Moskau und Washington sagen Islamischen Staat den Kampf an

Russland und die USA wollen gemeinsam gegen den Islamischen Staat kämpfen. Foto: Eduard Pesow/Russisches Außenministerium

Russland und die USA wollen gemeinsam gegen den Islamischen Staat kämpfen. Foto: Eduard Pesow/Russisches Außenministerium

Die Außenminister Russlands und der USA kamen nach dreistündigen Verhandlungen in Paris darüber überein, im Kampf gegen die Terrorgruppe Islamischer Staat enger zusammenzuarbeiten. Ein Kurswechsel in der Sanktionspolitik würde Moskau allerdings zu einem bereitwilligeren Partner machen.

Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-amerikanischer Amtskollege John Kerry verständigten sich am Dienstag in Paris auf eine engere Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus im Nahen Osten. Nach mehrstündigen Verhandlungen bezeichnete der russische Außenminister das Treffen als fruchtbar. Der Ton der abschließenden Erklärungen war insgesamt konstruktiv, wenngleich nicht überschwänglich. Russland und die USA müssten ihre Fronten aufweichen und ihre Kräfte dort bündeln, wo sich ihre Interessen überschneiden, fordern Experten.

 

Der Kampf gegen den Terror im Nahen Osten

Moskau und Washington vereinbarten eine verstärkte Kooperation ihrer Geheimdienste bei der Bekämpfung des Islamischen Staats, der Teile des Iraks und Syriens besetzt hält. „Auf einigen Gebieten können wir effektiver zusammenarbeiten und so die Bemühungen der Weltgemeinschaft zum Erfolg führen", sagte Sergej Lawrow. „Das betrifft insbesondere den Kampf gegen den Terrorismus, der heute die größte Bedrohung im gesamten Nahen Osten darstellt, aber auch die Bekämpfung der Ebola-Seuche."

Nach Aussage des unabhängigen Militärexperten Dmitri Litowkin hat es eine russisch-amerikanische Zusammenarbeit solchen Formats seit dem Beginn

des Nato-Einsatzes in Afghanistan im Jahr 2001 nicht mehr gegeben. „Die Geheimdienste beider Länder haben im Kampf gegen die Taliban seit 2001 umfassend zusammengearbeitet und werden das im Falle des IS wieder tun", erklärt der Experte. Ein russisches Aufklärungszentrum in Syrien hatte Meldungen von terroristischen Organisationen in der Region abgehört. „Russland und die USA beginnen nun mit einem Austausch von Daten über die Positionen der Kämpfer", so der Experte im Gespräch mit RBTH. Seit 2001 habe sich in den Beziehungen zwischen Moskau und Washington vieles verändert, führt Litowkin weiter aus. Eine engere Zusammenarbeit, auch für ein gemeinsames Ziel, könne man heute jedoch noch nicht erwarten. „Eine Aufhebung der Sanktionen würde das Engagement Russlands und seine Aufklärungsbemühungen im Kampf gegen den IS erheblich fördern", glaubt Litowkin.

 

Russland fordert eine Aufhebung der Sanktionen

Am Vorabend des Treffens von Lawrow und Kerry kursierte in den russischen Medien das Gerücht, Kerry werde die Pariser Verhandlungen nutzen, um Moskau zur Einflussnahme auf die Aufständischen in der Südost-Ukraine zu bewegen. Ginge es nach den USA, sollte Russland der Ukraine einige Grenzübergänge überlassen und den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zum Rücktritt überreden.

„Nach dem Treffen waren allerdings keinerlei Erklärungen in diese Richtung zu vernehmen", bemerkt der Vorsitzende des Präsidiums des Rates für Außen- und Verteidigungspolitik Fjodor Lukjanow. Er geht davon aus, dass es der Obama-Administration kaum noch gelingen werde, das Ruder herumzureißen und ihre Außenpolitik gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit in ein anderes Licht zu rücken. „Die derzeitige Lage ist für den Präsidenten nicht eben schmeichelhaft. In den Augen der amerikanischen Öffentlichkeit zeigt er zu wenig Standfestigkeit in den Beziehungen gegenüber Moskau", erklärt Lukjanow.

Nach der Auffassung des Experten hatten die Verhandlungen das vorrangige Ziel, den bilateralen Kontakt zu vertiefen und über Lösungen von drängenden Problemen der Weltpolitik zu beraten. „Die größte Gefahr der gegenwärtigen Situation ist der Verlust an Kooperationsbereitschaft. Das würde konsequente Handlungen und das Interesse aller Beteiligten an einer

Klärung von internationalen Sicherheitsfragen untergraben. Es gibt bislang keinerlei ernstzunehmende Vereinbarungen zwischen den USA und Russland und es wird sie auch nicht geben", meint Lukjanow.

Die Position Moskaus zur Wiederaufnahme der Zusammenarbeit mit Washington erläuterte auch der russische Ministerpräsident Dmitri Medwedjew in einem Interview mit dem US-Fernsehsender CNBC. Die Sanktionen gegen Russland hätten sowohl der amerikanischen als auch der russischen Seite geschadet, sagte er und fügte hinzu, über den Beginn eines neuen Kapitels in den Beziehungen beider Staaten könne ohne eine Aufhebung der Sanktionen nicht gesprochen werden. „Das ist vollkommen unmöglich", stellte Medwedjew fest. „Seien wir ehrlich – nicht wir haben uns die Sanktionen ausgedacht, sondern unsere internationalen Partner. Wir werden die Sanktionen schon überleben, das ist gar keine Frage. Ich zweifle nicht daran, dass es sie irgendwann nicht mehr geben wird. Aber der Schaden, den die Sanktionen unseren Beziehungen zugefügt haben, ist offensichtlich."

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