Südossetien will russisch werden

In Moskau hält man sich mit einer Stellungnahme zu Tibilows Erklärung zurück.

In Moskau hält man sich mit einer Stellungnahme zu Tibilows Erklärung zurück.

Reuters
Der südossetische Präsident will in einem Referendum über die Angliederung der Republik an Russland abstimmen lassen. Politikexperten glauben, dass die Idee in Moskau derzeit auf wenig Verständnis stoßen werde.

Bei einem Treffen mit Wladislaw Surkow, dem engsten Berater des russischen Präsidenten, am Montag in Zchinwali kündigte Südossetiens Präsident Leonid Tibilow an, ein Referendum über die Angliederung der kaukasischen Republik an Russland durchführen zu wollen. Dies teilte der Pressedienst des Präsidenten mit.

„Die gegenwärtigen politischen Tatsachen sind so, dass wir eine historische Wahl treffen müssen“, sagte Tibilow. Die Wiedervereinigung mit Russland sei ein jahrhundertealter Traum des südossetischen Volkes, fügte er hinzu.

Moskau hält sich zurück

In Moskau hält man sich mit einer Stellungnahme zu Tibilows Erklärung zurück. Die russische Führung zeigt keine Bereitschaft, die Abstimmung zu unterstützen. „Mit dem momentanen Gang der Integrationsprozesse ist Moskau zufrieden. Eine Notwendigkeit, sie weiter voranzutreiben, besteht nicht“, erklärt der kremlnahe Politologe und ehemalige Leiter des russischen Präsidialamtes für Innenpolitik Alexej Tschesnakow. Er ist der Ansicht, die Erklärung Tibilows verdeutliche lediglich, dass die strategischen Prioritäten Südossetiens unveränderbar seien. „Die unverzügliche Aufnahme der Organisation eines Referendums bedeutet dies aber nicht.“

Leonid Sluzkij, Vorsitzender des parlamentarischen Ausschusses für die Angelegenheiten der GUS, der eurasischen Integration und der Beziehungen zu Landsleuten im Ausland, vertritt den Standpunkt, dass der im März mit Südossetien unterzeichnete Kooperations- und Integrationsvertrag ausreichend sei. Der Vertrag sieht unter anderem den Zusammenschluss des Grenzschutzes, des Innenministeriums und der Armeen beider Länder vor. Darüber hinaus unterstütze Russland die südossetische Wirtschaft in hohem Maße. Russlands Zahlungen machten 90 Prozent des Staatshaushaltes der Republik aus, so Sluzkij. „Wir werden die Willensbekundung des Volkes respektieren, doch angesichts der schwierigen geostrategischen Situation ist diese Frage problematisch. Momentan würde ich mich sowohl einer positiven wie auch einer negativen Meinung dazu enthalten“, gibt der Politiker zu verstehen.

Es sei „kaum vorstellbar, dass der durchaus erfahrene Präsident Südossetiens Moskau in dieser Frage nicht vorab konsultiert hat“, betont der Direktor des Instituts der GUS-Länder Konstantin Satulin. Neben Tibilow würden auch andere hochrangige Volksvertreter der Republik regelmäßig solche Erklärungen machen. Doch allen sei gemeinsam, dass damit noch kein Plan zur konkreten Umsetzung verbunden sei. Bei den südossetischen Wählern kommen die Aussagen jedoch gut an. „Schwer einzuschätzen, warum Tibilow sich ausgerechnet jetzt zu dieser Erklärung entschlossen hat. Dennoch besteht zwischen Südossetien, das nach einer Wiedervereinigung mit Russland strebt, und Abchasien, das es auf den Status eines unabhängigen Staates absieht, zweifelsohne ein Unterschied“, so Satulin.

KONTEXT

Südossetien ist eine von Georgien abtrünnige Republik. Fünf Staaten haben ihre Unabhängigkeit anerkannt: Russland, Nicaragua, Nauru, Venezuela und Tuvalu. Die Russische Föderation erkannte die Souveränität der kaukasischen Republik nach dem Ende des „Fünf-Tage-Krieges“ mit Georgien im Jahr 2008 an. Südossetiens Präsident Leonid Tibilow erinnerte daran, dass die Bevölkerung bereits 1992 mit großer Mehrheit für eine Angliederung an Russland gestimmt habe. Im Jahr 2006 fand in der Republik zudem eine Abstimmung über die Unabhängigkeit des Landes statt.

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