US-Außenminister Kerry trifft Putin und Außenminister Lawrow in Sotschi. Foto: EPA
Zum ersten Mal seit zwei Jahren reiste der US-amerikanische Außenminister John Kerry wieder in die Russische Föderation. Am Dienstag traf er in Sotschi mit Präsident Wladimir Putin und seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zusammen. Stundenlange Gespräche habe es gegeben, vor allem zum Thema Ukraine. Dennoch spricht im Kreml noch niemand von einem Durchbruch. Russische Experten gehen jedoch davon aus, dass die Gespräche Folgen für den Konflikt in der Ukraine haben werden. Die USA seien nun faktisch am Normandie-Format beteiligt.
Jurij Uschakow, Berater des russischen Präsidenten, berichtete, die Atmosphäre während der Gespräche sei offen und freundlich gewesen. Außenminister Lawrow sagte, die Diskussion mit Kerry sei „wunderbar" verlaufen.
Auch John Kerry betonte die Offenheit während der Gespräche. Er soll gesagt haben, die Minsker Vereinbarungen seien der „beste und der richtigste Weg" zu Frieden in der Ukraine. „Sie müssen umgehend implementiert werden", forderte er.
Später nahm Kerry auch Stellung zu einer Äußerung des ukrainischen Präsidenten, der angekündigt hatte, Kiew wolle den von den Aufständischen besetzten Donezker Flughafen zurückerobern. Er würde dem ukrainischen Präsidenten raten, keine Gewalt anzuwenden, so Kerry. Das wäre eine große Gefahr für die Aufrechterhaltung der Minsker Vereinbarungen.
Andrej Susdalzew, stellvertretender Leiter des Lehrstuhls für Weltwirtschaft an der Higher School of Economics, nannte Kerrys Worte in Sotschi symbolträchtig. Er sehe darin ein Versprechen der USA, künftig auch Druck auf Kiew auszuüben und ein Zugeständnis, dass die Minsker Vereinbarungen auch von ukrainischer Seite verletzt worden seien und nicht nur von Russland und den Aufständischen, wie die USA zuvor immer betont hatten.
Experten gehen davon aus, dass man in Sotschi grundsätzliche Vereinbarungen im Hinblick auf die Ukraine getroffen habe. Die USA würden nun zusätzlichen Druck auf Kiew ausüben, damit die Minsker Vereinbarungen auch von deren Seite eingehalten werden. Moskau werde versuchen, Einfluss auf die selbsternannten Volksrepubliken im Donbass zu nehmen. Das alles werde auf der Grundlage der Minsker Vereinbarungen geschehen. Für Russland sei das von großer Bedeutung, denn Moskau garantiere für deren Implementierung, erklärt Dmitrij Danilow, Leiter der Abteilung für europäische Sicherheit am Europa-Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften. Zuvor erkannten die USA nur die diplomatische Bedeutung der Minsker Vereinbarungen an, nun würden sie aber wirklich an der Beilegung des Konfliktes arbeiten, sagte Danilow. Russland und die USA würden nun an einem Strang ziehen, was die Chancen auf Frieden in der Region deutlich steigen ließe.
Experten meinen, die USA seien de facto dem sogenannten Normandie-Format beigetreten, zu dem bisher Russland, die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich und die Ukraine gehörten. Igor Bunin,
Vorsitzender des Zentrums für politische Technologien, findet, dass US-Präsident Obama einen „vorsichtigen und ausgewogenen Schritt" vollzogen habe.
Nach seinem Besuch in Sotschi telefonierte Kerry mit dem ukrainischen Präsidenten und später, beim Treffen der Nato-Außerminister im türkischen Antalya, auch mit seinem ukrainischen Amtskollegen Pawlo Klimkin. Kerry habe dabei wiederholt, dass sich Russland und die Aufständischen an die Minsker Vereinbarungen halten müssten. Er habe jedoch auch erklärt, dass es nun an der Zeit wäre, zu handeln.
Danilow sieht nach dem positiven Verlauf der Gespräche in Sotschi eine gute Grundlage für einen zukünftigen Dialog zwischen den USA und Russland.
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