In New York hagelte es weniger Russland-Kritik, als erwartet. Foto: Reuters
Die am Dienstag in New York zu Ende gegangene 69. Generalversammlung der Vereinten Nationen war eine der ereignisreichsten in der Geschichte. Generalsekretär Ban Ki-Moon gab die Marschrichtung vor, indem er ein intensiveres Vorgehen der internationalen Staatengemeinschaft gegen Menschenrechtsverletzungen anmahnte. Der Generalsekretär rief zudem dazu auf, den Islamischen Staat (IS) zu stoppen, und er beklagte, das vergangene Jahr sei im Hinblick auf die Prinzipien der UN-Charta „ein schreckliches" gewesen.
Russland war durch eine Delegation unter Führung des russischen Außenministers Sergej Lawrow vertreten. Lawrow nahm während seiner fünftägigen New-York-Reise zur UN-Generalversammlung an über 50 Veranstaltungen teil und führte über 30 bilaterale Gespräche. „Eine Isolation Russlands habe ich nicht gespürt", resümierte der Außenminister gegenüber Journalisten. Tatsächlich sei das Interesse an seiner Person groß gewesen: „Es gab sogar mehr Kollegen als sonst, die sich mit mir unterhalten wollten", sagte er. Keine bedeutende Frage sei ohne russische Beteiligung entschieden worden. Massive Kritik an Russland blieb weitgehend aus, obwohl die russische Delegation diese durchaus erwartet hatte, wie ein Vertreter gegenüber RBTH verriet. Russland, so der Delegationsteilnehmer, sei zufrieden mit den Ergebnissen und unterstütze das Bestreben der Uno, auf globale und regionale Herausforderungen durch die Suche nach gemeinsamen Lösungen zu reagieren.
Allein US-Präsident Barack Obama nutzte seinen 45-minütigen Auftritt, um die russische Politik zu kritisieren. Auf Obamas Rede hatte Sergej Lawrow eine ausführliche Antwort parat: „Washington deklariert offen sein Recht, einseitig militärische Gewalt einzusetzen, wo immer es beliebt, um die eigenen Interessen zu sichern. Eine militärische Einmischung wurde sogar zur Norm. Und das, obwohl alle Militäroperationen, die die USA in den letzten Jahren unternommen haben, tragisch endeten", sagte er in seinem Redebeitrag.
Lawrow will Resolution gegen Einmischung in innere Angelegenheiten
Vor allem schien es Lawrow in New York ein Anliegen gewesen zu sein, bei möglichst vielen Gelegenheiten darauf hinzuweisen, dass viele internationale Probleme nicht ursächlich bekämpft, sondern lediglich Symptome behandelt würden.
Der Außenminister erinnerte außerdem daran, dass im Jahr 1933 die USA als Bedingung für die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zur damaligen UdSSR eine Garantie verlangt hatte, dass sich diese nicht in innere Belange der USA einmische und sich verpflichte, jedwede Aktionen mit dem Ziel, das politische und soziale System der Vereinigten Staaten zu stürzen, zu unterlassen. Diese Garantie wurde damals beidseitig gegeben. Lawrow schlug nun vor, den damaligen Forderungen der USA in Bezug auf die UdSSR zu universeller Geltung zu verhelfen, und zwar in Form einer Resolution der UN: Staatsstreiche, die von anderen Ländern unterstützt würden, sollten demnach nicht als legitimes Mittel für einen Machtwechsel gelten.
Damit spielte der Außenminister auf die Krise in der Ukraine an. Diese ist seinen Worten nach Ausdruck vielfältiger Probleme im euro-atlantischen Raum, die über Jahre gewachsen und nie gelöst worden seien. Lawrow äußerte die Hoffnung, dass eine friedliche Regelung in der Ukraine von
Dauer sei und bekräftigte die Bereitschaft Russlands, in dieser Frage mit dem Westen zusammenarbeiten zu wollen. Er forderte jedoch auch vom Westen ein Entgegenkommen.
Die Vereinten Nationen berieten am Rande des Gipfels auch über die Abschaffung des Vetorechts der ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrats. Frankreich hatte vorgeschlagen, dass diese zum Beispiel bei massiven Menschenrechtsverletzungen oder Genozid auf ihr Vetorecht verzichten sollten. Russland erklärte erneut, dass es der Meinung sei, die Privilegien der ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats, inklusive des Vetorechts, dürften nicht beschnitten werden. Gennadij Gatilow, der Vize-Außenminister Russlands, betonte, dass der Verzicht auf das Einlegen eines Vetos freiwillig bleiben sollte. Alexander Pankin, der russische UN-Vizebotschafter, sagte laut Berichten von Ria Novosti, das Vetorecht habe mehr als einmal den Sicherheitsrat vor zweifelhaften Entscheidungen bewahrt.
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