Foto: Reuters
"Kommersant": Das Parlament muss mehr im Sinne des Volkes handeln
Der "Kommersant" berichtet über die Wahlen in der Ukraine und weist darauf hin, dass die über 4,6 Millionen Wähler im Donbass nicht an der Wahl teilgenommen haben. In den Regionen um Donezk und Lugansk fanden keine Wahlen statt.
Dass der Wählerwille im Südosten des Landes im Wahlergebnis keine Berücksichtigung fand, führt nach Meinung von Kommersant zu einer Unausgewogenheit im neuen Parlament. So hätten infolge der sogenannten Anti-Terror-Operation und nach der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation mehr radikale Kräfte und Vertreter des Maidan Einzug in die Werchowna Rada gehalten, erklärt der ukrainische Politologe Michail Pogrebenskij in der Zeitung.
Die Wahlbeteiligung sei wie erwartet gering gewesen, führt der „Kommersant" weiter aus. Dmitrij Jangirow, ebenfalls ein ukrainischer Politologe, meint, die Bevölkerung habe auf diese Weise ihre Enttäuschung zum Ausdruck gebracht, dass im Donbass noch immer kein Frieden herrsche. Sie glaube nicht mehr daran, so Jangirow, mit ihrer Stimme die Politik des Landes beeinflussen zu können.
Der ukrainische Wahlkampfmanager Wiktor Ukolow erklärt in der Zeitung, dass sich die Werchowna Rada nun zu einem Drittel aus Maidan- und anderen Aktivisten sowie Offizieren zusammensetze, die allesamt nicht mit der Arbeitsweise innerhalb staatlicher Strukturen vertraut seien. Ukolow sieht das allerdings als Vorteil. Er geht davon aus, dass die neuen Abgeordneten in der Legislative die Interessen des Volkes durchsetzen werden, wie er dem Kommersant sagt. Der Wahlkampfmanager äußert gegenüber der Zeitung die Befürchtung, dass gerade das jedoch auch zu zahlreichen Konflikten innerhalb des Parlaments führen könne.
"Nesawisimaja gaseta": War die Wahl verfassungswidrig?
Die "Nesawisimaja gaseta" berichtet von über rund 100 Fällen versuchten Wahlbetrugs. Insbesondere in Wahlkreisen, in denen nur eine Person aufgestellt war, soll es Versuche gegeben haben, Stimmen zu kaufen oder die Wahlzettel zu manipulieren, etwa durch die Abgabe mehrerer oder mithilfe gefälschter Wahlzettel. Ukrainische Experten sehen laut "Nesawisimaja gaseta" die Gültigkeit der Wahl noch aus zwei anderen Gründen in Gefahr: Zum einen seien einige Parlamentarier schon länger im Amt als die maximal erlaubten sieben Jahre, zum anderen sei die Wahl nicht verfassungskonform gewesen.
Die Zeitung berichtet weiter, dass Petro Poroschenko versprochen habe, bereits am Tag nach der Wahl über ein Gesetz zur Aufhebung der Immunität von Abgeordneten abstimmen zu lassen. Bisher hätte kein Parlament gewagt, diese seit der Amtszeit Kutschmas bestehende Forderung von Aktivisten durchzusetzen, betont die Zeitung.
Wladimir Gorbatsch vom Institut für Euro-Atlantische Kooperation, hebt in der "Nesawisimaja gaseta" hervor, dass die Mehrheit des neu gewählten Parlaments mehrheitlich proukrainisch und gleichzeitig prowestlich sei. Zusammenfassend erklärt Gorbatsch, dass der Wahlausgang kaum etwas an der Krise im Osten des Landes ändern werde, innerhalb des Landes die ukrainische Regierung jedoch mehr Autorität haben werde.
„Expert": Das Wahlergebnis ist nicht repräsentativ
Die Wirtschaftszeitschrift „Expert" berichtet, dass das vorläufige Wahlergebnis in der Ukraine den Prognosen entspreche. Als Überraschung wertet „Expert" den Wahlerfolg der Partei Samopomoschtsch („Selbsthilfe")
von Andrej Sadowoj, die auf den dritten Platz kam. Die Partei des Bürgermeisters von Lwow steht nach eigenen Angaben für „christliche Moral und Menschenverstand". Obwohl die Partei in den Medien viel Beachtung gefunden habe, hätte sie nicht zu den Favoriten gezählt, schreibt die Zeitschrift.
Die Zeitschrift sieht den Wahlausgang als Schritt in Richtung Patriotismus und Nationalismus. Diese Themen predigten zurzeit alle führenden Parteien mehr oder weniger stark, analysiert „Expert". Das Parlament wird daher nach Einschätzung der Zeitschrift Schwierigkeiten haben, Entscheidungen zu treffen, die zur Rettung der ukrainischen Wirtschaft und der Stärkung der nationalen Sicherheit notwendig seien. Die Fragmentierung aufgrund der Loyalität gegenüber unterschiedlichen Machtgruppen sieht die Zeitung als weitere Herausforderung auf die Werchowna Rada zukommen. „Expert" hält das Wahlergebnis nur für beschränkt aussagekräftig, da große Teile der Bevölkerung nicht an der Wahl teilgenommen hätten.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!