Nawalnys Protestdemo: Kein Frühlingserwachen in Moskau

Alexej Nawalny nimmt nicht an der Protestaktion am 1. März teil. Foto: AP

Alexej Nawalny nimmt nicht an der Protestaktion am 1. März teil. Foto: AP

Am 1. März findet in Moskau die Protestaktion „Frühling“ der russischen Opposition statt. Alexej Nawalny, einer ihrer Ideengeber, wird an der Aktion allerdings nicht teilnehmen können. Er muss wegen eines „Verstoßes gegen das Demonstrationsgesetz“ eine 15-tägige Haftstrafe absitzen.

Kurz vor der Protestaktion "Wesna" (zu Deutsch – „Frühling") der russischen Opposition, die für den 1. März angesetzt ist, erhielt Alexej Nawalny, Hauptideengeber der Bewegung Partija Progressa (zu Deutsch - „Fortschrittspartei") eine Haftstraße von 15 Tagen. Er habe, wie das Gericht urteilte, am 15. Februar illegal Flugblätter für die damals noch nicht genehmigte Aktion in der Moskauer U-Bahn verteilt. Durch das Urteil wird der Oppositionelle nicht an der geplanten Protestaktion teilnehmen können. Die Demonstration wurde zwar von der Moskauer Regierung genehmigt, jedoch aus dem Zentrum in einen Randbezirk der Stadt verlegt.

 

Zufällige Verhaftung?

Die Verhaftung Alexej Nawalnys eine Woche vor der Aktion scheint laut Experten nicht zufällig zu sein. „Diese ganze Geschichte sieht eher nach einer zielgerichteten Aktion eines Politikers aus, der das Image eines Oppositionellen behalten möchte", findet der Direktor des Russischen Internationalen Instituts für Politikexpertise Jewgenij Mintschenko. „Nawalny selbst hat die Regierung zu dieser Maßnahme provoziert", denkt auch der Direktor des kremlnahen Instituts für Politikstudien Sergej Markow. Auf diese Weise hoffe Nawalny, seinen Beliebtheitsgrad zu steigern und sich in der gleichen Situation wiederzufinden, wie kurz vor den Bürgermeisterwahlen 2013, als er mit 27 Prozent den zweiten Platz erreichte, glaubt Markow. „Damals wurde er auch verurteilt und verhaftet, doch dann folgten Aktionen zu seiner Unterstützung. Letztlich erreichte er ein sehr gutes Wahlergebnis", erklärt der Politologe. Doch diesen Triumph werde er kaum wiederholen können. „Seine Gegner haben aus ihren Fehlern gelernt und werden es nicht zulassen, dass Nawalny zum zweiten Mal zum Helden gemacht wird."

„Das ist ein Katz-und-Maus-Spiel. Wenn man ihn einsperren wollte, hätte man es längst gemacht, Vorwände dafür gab es genug. Es sieht eher nach einem Dogma aus, wonach er gleichzeitig weder freie Hand bekommen noch zerstört werden solle", sagt der leitende wissenschaftliche Mitarbeiter des Instituts für Soziologie der Russischen Akademie der Wissenschaften Leontij Bysow.

 

„Die Opposition hat sich schon lange nicht mehr versammelt"

Die Gesprächspartner von RBTH gehen davon aus, dass sich die Verurteilung kaum auf den Erfolg der Protestaktion auswirken werde. Vielleicht werde die Bewegung wegen seiner Haftstrafe allerdings etwas mehr Zuspruch bekommen. „Dann werden nicht 10 000, sondern 20 000 auf die Straße gehen, aber es wird trotzdem nicht genug sein. Außerdem werden diejenigen, die von den sozialen Parolen angezogen werden, wahrscheinlich von den Kommunisten abgegriffen, deren Aktion am gleichen Tag stattfindet", sagt Mintschenko. In diesem Sinne sei eine Verlagerung der Aktion an den Stadtrand für die Oppositionellen nur vorteilhaft, weil man die geringen Teilnehmerzahlen mit der Unbequemlichkeit des Orts erklären könne. „Man wird nicht wegen Nawalny kommen, sondern weil man sich schon lange nicht mehr versammelt hat und der Bedarf gestiegen ist, die eigene Position zu den Geschehnissen im Land auszusprechen", schätzt Bysow die Beweggründe der Protestierenden ein.

 

„Die Aktion begeht Grundsatzfehler"

Die Idee, sozialwirtschaftliche Parolen für die eigenen Ziele zu nutzen, sei richtig, gesteht Mintschenko. Zuvor waren es fast nur politische Parolen, die

die liberale Opposition nutzte. Doch die Organisatoren hätten dem Politologen zufolge bereits mehrere Grundsatzfehler begangen. „Zum einen nimmt die Aktion immer mehr die Züge einer Bewegung zur Unterstützung der Ukraine an", denkt der Experte. Es würden Forderungen gestellt, die auch der Präsident der Ukraine stelle, nämlich, russische Truppen aus der Ukraine abzuziehen. „Diese Forderung stößt den größten Teil der Bevölkerung ab, der sich der offiziellen Position anschließt, dass es dort keine russischen Soldaten gebe." Deshalb würden sich wahrscheinlich dieselben radikalen Liberalen versammeln, stellt Mintschenko fest. Zudem sei es falsch, mit putinkritischen Parolen aufzutreten, wenn dessen Umfragewerte bei etwa 80 Prozent lägen. „Aber für die Opposition ist es wichtig, diese Aktion durchzuführen", so Bysow. Seinen Worten zufolge müsse Nawalny die Bindung zu seinen Wählern und potentiellen Unterstützern prüfen, die bereits begännen, seinen Erfolg bei den Bürgermeisterwahlen zu vergessen und die Situation unter den Bedingungen der Krise um die Ukraine neu zu bewerten.

 

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