Die Welt in Russlands Medien: Antiwestliche Stimmungen und Antikorruptionsgesetzgebung

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verkündet bald das Urteil im Bolotnaja-Prozess. Foto: Reuters

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg verkündet bald das Urteil im Bolotnaja-Prozess. Foto: Reuters

Russische Medien berichten über eine Meinungsumfrage, die ergab, dass die Russen antiwestlich gestimmt sind. Weitere Themen sind der Bolotnaja-Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und ein von Oppositionellen gefordertes schärferes Antikorruptionsgesetz.

„Wedomosti": Die Stimmung der Russen ist mehrheitlich antiwestlich

Die Zeitung „Wedomosti" berichtet über eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Lewada-Zentrum zur Einstellung der Russen gegenüber dem Westen und den USA.

81 Prozent der Befragten haben demnach eine negative Einstellung zu den USA. Im Vorjahr waren es noch 44 Prozent. Die Zahl der Russen, die die Beziehung zwischen Russland und den USA als „feindselig" einstufen, hat sich innerhalb eines Jahres verzehnfacht: Statt vier Prozent sind nun 42 Prozent der Russen dieser Ansicht, schreibt „Wedomosti". Zur Europäischen Union (EU) haben 71 Prozent der Russen eine ablehnende Haltung, die Beziehungen zwischen der EU und Russland stufen inzwischen 24 Prozent als „feindselig" ein. Im Vorjahr war es lediglich ein Prozent.

Alexej Grashdankin, stellvertretender Direktor des Lewada-Zentrums, erklärte laut „Wedomosti": „Die Einstellung der Russen zum Westen und den USA sind auf dem schlechtesten Stand seit 25 Jahren." Grashdankin erklärt das mit der Ukraine-Krise und den Sanktionen gegen Russland, über deren Ausgestaltung die meisten Russen nicht informiert seien. Sie vermuten wirtschaftliche Gründe hinter einer aus ihrer Sicht „russlandfeindlichen Politik" und unterstützen den außenpolitischen Kurs Russlands, so Grashdankin gegenüber der Zeitung.

Das Blatt zitiert den Politikwissenschaftler Alexej Makarkin, der davon ausgeht, dass die negative Einschätzung zunächst Bestand haben werde. Die Russen hätten zwar schon immer zwischen den „bösen" USA und dem „guten" Europa unterschieden, betrachteten die Europäer aber laut Makarkin nicht erst seit der Ukraine-Krise als „Menschen ohne eigene Wertvorstellungen". Die Russen hingegen hätten sich teilweise auf traditionelle Werte zurückbesonnen, andere hätten für sich entschieden, dass Europa nicht einzuholen sei, so Makakrin, der die negative Einstellung der Russen auch teilweise auf die Sanktionen und Propaganda zurückführt.

 

Die Russen interessieren sich kaum noch für das Weltgeschehen, wie Umfragen des Lewada-Zentrums zeigen. Der Soziologe Denis Wolkow spricht von einer freiwilligen Selbstisolation. Lesen Sie mehr über die Stimmung der Russen bei RBTH.

 

 

„Nesawissimaja gaseta": Urteil des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte im Bolotnaja-Prozess wird bald erwartet

Die „Nesawissimaja gaseta" berichtet, dass die russische Regierung den Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) aufgefordert habe, einige der Klagen von Teilnehmern der Proteste auf dem Bolotnaja-Platz, die gegen ihre Verurteilung durch russische Gerichte vor dem EGMR geklagt hatten, abzuweisen.

Rechtsanwalt Dmitri Agranowski erklärte der Zeitung, dass es beim sogenannten Bolotnaja-Prozess zwei Arten von Klagen gebe. Zum einen werde gegen das Untersuchungsverfahren geklagt, unter anderem wegen angeblich widerrechtlicher Festnahme, unmenschlichen Umgangs und widerrechtlicher Haftverlängerung. Zum anderen seien es Klagen gegen das eigentliche Urteil und wegen Verstößen gegen die Prozessordnung.

Agranowski berichtet, dass sämtliche Untersuchungsklagen, insgesamt acht, vom EGMR in einem Verfahren gebündelt worden seien. Agranowski geht laut „Nesawisimaja gaseta" von einem baldigen Urteil des Gerichts aus.

 

„Kommersant": Russland lehnt neues Antikorruptionsgesetz ab

Der „Kommersant" widmet sich dem Thema Korruption und berichtet, dass Kreml, Innenministerium und Justizministerium über eine Online-Petition zur Ratifizierung des Artikels 20 der UN-Konvention durch die Russische Föderation beraten hätten. Die Petition wurde vom Fonds zur Korruptionsbekämpfung (FKB) des oppositionellen Politikers Alexej Nawalny gestartet und von 100 000 Menschen unterzeichnet. Der Artikel definiert „die unerlaubte Bereicherung" von Beamten, das heißt eine erhebliche Zunahme des Vermögens eines Amtsträgers im Verhältnis zu seinen rechtmäßigen Einkünften, als Straftat, berichtet der „Kommersant".

In einer Stellungnahme der Präsidialverwaltung zur Bekämpfung von Korruption heißt es, dass die Einführung neuer Strafen in russischen Gesetzen überflüssig wäre, schreibt der Zeitung und zitiert Verwaltungsleiter Oleg Plochoj, der mitteilte: „Handlungen, durch die so ein

Vermögen entstehen kann, etwa Unterschlagung oder Amtsmissbrauch, sind bereits strafbar".

Rechtsexpertin Ljubow Sobol von FBK Consulting ist anderer Meinung und erklärte gegenüber „Kommersant", dass eine „Entlassung aus dem Staatsdienst", wie sie derzeit vorgesehen sei, eine zu milde Strafe für einen Beamten sei, der sich widerrechtlich bereichert habe. Eine Ratifizierung des Artikels 20 untergrabe auch nicht die Unschuldsvermutung, betonte sie. Das Gesetz käme nur zur Anwendung, wenn es in einem Zeitraum von drei Jahren eine Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben von 50 Millionen Rubel, also 670 000 Euro, gebe.

Beim Innenministerium befürchtet man der Zeitung zufolge hingegen, dass die Aufnahme eines neuen Paragraphen in das russische Strafgesetzbuch eine Doppelverfolgung wegen derselben Straftat nach sich ziehen könnte, und beim Justizministerium wird hervorgehoben, dass die Regelungen in Artikel 20 der UN-Konvention in den russischen Gesetzen bereits implementiert seien.

Beim Korruptionswahrnehmungsindex von Transparency International liegt Russland auf Platz 136 von 175.  Die russische Regierung hat bereits Maßnahmen im Kampf gegen Korruption ergriffen. Wird die Situation bald ändern? Lesen Sie mehr zum Thema Korruption bei RBTH.

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