Abkommen mit Abchasien: Russland stärkt seine Position im Südkaukasus

Foto: Konstantin Zawrazhin / Rossijskaja Gazeta

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Russland und Abchasien haben ein Abkommen zu mehr Kooperation in den Bereichen Wirtschaft und Militär unterzeichnet. Experten gehen davon aus, dass dadurch Russlands Einfluss im Südkaukasus wachsen wird. Abchasien profitiert von Sicherheitsgarantien und hofft auf Wirtschaftswachstum.

Der russische Präsident Wladimir Putin und sein abchasischer Amtskollege Raul Chadschimba unterzeichneten am Montag ein Abkommen über Kooperation und strategische Partnerschaft. Im Mittelpunkt des Abkommens stehen gemeinsame Sicherheitsinteressen, die Steigerung der Investitionsaktivität und mehr Finanzhilfen für Abchasien durch Russland.

Der Weg zur Einigung war mühsam. Abchasien sah sich zunächst durch die Moskauer Vorschläge in seiner Souveränität beschränkt, Moskau wollte eine Gegenleistung für versprochene Wirtschaftshilfen. Schließlich wurde doch noch ein Kompromiss gefunden, nachdem einige Punkte des Abkommens im Bereich transnationale Strukturen des Militär- und Polizeibereichs gemildert wurden. Russland und Abchasien planen die Schaffung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsstruktur, die eine gemeinsame Militäreinheit mit Soldaten aus beiden Ländern unter einem gemeinsamen Kommando vorsieht.  

Abchasien profitiert durch das Abkommen von einer Verbesserung der sozialen Standards im Land, eine Angleichung an russisches Niveau im Bereich der Renten-, Kranken und Sozialversicherungen wird angestrebt. Beschäftigte im Gesundheitswesen sowie in Bildung und Wissenschaft sollen in Abchasien künftig mehr Geld verdienen. Putin versprach die Bereitstellung von fünf Milliarden Rubeln (rund 86 Millionen Euro) zur Realisierung des Abkommens.

Eine Chance für Abchasiens Wirtschaft und Sicherheit

Kritik an dem Abkommen kam aus Georgien, den USA und der Europäischen Union sowie der Nato. Auch in Abchasien selbst gab es kritische Stimmen: In der Hauptstadt Sochumi fanden Demonstrationen sowohl für als auch gegen die engere Zusammenarbeit mit Russland statt. Abchasische Politiker stehen mehrheitlich hinter dem Abkommen. Der ehemalige Premierminister Abchasiens, Sergej Schamba, betonte im Gespräch mit RBTH die Chancen, die das Abkommen für Abchasien bietet: Das Land habe dadurch bessere Möglichkeiten der wirtschaftlichen Entwicklung und bekäme zudem Sicherheitsgarantien durch Russland.  

Natella Akaba, Vorsitzende der Gesellschaftskammer der Republik Abchasien, äußert sich zurückhaltender. Durch das Abkommen werde der russische Einfluss im Südkaukasus gestärkt, erklärt sie: „Es ist offensichtlich, dass Russland neue militärpolitische und wirtschaftliche Allianzen eingehen will, um den steigenden internationalen Druck auf das Land auszugleichen. Abchasien ist aufgrund der geografischen Lage wichtig für Russland.“ Doch nach Ansicht Akabas haben beide Länder gemeinsame Sicherheitsinteressen. Auch nach dem Ende des georgisch-abchasischen Kriegs im Jahr 1993 schwelt der Konflikt mit Georgien weiter, bislang gibt es keinen Friedensvertrag. „Das zwingt uns, Maßnahmen zur Stärkung unserer Sicherheit zu treffen. Hier überschneiden sich unsere und die russischen Interessen“, erklärt die Politikerin. Im Hinblick auf die versprochene Wirtschaftsförderung durch Russland hofft sie, dass die Gelder nicht für „das Aufblasen unseres Beamtenstabs verwendet“ werden, sondern zum Aufbau einer „effektiven und sich selbst genügenden abchasischen Wirtschaft“. „Die Mehrheit der Bevölkerung will nicht, dass Abchasien zu einer wirtschaftsschwachen Region der Russischen Föderation wird“, glaubt Akaba.

Alexej Martynow, Leiter des Internationalen Instituts für neueste Staaten, sieht den wesentlichen Vorteil des Abkommens darin, dass die russischen Interessen in der Kaukasusregion Berücksichtigung finden und gleichzeitig Garantien für eine friedliche Entwicklung Abchasiens gegeben wurden. „Das Abkommen ermöglicht die Realisierung von Großprojekten in der Republik, die die geopolitische Atmosphäre im Südkaukasus verändern werden. Das ist in erster Linie die geplante Eisenbahnstrecke von Russland über Armenien in den Iran. Die Strecke wird durch Abchasien und Georgien führen und mit den dortigen Häfen verbunden“, so Martynow. Abchasien solle zudem als modernes Tourismuszentrum ausgebaut werden.

Andrej Areschew, Experte für Kaukasus- und Zentralasien-Forschung am Institut für Ostkunde der Russischen Akademie der Wissenschaften, sieht den größten Vorteil für Abchasien in der geplanten engeren wirtschaftlichen und militärischen Zusammenarbeit: „Die russischen Sicherheitsgarantien bewahren die Republik vor unangenehmen Überraschungen bei einer neuen Verschärfung der Situation im Kaukasus“, glaubt er. Areschew weist darauf hin, dass Russland seine Unterstützung für bestehende Integrationsprojekte in Abchasien mit russischer Beteiligung in dem Abkommen verankert habe. „Um eine Mitgliedschaft Abchasiens in der Zollunion oder Eurasischen Union geht es dabei nicht, denn Abchasiens Unabhängigkeit wird allein von der Russischen Föderation anerkannt“, erläutert Areschew. Doch die  Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zu den Staaten der Eurasischen Wirtschaftsunion könnten über den Umweg Russland intensiviert werden, meint er.

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