In russischen Medien mehren sich Berichte über in der Ukraine gefallene Soldaten. Journalisten und Blogger weisen darauf hin, dass viele zuvor sehr aktive Accounts von Angehörigen der Luftlandetruppen in Pskow in den sozialen Netzwerken seit Mitte August nicht mehr aktualisiert worden sind. Foto: Reuters
Am vergangenen Montag sollen in der Nähe des Ortes Pskow, der etwa 730 Kilometer von Moskau entfernt in Russlands Nordwesten liegt, russische Fallschirmjäger beerdigt worden sein. Die russische Zeitung „Slon.ru“ berichtete von frischen Grabstätten auf dem Friedhof von Pskow. Die dort begrabenen Soldaten der Luftlandetruppen sollen bei Kämpfen im Südosten der Ukraine gefallen sein. Ein Beobachter berichtete „Slon.ru“ von angeblich hundert Trauergästen. Die Begräbniszeremonie habe unter Polizeischutz stattgefunden, nur Angehörige hätten teilnehmen dürfen, heißt es bei „Slon.ru“ weiter.
Bei den angeblich beerdigten Soldaten soll es sich unter anderem um Leonid Kitschatkin handeln. Der Name des zweiten Soldaten wird mit
Osipow angegeben. Erste Spekulationen über Kitschatkins Tod kursierten im Internet bereits am 24. August. Die Ehefrau Kitschatkins informierte auf der V-Kontakte-Profilseite des Soldaten über die Beerdigung. Später wurde die Seite entfernt. In einem Telefongespräch mit Journalisten beteuerte jedoch die Familie des Fallschirmjägers, Kitschatkin sei noch am Leben. Am Telefon habe sich auch ein Mann als Leonid Kitschatkin ausgegeben.
In russischen Medien und den sozialen Netzwerken mehren sich Berichte über in der Ukraine gefallene Soldaten. Journalisten und Blogger wie Wiktor Kadotschnikow weisen darauf hin, dass viele zuvor sehr aktive Accounts von Angehörigen der Luftlandetruppen in Pskow in den sozialen Netzwerken seit Mitte August nicht mehr aktualisiert worden seien. Die letzte Online-Aktivität eines einzelnen Soldaten sei am 17. August gewesen. „Das war’s!“, schreibt Kadotschnikow bei Livejournal und vermutet, dass es „am 15. oder 16. irgendeinen Kampf“ gegeben habe und die meisten der Soldaten, die einen Account hatten, nicht mehr leben würden.
Am 25. August twitterte einer der Herausgeber der Zeitschrift „Look at me“, er sei einem Mann begegnet, der auf dem Weg zur Beerdigung seines Sohnes gewesen sei. Der Sohn, ein Fallschirmjäger, sei bei Donezk gefallen. Die Online-Zeitung „Tschernowik“ aus Dagestan meldete den Tod von mindestens zehn Soldaten in der umkämpften Region. „Tschernowik“ berichtet unter Verweis auf anonyme Quellen, die Soldaten würden „unter Druck gesetzt“, in der Ukraine zu kämpfen. Wer den Einsatz verweigere, werde in der Kaserne vorgeführt und als Feigling diffamiert, berichtet „Tschernowik“.
Erzwungene Freiwilligkeit?
Walentina Melnikowa, Vorsitzende des Komitees der Soldatenmütter Russlands, bestätigte gegenüber RBTH, dass russische Soldaten gegen ihren Willen in den Südosten der Ukraine geschickt würden, darunter auch Wehrpflichtige. „Wir haben entsprechende Beschwerden aus der Division in Rjasan erhalten. Die Soldaten werden gezwungen, einen Vertrag zu unterschreiben, dass sie als Freiwillige in der Ukraine kämpfen, und werden anschließend in die Ukraine geschickt.“ Sie erzählt, die Eltern eines wehrpflichtigen Soldaten hätten von ihrem Sohn eine SMS erhalten, in der es heißt: „Oberst Medinskij hat uns versammelt und gesagt, wir würden nach Luhansk geschickt. Wenn wir den Vertrag nicht unterschrieben, würde er das für uns tun. Unter Druck haben wir unterschrieben.“ In diesem Falle seien Amtsbefugnisse überschritten worden, sagt Melnikowa und erklärt, das Komitee der Soldatenmütter habe die Militäranwaltschaft kontaktiert, die die Vorwürfe überprüfen solle. Solche Verträge seien juristisch anfechtbar.
Die russische Regierung dementiert nach wie vor, dass russische Soldaten an den Kampfhandlungen in der Ukraine beteiligt seien. Berichte über die Beerdigung gefallener russischer Soldaten kommentierte Igor Konanschenkow vom Verteidigungsministerium der Russischen Föderation spöttisch: „Das soll wohl wieder einmal ein Beweis für die russische Anwesenheit in der Ukraine sein.“ Es sei der gefühlt tausendste Beweis. Als Nächstes würden wohl eine Kalaschnikow oder eine russische F-1-Granate oder gefälschte Tagebücher russischer Soldaten auftauchen, bemerkte Konanschenkow.
Kreml-Sprecher Dmitri Peskow erklärte der Nachrichtenagentur Itar-Tass, dass allen Hinweisen detailliert nachgegangen werde. Ihm sei jedoch nicht bekannt, ob das auch für die angeblichen Beerdigungen in Pskow gelte. Gegenüber RBTH war das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation weder zu einem Kommentar zu den Ereignissen in Pskow noch zu dem Antrag des Komitees der Soldatenmütter bei der Militäranwaltschaft bereit.
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