Foto: Walerij Melnikow/RIA Novosti
Nachdem am Sonntag vergangener Woche in der Ukraine gewählt wurde, führten an diesem Sonntag auch die selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk Wahlen durch. Für den Posten des „Regierungschefs" der selbst ernannten Volksrepublik Donezk traten drei Kandidaten an: Alexandr Sachartschenko, der die Wahl erwartungsgemäß gewann, Jurij Siwokonenko und Alexandr Kofman. In das Parlament der selbst ernannten Volksrepublik Donezk zogen Sachartschenkos Partei „Republik Donezk" und die Partei „Freier Donbass" ein. In der selbst ernannten Volksrepublik Lugansk gewann das bisherige „Regierungsoberhaupt" Igor Plotnizki.
Wahlberechtigt waren alle über 16 Jahre alten Personen, so wie kürzlich beim Referendum in Schottland. Die Wahlen wurden von 51 internationalen Vertretern aus Russland, Abchasien, Südossetien, Serbien und Montenegro beobachtet. Anwesend war auch der französische EU-Parlamentsabgeordnete Jean-Luc Schaffhauser. Bis zum Sonntagmittag hatten nach Angaben des Leiters des Wahlbüros der selbst ernannten Volksrepublik Donezk, Roman Ljagin, über 500 000 Personen ihre Stimme abgegeben, in Lugansk waren es 300 000. Flüchtlinge aus dem Osten der Ukraine, die in Flüchtlingslagern in Grenznähe untergebracht waren, konnten ebenfalls am Referendum teilnehmen. Über 60 Prozent der Wähler kamen nach Angaben der Wahlleitung allein in der Woronesch-Region in den letzten drei Stunden vor Schließung der Wahllokale.
Der Pressedienst der selbst ernannten Volksrepubliken berichtete von angeblichen Versuchen der ukrainischen Regierung, den Ablauf des Referendums zu stören. Am Vortag seien ab 17.30 Uhr Zufahrtstraßen zum Gebiet der Volksrepubliken gesperrt worden. Zudem seien „terroristische Aktivitäten" des ukrainischen Freiwilligenbataillons „Dnepr-1" beobachtet worden, behauptet der Pressedienst weiter.
Kiew erkennt die Wahlergebnisse nicht an
Die ukrainische Regierung kündigte an, wegen der Wahlen im Südosten ein Strafverfahren aufgrund von „Aktionen, die die gewaltsame Veränderung oder den Umsturz des Verfassungsgefüges und die Aneignung der Staatsgewalt zum Ziel haben", einzuleiten. Die Wahlbeobachter würden zu unerwünschten Personen in der Ukraine erklärt, wie der nationale Sicherheitsdienst der Ukraine auf Facebook mitteilte. Die internationalen Beobachter seien lediglich „Pseudobeobachter", deren Anwesenheit die Wahlen als ordnungsgemäß rechtfertigen sollte. Das neu gewählte „Regierungsoberhaupt" der selbst ernannten Volksrepublik Donezk kündigte daraufhin an, eigene Ermittlungen zu einem Genozid der Bevölkerung des Südostens durchzuführen.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow erklärte, die Durchführung der Wahlen werde von Moskau begrüßt: „Die Wahlen, die am 2. November auf dem Gebiet der selbst ernannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk durchgeführt werden, sind wichtig für die Legitimierung der Führung." Lawrow sagte zudem, dass damit ein wichtiger Punkt der Minsker Vereinbarungen umgesetzt werde.
„Dem Kreml ist nur noch nicht klar, wie er zukünftig den Dialog mit den ‚Regierungschefs' der selbst ernannten Volksrepubliken gestalten wird, die große Erwartungen an Moskau haben", meint Alexandr
Konowalow, Präsident des Instituts für Strategische Auswertung. Er glaubt, dass die Wahlen zu einem „politischen Hebel" gegen Kiew würden. Der Konflikt werde noch weiter schwelen und wenn nötig, werde Russland ihn befeuern. Konowalow geht davon aus, dass Moskau weiterhin humanitäre Hilfslieferungen in den Südosten schicken und wirtschaftliche Unterstützung beim Aufbau der Region leisten werde.
Andrej Susdalzew, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Zentrum für Komplexforschung an der Moskauer Higher School of Economics, sagte gegenüber RBTH, man solle die Versuche der Bevölkerung des ukrainischen Ostens begrüßen, ihre Exekutive, Legislative und Judikative zu regulieren. „Russland hat die Bestrebung der Bevölkerung des Südostens, ihre Meinung in einem Referendum zu äußern, nicht nur anerkannt, sondern auch unterstützt. Der Kreml will Garantien für die Fortsetzung des Waffenstillstands und eines politischen Dialogs zur Lösung der Krise." Falls Kiew sich nicht an die Minsker Vereinbarungen halte, könnte Moskau die Ergebnisse des Referendums und damit die Unabhängigkeit der Region anerkennen, sagte er. Das würde die Krise in der Ukraine seiner Ansicht nach nur verschlimmern. Eine Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken durch Moskau könnte zudem negative Auswirkungen auf die Außenpolitik des Landes haben, gab er zu bedenken. „Es ist klar, dass weder Kasachstan noch Belarus die Wahlen der selbst ernannten Volksrepubliken anerkennen werden. Der Verbündetenstatus der heutigen Block- und Integrationspartner Moskaus könnte dann einer harten Prüfung unterzogen werden", ist Susdalzew überzeugt.
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