Regionalwahlen: Opposition erleidet Niederlage

Durchgefallen: Die Opposition verstand die Mentalität der Menschen in den Regionen nicht.

Durchgefallen: Die Opposition verstand die Mentalität der Menschen in den Regionen nicht.

AP
Bei den am vergangenen Sonntag durchgeführten Regionalwahlen ging die Regierungspartei Einiges Russland als klarer Sieger hervor. Die Partei des Oppositionellen Alexej Nawalnyj hingegen verpasste den Einzug in die Parlamente der Regionen. Die Wahlbeteiligung fiel niedrig aus.

Am vergangenen Sonntag fanden am sogenannten „Einheitlichen Wahltag“ in elf Gebieten Regionalwahlen und in 21 Regionen Gouverneurswahlen statt. Dabei konnte die Partei Einiges Russland, die die Politik des Präsidenten Wladimir Putin unterstützt, einen deutlichen Sieg verzeichnen. Neben Vertretern der nationalistisch-populistischen Partei LDPR konnten noch zwei weitere in der Staatsduma vertretene Parteien mit ihren Kandidaten in die regionalen Parlamente einziehen: die kommunistische Partei KPRF und die sozialdemokratische Partei Gerechtes Russland. Dabei konnte sich die KPRF als stärkster Verfolger der Partei Einiges Russland etablieren, lag in den meisten Regionen dennoch weit zurück.

Das Interesse der Politologen und Journalisten galt an diesem Tag jedoch einer anderen Partei. Die Aufmerksamkeit der meisten Berichterstatter und Experten richtete sich auf die Parlamentswahlen in den Gebieten Nowosibirsk und Kostroma, an denen Kandidaten der Partei Parnas, die sich an Anhänger des Oppositionspolitikers Alexej Nawalnyjs richtet, teilnahmen. Am Ende erhielt die Oppositionspartei in keinem der beiden gesetzgebenden Versammlungen ein Mandat. Bei den Wahlen im Gebiet Kostroma scheiterte sie mit einem Wahlergebnis von weniger als zwei Prozent besonders deutlich an der Fünf-Prozent-Hürde.

Wahlbeteiligung fällt niedrig aus

Wahlbeobachter verzeichneten eine sehr geringe Wahlbeteiligung. Sie lag bei etwa 30 Prozent. Laut Juri Korgunjuk, dem Chef der Politologie-Abteilung des unabhängigen Expertenzentrums Indem, sei die Regierungspartei an einer geringen Wahlbeteiligung interessiert gewesen, weil man sich auf die eigenen Anhänger habe verlassen können. Gleichzeitig erklärte der stellvertretende Vorsitzende der Zentralen Wahlkommission Leonid Iwlew am Montag während der Stimmauszählung, zumindest bei den Gouverneurswahlen sei die Wahlbeteiligung im Vergleich zu vergangenen Jahren gestiegen. So habe die durchschnittliche Wahlbeteiligung im Jahr 2013 lediglich 34 Prozent betragen, 2014 seien es 46 Prozent und in diesem Jahr gar 51 Prozent gewesen.

Der mittlerweile frisch gewählte Gouverneur des Gebiets Kostroma Sergej Sitnikow (Einiges Russland) gab am Wahltag ebenfalls seine Stimme ab. Foto: AP

Die Zentrale Wahlkommission gab zudem bekannt, dass es bei den Wahlen nur sehr wenige Beanstandungen gegeben habe. Diese Meinung teilt auch der bei der Wahlkommission akkreditierte Boris Moisejew, Vertreter der in der Vergangenheit sehr einflussreichen Oppositionspartei Jabloko: „Wir haben von unseren Beobachtern keine größeren Verstöße gemeldet bekommen. Es waren sehr ruhige Wahlen und es gab kaum Beanstandungen“, erklärte er gegenüber RBTH.

Einsatz öffentlicher Gelder zum Machterhalt?

