Russlands früherer Ministerpräsident Jewgenij Primakow gestorben

Der ehemalige russische Politiker Jewgenij Primakow starb nach langer Krankheit. Foto: Olesja Kurpjajewa/Rossijskaja Gaseta

Der ehemalige russische Politiker Jewgenij Primakow starb nach langer Krankheit. Foto: Olesja Kurpjajewa/Rossijskaja Gaseta

In Moskau verstarb der frühere russische Ministerpräsident und Außenminister Jewgenij Primakow im Alter von 85 Jahren. Politische Weggefährten würdigen den Politiker, Diplomaten und Wissenschaftler, der einst für einen diplomatischen Eklat sorgte.

Am heutigen Freitag verstarb Jewgenij Primakow im Alter von 85 Jahren und nach langer Krankheit. Primakow war zwischen 1998 und 1999 Ministerpräsident, von 1996 bis 1998 hatte er das Amt des Außenministers inne. Primakows Enkel Jewgenij Sandro bestätigte den Tod seines Großvaters. Zuvor hatte bereits die Nachrichtenagentur „Interfax" darüber berichtet.

Der russische Präsident Wladimir Putin ließ über seinen Sprecher Dmitrij Peskow Beileidsbekundungen ausrichten: „Der Präsident hat den Verwandten und Angehörigen Jewgenij Primakows und allen, die ihn kannten, sein tiefes Beileid ausgesprochen." Putin und Primakow hätten sich persönlich gekannt. Er würdigte ihn als „Staatsmann, Wissenschaftler und Politiker", der ein „sehr großes Erbe" hinterlassen habe.

Der frühere russische Finanzminister Alexej Kudrin schrieb auf Twitter: „Jewgenij Primakow ist von uns gegangen. Ein herausragender Politiker. Er schrieb russische Geschichte."

Auch andere Politiker äußerten sich zum Tod des früheren Ministerpräsidenten. „Für mich war Primakow eine große Autoritätsperson. Ich kenne ihn von seiner Arbeit in der Regierung und danach waren wir zusammen im Parlament. Er war ein weiser Mann mit einer riesigen Erfahrung, sehr ehrlich und mit Prinzipien. Er war nie Mitglied von stark oppositionellen Parteien, hat aber seine Wahrheit zu vermitteln gewusst. Es tut mir aufrichtig leid, dass er uns verlassen hat. Er war ein Fels von einem Menschen", sagte die ehemalige stellvertretende Vorsitzende der Staatsduma Irina Chakamada im Gespräch mit RBTH. Primakow sei ein fähiger Mitarbeiter des Aufklärungsdiensts gewesen, ein „Diplomat, der auch schon einmal Flugzeuge umkehren ließ und auch schwierige Verhandlungen führen konnte". Er habe immer großes Interesse für die Wirtschaft gezeigt und stets ein Gespür für Schwachstellen gehabt.

 

Russischer Patriot

„Er führte die Regierung nach der furchtbaren Staatspleite von 1998 und rettete Russland im wahrsten Sinne des Wortes", erklärte Michail Deljagin, der im Jahr 1999 Berater Primakows war. Gennadij Semigin, der mit Primakow zusammenarbeitete und von 1999 bis 2003 stellvertretender Vorsitzender der Staatsduma war, zeigte sich ebenfalls betroffen von dessen Tod: „Jewgenij war einer der ehrlichsten und professionellsten Landesführer. Er tat viel dafür, dass das Land sich entwickelt und war ein echter russischer Patriot."

Primakow wurde in der Staatsduma mit einer Schweigeminute gedacht. Staatsduma- Vizesprecher Nikolaj Lewitschew schlug vor, Primakow eine Statue auf dem Lubjanka-Platz in Moskau zu widmen.

 

Eklat über dem Atlantik

Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Orientalist Primakow leitete von 1977 bis 1985 das Ostkundeinstitut der UdSSR. Ende der 1980er-Jahre war er Vorsitzender des Unionsrats beim Hohen Rat der Sowjetunion und von 1991 bis 1996 wurde er Leiter des russischen Aufklärungsdienstes.

In Erinnerung bleibt wohl vor allem ein Ereignis, das für einen diplomatischen Eklat sorgte: Im Jahr 1999 war Primakow als Ministerpräsident auf dem Weg zu einem Staatsbesuch in die USA. Als er von den Nato-Bombardements in Jugoslawien erfuhr, befand sich sein Flugzeug gerade über dem Atlantik. Primakow befahl dem Piloten, umzudrehen und nach Moskau zurückzufliegen.

Später äußerte er sich regelmäßig zur Beziehung zwischen Russland und den USA. „Es werden alle verlieren, wenn die russisch-amerikanischen Beziehungen wieder in eine neue Ausgabe des Kalten Krieges abgleiten. Damit dies nicht passiert, muss man in erster Linie von der leider immer stärker werdenden Rhetorik abkommen", sagte er.

Primakow veränderte die russische Außenpolitik. Er habe sich von der Westbindung verabschiedet zugunsten eines Konzepts einer „multipolaren Welt", schreiben russische Medien heute. Nach seiner Zeit als Ministerpräsident saß er zwischen 2000 und 2001 noch als Abgeordneter in der Staatsduma. Bis 2011 leitete er die Industrie- und Handelskammer Russlands.

Primakow verstarb in Moskau.

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