Die Sechsergruppe und Iran haben viele wichtige Fragen geklärt. Foto: Reuters
In der vergangenen Woche hat im schweizerischen Montreux eine weitere Verhandlungsrunde zum iranischen Atomprogramm zwischen der Sechsergruppe aus den fünf ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats sowie Deutschland und dem Iran stattgefunden. Sowohl US-Staatssekretär John Kerry als auch Vertreter der Europäischen Union und die iranische Delegation selbst meldeten Fortschritte. „Wir haben sehr nützliche Verhandlungen mit der Sechsergruppe geführt und gewisse Fortschritte gemacht, mehr als zuvor", sagte der stellvertretende Außenminister Irans Abbas Araghchi.
„Heute ist der Iran aus der Sackgasse herausgekommen, in die er durch sein eigenes nationales Atomprogramm geraten war", erklärte Igor Morosow, Abgeordneter des russischen Föderationsrats und Mitglied des Ausschusses für internationale Angelegenheiten. Experten stimmen den Staatsmännern zu. „Die Fortschritte, die wir seit November 2013 miterleben, hat es in den letzten zwölf Jahren, seit das Problem mit dem iranischen Atomprogramm besteht, nicht gegeben", sagt Wladimir Saschin, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter des Instituts für Orientforschung an der Russischen Akademie der Wissenschaften, gegenüber RBTH.
Der Optimismus sei vor allem damit zu erklären, dass man endlich von allgemeinen Gesprächen zu grundsätzlichen Vereinbarungen übergehe. „Es wurden Details und Aspekte des künftigen umfassenden Abkommens abgestimmt", erklärt Stanislaw Pritschin, ebenfalls Mitarbeiter am Institut für Orientforschung. „Es dringen nur spärlich Informationen nach außen, aber die Äußerungen der Teilnehmer der Verhandlungen deuten auf einen konstruktiven Verlauf der Gespräche hin."
Die schlechte Informationslage sei ein Indiz für Fortschritte, die die Verhandlungspartner nicht gefährden wollten. „Einflussreiche Kreise sowohl im Iran als auch in den USA sprechen sich gegen ein Abkommen aus. Um diese Opposition nicht zu reizen, haben die Parteien beschlossen, die derzeitigen Verhandlungsergebnisse nicht bekannt zu geben", glaubt Saschin.
Man könne jedoch durchaus vermuten, in welchen Fragen eine Einigung erzielt worden sei. „Es geht um den Zeitraum, in dem die Internationale Atomenergie-Organisation (IAEO) verstärkte Aufsicht über das iranische Atomprogramm haben wird und in dem der Iran seine nukleare Infrastruktur nicht ausbauen darf. Es bestanden mehrere Möglichkeiten – von drei bis 25 Jahren. Zuletzt wurde vorgeschlagen, diesen Zeitraum auf zehn Jahre zu beschränken, und laut unbestätigten Angaben könnten sich die Iraner damit einverstanden erklärt haben", sagt Saschin.
Vermutlich wurde ein Kompromiss zu dem in Bau befindlichen Schwerwasserreaktor in Akar gefunden. Laut bisherigen Angaben haben sich die Verhandlungspartner darauf geeinigt, die Konstruktion des Reaktors abzuändern, damit dort höchstens 1,5 Kilogramm Plutonium jährlich hergestellt werden können.
Einige offene Fragen sind bislang weiterhin ungelöst, allerdings sind diese weniger relevant. Zu ihnen zählt unter anderem die Anzahl von Zentrifugen, die für die Uran-Anreichung genutzt werden dürfen. „Im Iran werden hauptsächlich Zentrifugen der ersten Generation betrieben, weshalb die Leistung und Effizienz ihrer Kaskaden nicht sehr hoch sind. Daher macht es kaum einen Unterschied, ob der Iran 6 500 oder 9 500 davon hat. Folglich wird man sich auch in dieser Frage einigen können", ist Saschin überzeugt.
Ferner ist das Verfahren bei einer möglichen Aufhebung von Sanktionen umstritten. „Als Rohani an die Macht kam, hat er versprochen, die wichtigsten sozialen und wirtschaftlichen Probleme des Landes zu lösen. Das geht aber nicht ohne eine Aufhebung der Sanktionen", merkt Sewak
Saruchanjan, Leiter des Zentrums für politische Forschung der armenischen Stiftung "Norawank" an. Teheran wolle wieder mit anderen Ländern, vor allem mit der EU, Handel treiben können. Noch verhindern amerikanische Einschränkungen diesen Handel, aber die Entscheidung darüber liegt in der Hand des Präsidenten. Solange allerdings der US-Kongress von den Republikanern kontrolliert wird, kann Präsident Barack Obama den Iranern nicht garantieren, dass alle US-Sanktionen endgültig aufgehoben werden.
Neben dem Versuch, endlich grundlegende Streitfragen zu klären, ist auch der Zeitdruck zu einem wichtigen Faktor für die Unterzeichnung eines Abkommens geworden. Es gilt, den Rahmenvertrag bis zum 24. März dieses Jahres auszuarbeiten. „Beide Parteien haben für diese Entscheidung ihren politischen Ruf aufs Spiel gesetzt. Deshalb werden sie das Bestmögliche tun, um die Unterzeichnung eines endgültigen Abkommens herbeizuführen", so Saschin.
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