Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Amtskollege John Kerry.
ReutersVierzehn Stunden dauerten die Gespräche, am Ende stand ein Konsens: Der russische Außenminister Sergej Lawrow und sein US-Amtskollege John Kerry einigten sich am Samstag auf eine Lösung in Syrien. Nach den Verhandlungen in Genf kündigten sie einen neuen Waffenstillstand an, der ab dem heutigen Montag gelten soll.
Dieser gilt für alle mit Ausnahme der Terroristen. Ein neu gegründetes Zentrum soll helfen, strittige Fragen zur Unterscheidung zwischen Terroristen und der gemäßigten Opposition zu klären. Darüber hinaus wollen die Länder humanitäre Hilfslieferungen sowie Kampfeinsätze gegen Milizen gemeinsam koordinieren.
Russland und die USA hatten Schwierigkeiten, eine Lösung zu finden, da Moskau den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad unterstützt, während die US-Amerikaner einen Machtwechsel fordern. Das Treffen in Genf war für Lawrow und Kerry das fünfte seit Sommeranfang. Bei jedem dieser Gespräche stand der Krieg in Syrien im Fokus. Medien bezeichneten die jüngste Einigung nach den langen und schwierigen Verhandlungen als Durchbruch.
Auch Sergej Karaganow, Dekan der Fakultät für Weltwirtschaft und Politik an der Higher School of Economics, glaubt, dass die Einigung einen wichtigen Meilenstein in der Syrien-Krise markiere. „Russland hat wiederholt angeboten, bei den Aktivitäten in Syrien zu kooperieren. Die USA lehnten diese Möglichkeit stets ab. Es gab nicht einmal einen Informationsaustausch“, sagte Karaganow RBTH und fügte hinzu: „Nun ist das erste Mal die Rede von einer gemeinsamen, engen und dazu noch militärischen Koordination.“Laut dem Politologen ist die Zusammenarbeit für beide Länder so wichtig wie nie. Die Einigung habe also große Chancen, umgesetzt zu werden und so den Waffenstillstand herbeizuführen. Zuletzt hatten Russland und die USA Ende Februar einen Waffenstillstand ausgehandelt. Doch die Lage geriet außer Kontrolle und der Krieg setzte sich fort.
Der nächste Schritt müsse eine UN-Resolution sein, meint Achmedow, die die Vereinbarungen zwischen Moskau und Washington stärken würde. Unterstützt werden müsse die Resolution vor allem von den Ländern des Nahen Ostens, die am Konflikt beteiligt sind. „Sollten nur Russland und die USA sich engagieren, könnte das den Friedensprozess verzögern“, sagte der Experte. Es sei ein Fehler zu glauben, dass das syrische Problem nur von Moskau und Washington ohne Beteiligung der regionalen Akteure gelöst werden kann.
Sergej Karaganow geht von langen und schwierigen Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien aus. „Jeden Moment kann etwas Unvorhersehbares geschehen“, betonte der Wissenschaftler. Zudem belaste das Vorgehen der Türkei im Norden Syriens den Konflikt zusätzlich, ergänzte Wladimir Achmedow. Auch die Beteiligung der iranischen Streitkräfte, der libanesischen Hisbollah-Miliz und anderen ausländischen Gruppierungen sei ein Problem. Die russisch-amerikanischen Bemühungen sollten sich nicht nur auf den Kampf mit den Terroristen konzentrieren, sondern auch auf den Abzug von allen ausländischen Truppen aus Syrien, forderte Achmedow.
Ein weiterer Faktor, der den Ausgang des Syrien-Konflikts maßgeblich beeinflussen kann, ist der Präsidentenwechsel in den USA nach dem Abgang von Barack Obama. Die neue Regierung käme laut Sergej Karaganow nach einer Wahlkampagne, die zum ersten Mal im 21. Jahrhundert vor allem auf eine Konfrontation mit Russland setzte. Insbesondere bei einem Sieg Hillary Clintons könnte der Dialog zwischen Moskau und Washington zur Syrien-Krise deshalb ins Stottern geraten. „Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Syrienpolitik der neuen Regierung von einer russlandfeindlichen Haltung geprägt sein wird“, bemerkte Karaganow.Wladimir Achmedow teilt diese Meinung. Die Außenpolitik der USA könne sich nach den Wahlen verändern. Sollten die Vereinbarungen zu Syrien rechtlich nicht schnell geregelt werden, so warnt der Politologe, dann könnten sie in Vergessenheit geraten.
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