Wahlen in der Südostukraine: Respekt statt Anerkennung

 Foto: Photoshot / Vostockphoto

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Russland erkennt die Wahlen im Donezbecken nicht an, man respektiere lediglich die Wahlergebnisse, hat Kreml-Berater Juri Uschakow klargestellt. Experten glauben, dass Moskau auf diese Weise seine geopolitischen Interessen durchsetzen könne ohne den Westen zu provozieren.

Hat Russland die Wahlen in den selbst ernannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk anerkannt oder nicht? Dazu äußerte sich jetzt Juri Uschakow, Berater des russischen Präsidenten Wladimir Putin, und stellte klar: „Das russische Außenministerium hat offiziell erklärt, dass Russland die Wahlergebnisse respektiert." Uschakow betont weiter, dass das Wort, „respektieren" bewusst gewählt worden und nicht mit einer Anerkennung gleichzusetzen sei. Vor Beginn der Wahlen im Südosten der Ukraine hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow noch verkündet, Russland werde die Wahlen anerkennen. Doch nachher las sich die offizielle Stellungnahme so: „Wir respektieren die Willensbekundung der Menschen im Südosten. Die gewählten Vertreter haben das Mandat erhalten, praktische Aufgaben zu erfüllen, um das normale Leben in den Regionen wieder herzustellen." Weiter hieß es: „Unter Berücksichtigung der erfolgten Wahlen ist es sehr wichtig, nun aktiv an einem Dialog im Rahmen der Minsker Vereinbarungen zu arbeiten".

Die ukrainische Regierung und vielen westlichen Staaten sind der Ansicht, dass die Wahlen in den selbst ernannten Volksrepubliken eben gegen jene Minsker Vereinbarungen verstoßen. Aus Kiew heißt es dazu, dass die Wahlen demnach einen ganzen Monat zu früh durchgeführt worden seien. Der Präsident der Ukraine, Petro Poroschenko, schlug als Reaktion vor, nun das Gesetz zum Sonderverwaltungsstatus der Regionen Donezk und Lugansk aufzuheben. Darüber berät zurzeit das ukrainische Parlament.

 

Russland will die Beziehungen zum Westen verbessern

Was bedeuten die Moskauer Formulierungen für die selbst ernannten Volksrepubliken im Südosten der Ukraine? Alexej Arbatow, Leiter des Zentrums für Internationale Sicherheit am Institut für Weltwirtschaft und Internationale Beziehungen der Akademie der Wissenschaften Russlands, geht davon aus, dass Russland offiziell nicht mit den selbst ernannten Volksrepubliken zusammenarbeiten werde, sie aber unterstützen werde, und zwar „nicht nur mit materiellen Gütern und Hilfskonvois", meint Arbatow.

Eine Anerkennung durch Moskau werde es seiner Meinung nach aber auch in Zukunft nicht geben. Damit würde Russland offen gegen die Minsker Vereinbarungen verstoßen, die aber die einzige Basis eines möglichen Friedensprozesses in der Ukraine seien, so Arbatow weiter. Die Nichtanerkennung solle dazu beitragen, den neuen „Kalten Krieg" zu beenden und die Beziehungen zwischen Russland, der EU und den USA wieder zu verbessern.

„Aus Sicht der Führung in den selbst ernannten Republiken ging es bei den Wahlen um die Unabhängigkeit", erklärt Arbatow. In der Minsker Vereinbarung sei jedoch klar geregelt, dass Donezk und Lugansk weiter zur Ukraine gehören sollen, wenn auch mit besonderen Rechten und einer gewissen Autonomie ausgestattet, so sei es im dritten und neunten Punkt der Minsker Vereinbarungen festgelegt worden und durch das Gesetz über einen Sonderstatus des Donezbecken auch festgeschrieben worden, führt er weiter aus. „Respekt ist eine Sache, aber eine Anerkennung durch Russland wäre gleichbedeutend mit einem endgültigen Bruch in den Beziehungen zur Ukraine", unterstreicht Arbatow. Dazu werde es seiner Meinung nach nicht kommen.

Russland wolle zwar die politische Kontrolle über die Region, habe jedoch keine Ambitionen, sie von der Ukraine zu trennen. „Russlands Ziel besteht

darin, dass diese zwei Enklaven zur Ukraine gehören, sich jedoch unter der Kontrolle, dem Einfluss und der Protektion Russlands befinden", sagt Arbatow. Das sei eine Möglichkeit, Kiew von weiteren Schritten in Richtung NATO und EU abzuhalten, findet er.

Diese Zurückhaltung Moskaus im Hinblick auf eine Anerkennung der selbst ernannten Volksrepubliken sei ein strategisch wohl überlegter Schritt, meint der Ehrenvorsitzende des Außen- und Verteidigungsrats, Sergej Karaganow. Moskau wolle eine weitere Expansion des Westens gegen die eigenen Interessen nicht weiter hinnehmen und sei daher bereit zu kämpfen. Durch eine Nichtanerkennung der Wahlen halte sich Russland den Rücken frei, glaubt er. Die Karten würden nun neu gemischt, und zwar von Russland und der Westen wird reagieren müssen. „Unsere westlichen Partner werden hin und her gerissen sein und Antwortmöglichkeiten auf die Schritte des Kremls suchen. Vor kurzem gab es noch eine umgekehrte Situation", resümiert Karaganow.

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