Terror in München: „Ein schwerer Schlag gegen Merkels Migrationspolitik“

Reuters
Olga Pawlenko, Professorin für Außenpolitik und internationale Regionalstudien an der Russischen Staatlichen Geisteswissenschaftlichen Universität, im Gespräch über die Folgen der Schießerei in München für die Politik der Bundeskanzlerin.

Kommersant: Bis vor Kurzem schien Deutschland eine Insel der Ruhe und der Stabilität zu sein. Das hat sich nun als Illusion entpuppt, oder?

Olga Pawlenko: Selbst im wohlhabenden München geht nach einem solchen Ereignis das Stabilitäts- und Sicherheitsempfinden verloren. Dies ist ein schwerer Schlag gegen die Politik Angela Merkels, gegen die Politik der Regierungskoalition – schließlich ist die bayerische Hauptstadt eine Hochburg der CSU.

Alle erinnern sich noch an „Mutti Merkel“, wie zahlreiche Flüchtlinge die Bundeskanzlerin genannt haben. Viele Augenzeugen berichten, der Attentäter habe europäisch ausgesehen und während der Schießerei Anti-Flüchtlings-Parolen ausgerufen.

Wir sehen, dass die Nerven der Europäer bis zum Zerreißen angespannt sind. Ob München oder Paris – Europa erinnert immer mehr an eine Schafsherde, die regelmäßig von Wölfen heimgesucht wird, ohne etwas dagegen unternehmen zu können. Die Lähmung des politischen Willens erzeugt bei den Menschen in Europa das Gefühl, dass die Regierungen ihr Mandat nicht erfüllen.

2017 stehen in Deutschland Bundestagswahlen an. Und da sind viele verschiedene Konstellationen denkbar. So lange Europa kein ernst zu nehmendes Sicherheitsprogramm ausarbeiten kann – ein Sicherheitsprogramm, das seinen Namen verdient, statt der ständig herbeigeredeten „russischen Bedrohung“ –, so lange werden wir massive Verschiebungen in den politischen Überzeugungen europäischer Völker feststellen. Und Deutschland ist hierbei möglicherweise keine Ausnahme: Die Vormachtstellung der CDU/CSU droht, ramponiert zu werden.

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