Russen marschieren für Russlands Einheit

Die Kundgebungen zum „Tag der Volkseinheit“ verliefen weitgehend friedlich. Foto: Anton Nowodereschkin/TASS

Die Kundgebungen zum „Tag der Volkseinheit“ verliefen weitgehend friedlich. Foto: Anton Nowodereschkin/TASS

Bei den Aufmärschen zum „Tag der russischen Einheit“ blieben die befürchteten Ausschreitungen aus. In Moskaus Randbezirken bekundeten die russischen Nationalisten ihre Unterstützung für die Aufständischen in der Ukraine. Im Stadtzentrum demonstrierten Zehntausende für ein einiges Russland.

In Ljublino, einem Bezirk im Südosten der russischen Hauptstadt, fand gestern der „Russische Marsch" statt, ein alljährlicher Aufmarsch russischer Nationalisten. „Russische Einheit!", „Freiheit und Gerechtigkeit für Russen!", „Gegen den KGB-Terror!", „Freiheit für strafgefangene Nationalisten!" und „Freiheit für Below, Macht für das russische Volk!", skandierten die Teilnehmer.

Einer der Anführer der russischen Nationalisten und Organisatoren des „Russischen Marsches", Alexandr Potkin, der sich auch Alexander Below nennt, war Ende Oktober verhaftet worden. Ihm wird vorgeworfen, die Anleger der kasachischen BTA-Bank um vier Milliarden Euro geprellt zu haben, außerdem wird ihm Volksverhetzung vorgeworfen.

Nach Angaben des Pressedienstes der Moskauer Polizei nahmen in diesem Jahr im Vergleich zu den Vorjahren weniger Menschen am „Russischen Marsch" teil, die Behörden sprechen von etwa 2 000 Demonstranten. Die Veranstalter hingegen gaben die Zahl der Teilnehmer mit über zehntausend an.

Dimitrij Demuschkin, der ebenfalls zu den Organisatoren des „Russischen Marschs" gehört, berichtete dem russischen Nachrichtenportal RBC, dass nach dem Ende der Veranstaltung mehrere Personen verhaftet worden seien, weil sie verbotene Parolen gerufen und Masken getragen hätten. Wie viele Nationalisten genau verhaftet worden seien, wusste Demuschkin nicht, jedoch würden sich Rechtsanwälte um die Verhafteten kümmern. Nach letzten Informationen befinden sich noch 20 Personen in Untersuchungshaft. Ihnen wird eine „Beleidigung des Präsidenten der Russischen Föderation" vorgeworfen.

 

Sympathiebekundungen für die Aufständischen in der Ukraine

Anfang September hatten Ultrarechte auf der Plattform VKontakte eine Umfrage zum Thema „Wie soll der Russische Marsch 2014 aussehen?" durchgeführt. An der Abstimmung nahmen mehr als 15 000 Personen teil. Ein Drittel der Teilnehmer sprach sich für eine Unterstützung von „Neurussland", wie sich die selbst ernannten Volksrepubliken im Südosten der Ukraine nennen, aus. Jeder zweite Teilnehmer wollte den Marsch unter das Motto „Russisch-ukrainisch-slawische Einheit" stellen. Nur 17 Prozent

sprachen sich gegen eine Verknüpfung des Marsches mit der Ukraine aus. Die Unterstützung „Neurusslands" wurde in Form eines weiteren Marsches realisiert, der parallel zum „Russischen Marsch" im nord-östlichen Moskauer Bezirk Schtschukino stattfand. Im Vorfeld hatte Igor Strelkow, der in der selbst ernannten Volksrepublik Donezk früher den Posten des Verteidigungsministers innehatte, aufgerufen, an diesem Marsch teilzunehmen. In den russischen sozialen Netzwerken wurde die Parole „Zeigt den Kämpfern, dass Ihr ihnen beisteht" verbreitet. Strelkow selbst war aber nicht vor Ort, auch andere führende Köpfe aus den selbst ernannten Volksrepubliken nahmen nach Angaben des Organisators Andrej Saweljew an dem Marsch nicht teil.

Der „Russische Marsch" zeigte in diesem Jahr vor allem, dass sich Russlands Nationalisten nicht einig sind. Der Internetnutzer Witalij Kritschewzow schreibt dazu auf Facebook: „Die russische Zersplitterung ist besorgniserregend." Er glaubt, dass dies die Durchführung solcher Großveranstaltungen wie des „Russischen Marschs" erschwere. Andere Internetnutzer teilen seine Ansicht, wie Natalja Grigorjewa, die schreibt: „Um voranzukommen, müssen wir umdenken: Mit wem sollen wir uns vereinigen? Was soll das Fundament dafür sein, wie sieht die Alternative zu alledem aus?"

 

Gegendemonstration der Einigkeit

Parallel zu den Oppositionskundgebungen in den Randbezirken der Hauptstadt fand im Zentrum in der Twerskaja-Straße die Demonstration „Wir sind geeint" statt. Erstmals in der Geschichte Russlands vereinte eine Kundgebung alle großen politischen Parteien: Einiges Russland, die Kommunistische Partei der Russischen Föderation, das Gerechte Russland

und die Liberal-Demokratische Partei Russlands. Nach Angaben der Moskauer Polizei nahmen rund 75 000 Teilnehmer daran teil, um für die russische Einheit zu demonstrieren. „Wir sind geeint!", „Lang lebe Russland!" und „Es gibt viele von uns und nur ein Russland!" lauteten die Parolen auf der Veranstaltung.

„Wir sind geeint, das ist unsere wichtigste Idee. Wir sind ein Volk und wir wollen in unserem großen, wunderschönen und freien Land leben. Wir wollen, dass das Land stark ist und dass niemand denkt, man könnte uns in die Knie zwingen", zitieren russische Medien einen der Veranstalter der Kundgebung, Leo Bokerij, Direktor des A.N. Bakulew-Forschungszentrums für Herz- und Gefäßchirurgie.

Seit 2005 wird in Russland am 4. November alljährlich der „Tag der Einheit des Volkes" gefeiert. Die Russen gedenken an diesem Tag der Ereignisse im Jahr 1612, als nach einem Volksaufstand unter Anführung von Kosma Minin und Dmitrij Poscharskij Moskau von den polnischen Besatzern befreit wurde.

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