Experten sind sich uneins, wie die Wahlen zu bewerten sind. Laut Korgunjuk war das Wahlergebnis „mehr als voraussehbar“. Den Sieg der Partei Einiges Russland erklärt er mit dem „aktiven Einsatz öffentlicher Ressourcen und der Monopolisierung des Informationsflusses“, was zu einem „sehr schwachen politischen Wettbewerb“ geführt habe. Zudem glaubt der Politologe, dass die Staatsmacht die Wahlen absichtlich auf den zweiten Sonntag im September gelegt habe. Viele Russen hätten sich bei dem schönen Wetter auf ihren Gartengrundstücken außerhalb der Stadt aufgehalten und die Wahlbeteiligung sei deshalb besonders niedrig ausgefallen. „Alles war darauf ausgerichtet, den Kandidaten der Regierungspartei die größtmögliche Unterstützung zukommen zu lassen und die Chancen der Opposition zu schmälern“, sagte der Analyst gegenüber RBTH und erklärt damit das schlechte Wahlergebnis der Oppositionspartei Parnas.

Für die Regionen ist Nawalnyj kein Held

Die von der Opposition aufgestellten Kandidaten Wladimir Andrejtschenko (rechts) und Ilja Jaschin (links) im Wahllokal in Kostroma. Foto: AP

„Die Unterstützung der Staatsmacht durch die Wähler zeugt davon, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise in jenen Regionen, in denen Wahlen stattfanden, kaum zu spüren sind. Dennoch spricht die Staatsmacht nicht die Sprache der Menschen vor Ort“, glaubt Michail Misulin, Politologe und Mitglied des Wissenschaftsrates des Russischen Verbandes für Politikwissenschaften. Als Grund für die Niederlage von Parnas führt er an, dass sich die Partei sehr unsensibel verhalten habe. Die Wahlkampagne in Gebiet Kostroma war vor allem von Moskauer Aktivisten geführt worden. „Wenn so ein aufgeweckter, temperamentvoller Moskauer vor die Leute tritt, vernachlässigt er vollkommen deren Mentalität. Man muss auf die Menschen zugehen und nicht so agieren, wie man es aus Moskau gewohnt ist“, so Misulin. Dass öffentliche Personen wie Nawalnyj und dessen Verbündete zwar für Moskau, nicht aber in den Regionen von Bedeutung seien, ließen nach den Wahlen viele Politologen verlauten. Selbst der Oppositionspolitiker Ilja Jaschin schrieb in seinem Blog für den oppositionellen Radiosender Echo Moskaus: „Na ja, die Wirkung meines Charmes auf die Babuschkas von Kostroma habe ich wohl ein wenig überschätzt“.

Die Wahlen in den Regionen gelten als Generalprobe für die im nächsten Jahr anstehenden Wahlen zur Staatsduma. „Wenn sich die Wirtschaftskrise nicht auf die Ansichten der Russen auswirkt, wird sich wohl auch das Wahlverhalten der Menschen kaum ändern“, glaubt Korgunjuk.

 

INFO:
Nach Informationen des Online-Journals Slon wollte die Partei Parnas in vier Gebieten Russlands – Kostroma, Kaluga, Nowosibirsk und Magadan – bei den Wahlen antreten. Im Gebiet Kaluga zog die Opposition selbst ihren Antrag auf eine Beteiligung an den Wahlen zurück. Die regionalen Wahlkommissionen der Gebiete Nowosibirsk und Magadan ließen die Partei nicht zu den Wahlen zu, da mehr als zehn Prozent der gesammelten Unterschriften nicht anerkannt wurden. In beiden Fällen berichteten Vertreter der Oppositionspartei, im Wahlkampfstab habe es betrügerische Stimmensammler gegeben, die gezielt solche Unterschriften sammelten, die von der Wahlkommission nicht anerkannt werden.

 

 

 

 

 

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