SOZ-Gipfeltreffen: Putin spricht sich für Allianz-Erweiterung aus

Russland ist neuer Vorsitz der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Foto: AP

Russland ist neuer Vorsitz der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit. Foto: AP

Beim Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit fand Russland Unterstützung für den politischen Kurs in der Ukraine. Im nächsten Jahr könnte die Organisation Zuwachs durch Indien und Pakistan bekommen. Lesen Sie, wie russische Experten die Ergebnisse des Gipfels bewerten.

Beim Gipfeltreffen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ), das vom 11. bis 12. September in der tadschikischen Hauptstadt Duschanbe stattfand, haben die Staatschefs der sechs Mitgliedsstaaten Russland, China, Kasachstan, Kirgisien, Tadschikistan und Usbekistan mehrere Abkommen unterzeichnet. Gegenstand war die Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten in die Organisation, konkret ging es dabei um Indien und Pakistan. Auch der Iran hat Interesse an einer Aufnahme signalisiert.

Laut Kreml-Berater Jurij Uschakow sei ein „Memorandum über die Voraussetzungen für die Aufnahme eines Staates in die SOZ“ und eines über den „Ablauf der Aufnahme eines neuen Staates in die SOZ“ beschlossen worden. Uschakow teilte gegenüber den russischen Medien mit, dass eine Ausweitung der Allianz zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch zu früh sei, angesichts wiederkehrender Spannungen zwischen Indien und China sowie zwischen Indien und Pakistan. Diese könnten die Allianz derzeit schwächen. In diesem Zusammenhang nannte Uschakow auch die Sanktionen gegen den Iran. Die Aufnahme des Irans war erneut abgelehnt worden.

Auf dem nächsten Gipfeltreffen im russischen Ufa im Juli 2015 könnten Indien und Pakistan jedoch als Mitgliedsstaaten in die SOZ aufgenommen werden. Dies deutete zumindest Russlands Präsident Wladimir Putin an, dessen Land nun nach Tadschikistan den SOZ-Vorsitz übernommen hat. Zu den vorrangigen Aufgaben in der Zeit des russischen SOZ-Vorsitzes zählen Putin zufolge die Festigung der Rolle der SOZ im Hinblick auf die regionale Sicherheit, die Aufnahme von multilateralen wirtschaftlichen Großprojekten, die Vertiefung der kulturellen und humanitären Zusammenarbeit sowie die Erarbeitung einer gemeinsamen Herangehensweise an aktuelle regionale und internationale Probleme. Zudem solle auch eine Entwicklungsstrategie der SOZ bis 2025 auf dem nächsten Gipfeltreffen in Ufa vorgestellt werden.

 

Eigeninteressen der Mitgliedsstaaten erschweren einen gemeinsamen Kurs

Aleksandr Knjasew, Experte für Zentralasien und den Mittleren Westen, hat das SOZ-Gipfeltreffen für RBTH analysiert. „Die Organisation hat in ihrer gesamten Geschichte noch nie eine besondere Entwicklungsdynamik an den Tag gelegt“, sagt er. Die Zusammensetzung der Mitgliedsstaaten sei sehr komplex. In wirtschaftlicher Hinsicht dominiere China, Russland habe einen starken politischen Einfluss. „Usbekistan und Kasachstan zeigen sich sehr selbstständig und Kirgisien und Tadschikistan eher inkonsequent“, führt Knjasew weiter aus. Das hemme die Organisation, effektive Entscheidungen zu treffen. Da alle Beschlüsse in der SOZ einen Konsens der Mitgliedsstaaten erforderten, würde zum Beispiel in der Frage der Aufnahme neuer Mitgliedsstaaten kein Ergebnis erzielt. Der Iran, der von allen potenziellen Kandidaten die besten Voraussetzungen mitbringe, sei erneut aufgrund der noch bestehenden Sanktionen gegen das Land abgelehnt worden.

Ungeachtet der Absichtserklärung Putins glaubt Knjasew auch nicht an eine Aufnahme Indiens und Pakistans im nächsten Jahr. Den Grund dafür sieht er nicht nur in den bilateralen Spannungen zwischen diesen Ländern, sondern, im Falle von Indien, auch an der starken Westorientierung des Landes.

„Indien nähert sich in seiner Außenpolitik jedes Jahr stärker an die USA und den Westen an“, stellt Knjasew fest. „Und Pakistan wird zunehmend zu einer Arena, in der China und die USA einen Machtkampf austragen“, fügt er hinzu.

Am Rande des SOZ-Gipfels habe es zudem einige interessante Treffen geben, bemerkt der Experte, so etwa zwischen Russland, China und der Mongolei. Bereits zuvor hatte es ein Treffen des russischen Präsidenten Wladimir Putin mit dem chinesischen Präsidenten Xi Jinping in der mongolischen Hauptstadt Ulan Bator gegeben. Dabei seien Fragen zum Bau der russisch-chinesischen Pipeline über mongolisches Territorium geführt worden, aber auch strategische Aspekte der Entwicklung des Landes habe man diskutiert.

Usbekistan und Kasachstan verfolgen möglicherweise ebenfalls ganz eigene Interessen. Nach einer langen Phase der Stagnation in den Beziehungen trafen sich kürzlich der usbekische Präsident Islom Karimow und sein iranischer Amtskollege Hassan Rohani. Am Vorabend des Gipfeltreffens traf Rohani den kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew in Astana. Die Vermutung liegt nahe, dass die beiden zentralasiatischen Staaten von den Sanktionen gegen den Iran profitieren wollen.  

Der russische Politologe Aleksej Martynow sieht durchaus ein Ergebnis des Gipfeltreffens. Zum einen habe die SOZ sich damit wieder ins Gespräch gebracht. Außerdem sei als eine sehr wichtige Frage die Abkehr vom US-

Dollar als Leitwährung diskutiert worden: „Wenn Russland und China diesen Trend aktiv unterstützen, wäre dies durchaus realistisch. Diese Vorgehensweise würde die USA zweifellos verärgern – ebenso wie die Tatsache, dass die SOZ effektiv zusammenarbeitet“, erklärt Martynow.

Von großer Bedeutung sei auch die Beurteilung zur Lage in der Ukraine gewesen. Die Mitgliedsstaaten der SOZ hatten gemeinsam offiziell erklärt, den russischen Kurs zu unterstützen, und sprachen sich für die Weiterführung von Verhandlungen mit der Ukraine aus. Die sechs Partnerländer begrüßten auch das in Minsk unterzeichnete Abkommen über eine Waffenruhe und befürworteten die Umsetzung der Friedensinitiativen des russischen Präsidenten. Damit sei dem Westen signalisiert worden, dass Russland nicht alleine stehe, meint Martynow.

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