Die Aussagen der europäischen Politiker könnten nicht als Abkehr einer antirussischen Einstellung gewertet werden, sondern als Abkehr von einer proukrainischen Einstellung, meinen Experten. Foto: DPA/Vostockphoto
„Wedomosti“: Russland soll sich zur Krim-Eingliederung äußern
Die Zeitung „Wedomosti“ berichtet, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Russland aufgefordert hat, binnen der kommenden vier Monate eine Stellungnahme zu der Eingliederung der Krim in die Russische Föderation und den Ereignissen im Südosten der Ukraine abzugeben. Die Ukraine hatte im März eine entsprechende Klage gegen Russland eingereicht.
Die Eingliederung der Krim sei widerrechtlich gewesen, lautet einer der ukrainischen Vorwürfe, so „Wedomosti“. In Kiew beschuldige man Moskau zudem der Diskriminierung von Krimtataren sowie von ukrainischen Staatsbürgern auf der Krim, die nicht die russische Staatsbürgerschaft annehmen wollten. Außerdem werde Russland seitens der Ukraine vorgeworfen, im vergangenen Sommer eine Gruppe von Kindern in der Ukraine entführt und vorübergehend auf russisches Staatsgebiet gebracht zu haben, erklärte „Wedomosti“ weiter. Wie die Zeitung bemerkte, habe Russland laut Klage der Ukraine insgesamt gegen elf Artikel der Europäischen Menschenrechtskonvention verstoßen. Moskau werde die Fallunterlagen studieren und bei den zuständigen Stellen Auskünfte und Stellungnahmen einholen, schreibt „Wedomosti“.
„Gazeta.ru“: Eine föderale Ukraine für den Frieden?
Die Onlinezeitung „Gazeta.ru“ meldet, dass Herman Van Rompuy, Präsident des Europarats, sich für eine Föderalisierung der Ukraine ausgesprochen habe. Aussagen der Hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik, Federica Mogherini, in einem Interview mit der österreichischen Zeitung „Kurier“ hätten zuvor laut „Gazeta.ru“ in eine ähnliche Richtung gewiesen.
Die Onlinezeitung geht davon aus, dass Van Rompuy, der Anfang Dezember aus dem Amt scheidet, wohl keinen Einfluss mehr auf die europäische
Außenpolitik hat, dennoch seien seine und Mogherinis Äußerungen möglicherweise Vorboten einer veränderten Einstellung Europas in der Ukraine-Frage. Auf die Äußerungen der europäischen Politiker habe die Ukraine kritisch reagiert, wie die „Gazeta.ru“ schreibt. Ukrainische Politiker sähen keine Alternative zur Unitarität des ukrainischen Staates, da ansonsten der endgültige Zerfall des Landes drohe.
Wadim Karasew, Direktor des Ukrainischen Instituts für Globalstrategien, erklärte gegenüber „Gazeta.ru“, dass Europa versuchen wolle, die Beziehungen zu Russland zu normalisieren, indem es zur Deeskalation des Konflikts auf eine Föderalisierung der Ukraine setzt. Karasew glaubt jedoch nicht, dass derzeit eine Föderalisierung für Kiew akzeptabel wäre, die Regierung sei „Gefangene der Öffentlichkeit“.
Fjodor Lukjanow, Chefredakteur des Magazins „Russia in Global Affairs“, erklärte in einem Kommentar für „Gazeta.ru“, dass die Aussagen der europäischen Politiker nicht als Abkehr einer antirussischen Einstellung gewertet werden könnten, sondern als Abkehr von einer proukrainischen Einstellung. Lukjanow vermutet dahinter Enttäuschung über das Ausbleiben von Reformen in der Ukraine.
„Kommersant“: Welche Zukunft hat der „Petersburger Dialog“?
Der „Kommersant“ berichtet über die anhaltende harsche Kritik von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Kurs der russischen Politik. „Die Handlungen Russlands stellen die Friedensordnung in Europa infrage und verletzen das internationale Recht“, zitiert der „Kommersant“ die Bundeskanzlerin. Merkel habe erklärt, die Wirtschafssanktionen gegen Russland seien alternativlos, dennoch habe sie sich für eine Fortsetzung der Gespräche mit Russland ausgesprochen.
Die Zeitung erinnert daran, dass die Absage des „Petersburger Dialogs“ auf Initiative des Kanzleramtes erfolgt sei. Das Treffen habe selbst in der schwierigen Zeit nach dem Georgien-Konflikt stattgefunden, sei aber wegen der unterschiedlichen Positionen zum Ukraine-Konflikt nun erstmals von deutscher Seite abgesagt worden, bemerkt der „Kommersant“. Damit hätten auch die traditionell parallel zum „Petersburger Dialog“ stattfindenden Konsultationen der Regierungschefs ausfallen müssen.
Die deutsche Seite habe Reformen des „Petersburger Dialogs“ gefordert, wie die Zeitung weiter berichtet, was beim russischen Koordinationskomitee allerdings negativ aufgefasst worden sei. Laut „Kommersant“ hat sich der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier für eine Fortsetzung des „Petersburger Dialogs“ ausgesprochen und gemahnt, dass daraus kein „Berliner Monolog“ werden solle.
Alle Rechte vorbehalten. Rossijskaja Gaseta, Moskau, Russland
Abonnieren Sie
unseren kostenlosen Newsletter!
Erhalten Sie die besten Geschichten der Woche direkt in Ihren Posteingang!