirken von Europa, den USA und Russland erzielen, meinen Experten. Foto: Reuters

Politischen Fortschritt könne man bei der Ukraine-Krise nur durch das Einwirken von Europa, den USA und Russland erzielen, meinen Experten. Foto: Reuters

Bei einem Treffen in Minsk haben sich die ukrainische Regierung und die Aufständischen auf den Austausch von jeweils 20 Kriegsgefangenen geeinigt. Eine Lösung für den andauernden Konflikt gibt es jedoch nicht.

Nach den jüngsten Verhandlungen zur Regulierung des Konflikts in der Ukraine im belarussischen Minsk haben die Konfliktparteien beschlossen, insgesamt 40 Gefangene auszutauschen. Eine Lösung für die Krise in der Ukraine präsentierte jedoch keine der Seiten.

Andrej Purgin, Vize-Premierminister der „Volksrepublik Donezk“, berichtete dem russischen Nachrichtenportal „gazeta.ru“ von dem Ergebnis des Treffens: „Wir tauschen die Gefangenen nach dem Zufallsprinzip aus. Die Namen werden zufällig ausgewählt, das Los entscheidet.“ Enttäuscht fügte er hinzu: „Diese technischen Fragen hätte man allerdings auch am Telefon oder per Skype besprechen können, dafür wäre kein Treffen auf fremdem Gebiet erforderlich gewesen. Man hätte auch nicht Belarus bitten müssen, einen Ort zur Verfügung zu stellen.“ Er merkte weiter an, dass während der Verhandlungen eine Gruppe holländischer und australischer Polizisten am Wrack der abgestürzten Boeing 777 angekommen sei. Diese könnten das ukrainische Militär vor Ort unterstützen, befürchtet Purgin.

Die Verhandlungen würden nicht fortgesetzt, es seien keine weiteren Besprechungen vorgesehen, erklärte der Vizechef weiter und erläuterte:

„Die ukrainische Seite verlangt, dass zunächst Verhandlungen über den Zugang von 700 holländischen und 1 500 australischen Polizisten zu dem Gebiet der Volksrepublik Donezk geführt werden. Uns ist ein Rätsel, was für Aufgaben sie 100 Kilometer von der Unglücksstelle entfernt erledigen sollen.“ Die Unglücksstelle der Boeing 777 sei unter der Aufsicht der Aufständischen entmilitarisiert worden, betonte Purgin, alle Blockposten sowie bewaffnete Truppen hätten das Gebiet verlassen. Doch die ukrainischen Regierungstruppen hätten sich nicht an der Entmilitarisierung beteiligt. „Jetzt finden in der Nähe der Unglücksstelle schwere Gefechte statt“, so Purgin.

Vor dem Beginn der Gespräche hatte der Präsident der Ukraine Pjotr Poroschenko erklärt, dass Kiew zum einen über die Rückkehr aller ukrainischen Gefangenen verhandeln und zum anderen klären wolle, wie ein sicheres Arbeiten internationaler Experten am Absturzort der Boeing 777 gewährleistet werden könne.

 

Kann die Krise noch friedlich beendet werden?

Wie Alexej Arbatow, Direktor des Zentrums für internationale Sicherheit am Institut für Weltwirtschaft und internationale Beziehungen an der Russischen Akademie der Wissenschaften, gegenüber RBTH erklärte, könnte die Krise nur durch unmittelbaren Druck vonseiten Moskaus und Washingtons beendet werden. „Politischen Fortschritt kann man bei der Krise nur durch das Einwirken von Europa, den USA und Russland erzielen. Nur dann kann dieser schwere und sinnlose Konflikt beendet

werden“, ist Arbatow überzeugt. Seiner Meinung nach sind dafür der Einsatz der OSZE an den Grenzübergangspunkten zu Russland sowie eine sofortige Waffenruhe unerlässlich. „Danach könnte es Gespräche über eine Entwaffnung der Aufständischen und den Abzug der ukrainischen Armee geben. Es ist auch unbedingt notwendig, über den besonderen Status der Gebiete Lugansk und Donezk als Gebiete der Ukraine mit Sonderrechten in den Bereichen Wirtschaft und Soziales zu verhandeln. Anders wird man keine Fortschritte erzielen können“, unterstrich der Experte.

Rostislaw Ischtschenko, Präsident des Zentrums für Systemanalyse und Prognostizierung in Moskau, erklärte in einem Interview mit dem russischen Portal „Aktualnye kommentarii“, dass man nur dann Fortschritte in den Verhandlungen erzielen könne, wenn man gemeinsame Berührungspunkte finde. „Der Präsident der Ukraine hat einen ‚Plan Poroschenko‘ im Kopf, der die Kapitulation der Aufständischen vorsieht. Die Aufständischen fordern ihrerseits die Anerkennung und Unabhängigkeit ihrer Volksrepubliken. Keine der beiden Seiten kann also die Bedingungen der anderen Seite akzeptieren“, erklärte Ischtschenko und führte aus: „Würden zum Beispiel die Aufständischen kapitulieren, so wäre seitens der Kiewer Regierung nicht garantiert, dass die Nationalgarde und der ‚Rechte Sektor‘

der Regierung nicht weiter bestehen würden. Und wenn Kiew die Unabhängigkeit der Regionen anerkennen würde, würde Poroschenko sich des Verrats schuldig machen. Er würde als Unterstützer der Feinde der Ukraine gelten und einen Aufstand unter den Leuten provozieren, die jetzt mit den Aufständischen auf Kriegsfuß stehen und diese bekämpfen“, so der Experte. Seiner Meinung nach ist es bisher nicht vorstellbar, dass die beiden Seiten mit ihren diametral gegensätzlichen Positionen einen gemeinsamen Nenner finden und einen neuen politischen Plan ausarbeiten, mit dem beide Seiten zufrieden sein können.

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